Landtag,
2. Sitzung vom 28.06.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 74
Lassen Sie uns
lieber, statt über die Schwarzbeschäftigung und die Schwarzarbeit, über das
Schwarzunternehmertum reden! Wir GRÜNE wollen nämlich nicht die
ArbeitnehmerInnen, die kleinen Häuslbauer und Häuslbauerinnen, die
Nachbarschaftshilfe, die kleinen Pfuscher und Pfuscherinnen und schon gar nicht
die Ausländer und Ausländerinnen kriminalisieren und dafür verantwortlich
machen lassen, dass jährlich 271 Milliarden S in diesem Land schwarz
erwirtschaftet werden!
Das ist kein
Klacks. 60 Milliarden S fehlen dem Herrn Finanzminister jährlich. Der
tut mir zwar nicht wirklich Leid, nur sind es nicht die kleinen Leute, die dem
Staat auf der Tasche liegen, das sind nicht die Sozialschmarotzer oder
Sozialschmarotzerinnen und auch nicht die Ausländer oder Ausländerinnen. Verantwortlich
dafür ist das organisierte Schwarzunternehmertum und eine verantwortungslose
Bundesregierung, die dagegen nichts tut und nur Lippenbekenntnisse im Munde
führt, denn es passiert nichts, aber auch gar nichts!
Der
Unterausschuss im Nationalrat wird von Ihnen blockiert und boykottiert. Es wird
hoffentlich im Herbst losgehen. Herr Bundeskanzler Schüssel und
Wirtschaftsminister Bartenstein negieren das Problem völlig. Ich höre sogar von
Aussagen, dass die Schwarzarbeit in Österreich gar nicht steigt. Die OECD ist
da ganz anderer Meinung. Die OECD meint nämlich, dass die Steuer- und
Abgabenbelastung, die gerade durch Ihre Bundesregierung dramatisch gestiegen
ist, schuld an dem dramatischen Anstieg der Schwarzbeschäftigung ist. Das
heißt, lassen Sie uns doch bitte dieses Problem nicht negieren, liebe ÖVP und
liebe FPÖ! Das, was ich da heute an Lippenbekenntnissen höre, sagen Sie bitte
Ihren Kollegen und Kolleginnen in der Bundesregierung! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Denn - das
muss schon gesagt sein - mit Ihren Gesetzen fördern Sie die Schwarzarbeit und
bekämpfen sie nicht! Das wollen Sie gar nicht, denn Sie vertreten die Klientel,
die davon auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land
profitiert. Sie lassen uns zum Beispiel gar nicht über eine Ökosteuerreform und
eine Senkung der Lohnnebenkosten diskutieren, Stichwort
"aufkommensneutral". Davon wollen Sie nichts hören!
Sie wollen
auch nichts davon hören, dass Sie eigentlich Menschen in die Illegalität
drängen und geradezu zur Schwarzarbeit verdammen, die gar nicht anders können!
Es wurde heute schon angesprochen, eines der - da zitiere ich wieder -
"unmenschlichen Gesetze", denn das darf ich in diesem Haus sagen -
"rassistisch" darf ich nicht sagen, also sage ich unmenschliche
Gesetze -, ist ein schönes Beispiel bei dieser Debatte, nämlich das
Ausländerbeschäftigungsgesetz. Das Ausländerbeschäftigungsgesetz führt dazu,
dass sich Menschen hier zwar legal aufhalten dürfen, aber keinen Zugang zum
Arbeitsmarkt haben, dass Menschen in die Schwarzbeschäftigung und damit in die
Illegalität, soziale Not, Armut und Ausgrenzung abgeschoben werden. Sie sagen,
das ist kein Problem, das brauchen wir nicht! Das ist ungeheuerlich! Wir GRÜNE
sagen, wer hier lebt, muss auch hier arbeiten dürfen! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Denn ohne
Harmonisierung von Aufenthalt und Beschäftigung wird sich das Problem der
Schwarzarbeit nicht lösen lassen.
Noch eines zur
Wirtschaftskompetenz der ÖVP an dieser Stelle: Wo bleiben denn die Maßnahmen
zur Anerkennung der Qualifikationen von Menschen, die herkommen? Wo bleibt denn
eine sinnvolle Reform der Gewerbeordnung und eine Entflechtung, die es möglich
macht, dass Menschen hier selbständig tätig sein und auch ihre Qualifikationen
sinnvoll einsetzen können?
Ich nehme an,
Sie alle hier im Saal kennen die Studie "Leben in Wien", die auf
eindrucksvolle Weise aufzeigt, dass ein signifikanter Anteil der Migranten und
Migrantinnen, die nach Wien kommen, einen Abstieg in ihrer Qualifikation zu
erleiden hat, vom qualifizierten Facharbeiter - Stichwort "Facharbeiter-
und Facharbeiterinnenmangel" - zum unqualifizierten Hilfsarbeiter und so
genannten Illegalen, dem gar nichts anderes übrig bleibt, als schwarz zu
arbeiten. Hier Lippenbekenntnisse im Mund zu führen, dass man die Schwarzarbeit
bekämpfen will und dann so ein Ausländer- und
Ausländerinnenbeschäftigungsgesetz zu haben und die Gewerbeordnung nicht zu
novellieren, ist schon der Gipfel an Heuchelei! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Wir GRÜNE
stehen auf der Seite der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Land. Da
kommt jetzt schon ein großer Vorwurf an die Sozialdemokratie und ein Thema, wo
wir uns seit vielen Jahren immer mit der FSG auseinander setzen. Wo bleibt denn
Ihr Einsatz für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, die auf Grund illegaler
Beschäftigung das Aufenthaltsrecht verlieren, abgeschoben werden und damit um
ihr ganzes Geld sowie um ihre Rechte gebracht werden und vom Ausland überhaupt
keine Rechtsvertretung in Anspruch nehmen dürfen?
Präsidentin
Erika Stubenvoll (unterbrechend): Darf ich Sie erinnern,
dass die Zeit zu Ende ist.
Abg Dr Monika Vana (fortsetzend): Da habe ich von der Sozialdemokratie und von der
FSG noch keine Vorschläge oder Modelle gehört, wie man diese Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer vertritt. Da gibt es nur die Unternehmer, die irgendwelche
Strafen, die in diesem Land wirklich nicht allzu hoch sind, zahlen müssen.
Präsidentin
Erika Stubenvoll (unterbrechend): Frau Abgeordnete! Die
fünf Minuten sind um.
Abg Dr Monika Vana (fortsetzend): Aber die Arbeitnehmerinnen und die Arbeitnehmer
zahlen drauf! Da würde mich wirklich interessieren, was Sie dazu vorschlagen! -
Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als Nächster ist
Herr Abg Walter Strobl zum Wort gemeldet. Ich erteile es
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