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Gemeinderat, 15. Sitzung vom 22.11.2011, Wörtliches Protokoll  -  Seite 84 von 110

 

Auch Sie, Herr Gudenus. Sogar der Herr Jung ist ein Postmigrant. (GR Mag Wolfgang Jung: Das heißt, die Migration ist abgeschlossen? Nach der Integration? Post heißt nach!) - Senol hat schon vor einem Jahr versucht, Ihnen das zu erklären. (GR Mag Wolfgang Jung: Sie verwenden einen Begriff! Post heißt nach!) Wir haben hier so etwas wie ein fünfjähriges Bildungsprogramm hier. (GR Johann Herzog: Erzählen Sie es nur!) Genau, ich werde es Ihnen jetzt erzählen. (GR Johann Herzog: Wir verstehen Ihre Sprache nicht!) Senol hat es schon vor einem Jahr erklärt. (GR Mag Dietbert Kowarik: Wie wäre es mit einer Brieftaube?) Die Tatsache, dass fast die Hälfte der Menschen, die in Wien lebt, einen sogenannten Migrationshintergrund - ich sage lieber, Migrationserfahrung - hat (GR Johann Herzog: Purkersdorf!), dass Sie oder Ihre Eltern zugewandert sind, verändert ganz Wien und macht etwas mit Ihnen. Das verändert Sie. Die Tatsache, dass Sie zwar vielleicht nichts anderes machen, als die ganze Zeit immer über Ausländer und Ausländerinnen zu reden, ist schon etwas, was in Ihrem Bewusstsein etwas verändert. Der Senol hat es viel schöner gesagt. Aber das ist etwas, was die gesamte Gesellschaft verändert und betrifft. (GR Mag Wolfgang Jung: Aber das hat nichts mit Postmigranten zu tun!) Wir sind der Meinung, dass es die Gesellschaft verbessert, weil hier eine Vielfalt herrscht. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Armut! Bildungsnot! Super! Genial!) Wir sind uns aber auch darüber bewusst, dass es Konflikte, für die Sie dann sehr sorgen, erzeugt. Kultur soll damit umgehen. Kultur soll die Konflikte nicht unter den Teppich kehren und sie soll die Vielfalt herzeigen. Das ist das, was wir unter dem Begriff postmigrantisch verstehen. Das heißt, das ist nicht ein Kulturghetto von Migranten für Migranten oder von Migranten für sogenannte Gutmenschen, wie Sie das dann gerne bezeichnen, worauf wir stolz sind, das zu sein, sondern es geht einfach mit der Tatsache um, dass Wien zum Glück eine Zuwanderungsstadt und deswegen heute anders ist (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Sie pauschalieren damit die Zuwanderung!), also, dass in Wien Leute mit komischen Namen wie - jetzt ist er gerade nicht da - Juraczka oder David Ellensohn oder Senol Akkilic oder Klaus Werner-Lobo oder Mailath-Pokorny leben. Diese komischen Namen sollen auch im Kulturbetrieb nicht nur als Putzfrauen vorhanden sein, sondern sollen auf die Bühne (GR Johann Herzog: Dann wird es ein bisschen ein Gedränge geben!), in die Intendanzen, in die Regie, in die Themen und natürlich auch in den Zuschauer- und Zuschauerinnenraum. Das ist das Ziel, wo wir hinwollen. Deswegen gibt es einen Prozess, der all diese Dinge diskutiert und wo nicht nur Theater wirklich erstklassig ist. Ich empfehle es Ihnen allen ganz herzlich.

 

Ein Stück, das Sie vielleicht interessiert hat, ist leider schon vorbei. Das war am 3. November dort: „Wiener Blut". - Das hat eine Plakatkampagne von Ihnen aufgegriffen. Darin kommen Sie selbst vor. Also, da hätten Sie sich selbst anschauen können. Es ist leider schon vorbei. Vielleicht wird es irgendwann einmal wieder aufgenommen. Es ist ein hervorragendes Stück der Theatergruppe daskunst von Asli Kislal geleitet, die auch eine der Kuratorinnen dieses wunderbaren Projekts ist.

 

Aber es wird auch internationale Produktionen geben wie „Verrücktes Blut", das in internationalen Feuilletons sehr gelobt wurde. (GR Johann Herzog: Ihr müsst ja nur das Volk mitnehmen!) Es ist verschränkt mit einer Diskussion über das Ganze, was das Ganze soll. (GR Johann Herzog: Die ganze Geschichte hat einen Hauptfehler!) - Sie können ja hingehen. (GR Johann Herzog: Das Volk wird nicht mitgenommen!) Der Eintritt kostet, glaube ich, 9 EUR. Die Diskussionsveranstaltung ist gratis. (GR Johann Herzog: Das ist eine Minderheitendarstellung!) Es ist im Zentrum der Stadt. (GR Johann Herzog: Wo ist das Publikum?) Niemand verbietet Ihnen, dort hinzugehen. (GR Johann Herzog: Wie viel kostet das?) - Meiner Meinung nach viel zu wenig, wenn Sie mich fragen. (GR Johann Herzog: Dort wird im eigenen Saft geschmort!) Meiner Meinung nach könnte man noch viel mehr Geld dafür ausgeben, aber wir haben begrenzte Budgets, woran wir nicht schuld sind. Ich glaube, das haben wir gestern sehr ausführlich erklärt, warum die Kommunen ausgehungert werden. (GR Mag Dietbert Kowarik: Weil Sie nicht wirtschaften können!) Wenn wir mehr Geld hätten, dann würden wir noch viel mehr Geld dafür ausgeben. Von mir aus kann man das Kulturbudget verdoppeln oder verdreifachen, hätte ich nichts dagegen. Aber da sind wir in Wien nicht daran schuld, dass das nicht geht. Das wurde gestern ausführlich erklärt. Das brauche ich jetzt nicht mehr zu wiederholen. (GR Johann Herzog: Das ist keine Frage des Geldes, sondern eine Frage des Bewusstseins!)

 

Schreiten wir fort, weil ich sehe, dass meine Redezeit voranschreitet. Hätte ich nicht 40 Minuten als Erstredner? (GR David Ellensohn: 25!) – 25 Minuten! Na gut!

 

Dann erzähle ich lieber, was wir noch alles gemacht haben. Wir haben zum Beispiel das Restitutionsgesetz in Wien auf einen Stand gebracht, wo wir sagen können, das entspricht jetzt den Erfordernissen, was den Umgang mit der Restitution von Kunstwerken betrifft.

 

Wir haben, sage ich jetzt einmal, ein kleines Projekt, aber auch ein sehr schönes Projekt, auf das ich sehr stolz bin, die sogenannten „One World Filmclubs", ermöglicht. Das ermöglicht Jugendlichen, Schülern und Schülerinnen, sich Filme, vor allem zu gesellschaftsrelevanten Themen, Menschenrechte, Umwelt und so weiter, kostengünstig oder gratis auszuleihen und sich auch Leute dazuzuholen, mit denen Sie dann darüber diskutieren können.

 

Wir haben - das betrifft zwar nicht die Geschäftsgruppe Kultur - gemeinsam, vor allem Petr Baxant und ich, auch eine Reform der Straßenkunstverordnung auf Schiene gebracht, die wir im nächsten Jahr vorstellen werden.

 

Es gibt im 2. Bezirk ein Projekt, das mir auch sehr am Herzen liegt, wahrscheinlich eines der international schönsten Clown- und Zirkusmuseen, wo internationale Größen wie Jango Edwards aufgetreten sind und auch in Hinkunft auftreten werden.

 

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