Gemeinderat, 5. Sitzung vom 25.02.2011, Wörtliches Protokoll - Seite 31 von 115
che Notwendigkeiten und einen wirtschaftlichen Druck gibt. Aber von einem Tag auf den anderen zu sagen - und da ist die Zuständigkeit bei den SPÖ-Frauen von Seiten der handelnden Personen -, 200 EUR für eine alleinerziehende Mutter weniger an Einkommen: Die SPÖ und die GRÜNEN sind sonst die Ersten, die Zeter und Mordio schreien, wenn so etwas passiert, meine Damen und Herren!
Genau das ist eigentlich bedauerlich, dass erst der Mediendruck sein musste, damit man an den Verhandlungstisch zurückgekommen ist. Aber ich hoffe sehr, dass es hier eine Lösung gibt. Unbestritten: wirtschaftlich schwierig; aber gerade im Bereich Soziales, wo so viele Frauen erwerbstätig sind, müssen wir Lösungen finden, dass die Erwerbseinkommen von Frauen steigen, dass wir auch gemeinsam Maßnahmen setzen. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Chancengleichheit ist etwas, woran wir gemeinsam arbeiten werden. Hier sind wir Partner, hier setzen wir uns mit ein. Oft sind die Wege, die Zugänge unterschiedlich, aber das Ziel ist das gleiche, muss auch das gleiche bleiben. Erlauben Sie mir, dass ich abschließend noch zu den beiden anderen Anträgen der Regierungsfraktionen kurz Stellung beziehe:
Zum Thema „Frauen sollen in Wien selbstbestimmt leben können": Für die Abschaffung der Sittenwidrigkeit setze ich mich seit Jahren ein, das ist ein Anliegen, das ein wesentliches ist. Auch hier besteht natürlich die Bundeskompetenz, aber ich bin gerne Partner, dass wir uns hier gemeinsam einsetzen. Ich hoffe sehr, dass hier mit der Justizministerin gemeinsam ein Weg gefunden werden kann, weil es nicht sein kann, dass die Frauen immer die Dummen sind und überhaupt keine Chance haben.
Auch wenn wir natürlich wissen, dass die Einklagbarkeit eine eher theoretische Sache ist, geht es aber um Symbolik, und hier geht es auch sehr stark um die Bilder und die Positionen, die wir setzen. Frauen immer nur in der defensiven Rolle zu sehen, das ist etwas, wogegen wir ankämpfen müssen. Deswegen: Unterstützung für diesen Antrag. (Demonstrativer Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Aber, meine Damen und Herren, dem Antrag „Frauen sollen in Wien sicher leben können" werden wir nicht zustimmen können. Es war schon in den letzten Jahren immer wieder die Diskussion in diesen Reihen, auch hier im Gemeinderat, wenn es um die Sperrzonen vor Abtreibungskliniken gegangen ist. Wir haben im Wiener Sicherheitsgesetz die Möglichkeit der Wegweisung, hier gibt es ausreichend Möglichkeiten.
Aber, meine Damen und Herren, da darf ich auch eine sehr kritische Anmerkung machen: Ich glaube, wir haben in Wien massiven Handlungsbedarf, wenn es um Beratungsangebote für Schwangere geht. Um jetzt kein Missverständnis hervorzurufen: Es geht nicht darum, in irgendeiner Art und Weise die Fristenregelung in Frage zu stellen. Niemand, der politisch ein halbwegs vernünftiger Mensch ist, wird die Fristenregelung in Frage stellen. Aber wir haben hier massiven Handlungsbedarf bei den Angeboten für Beratung, die immer ergebnisoffen sein muss, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und von GR Mag Wolfgang Jung.)
Erst wenn eine Frau oder auch Paare - aber in erster Linie sind es nun einmal Frauen - alle Alternativen kennen, erst dann kann man eine Entscheidung für oder gegen einen Abbruch setzen. Schwangerschaftsabbruch ist kein Verhütungsmittel, und wir brauchen hier massive Angebote. Ich finde es bedauerlich: Wenn man auf die Homepage der Stadt Wien geht - das wird dir, Sandra, vielleicht gar nicht bewusst sein - und das Wort Schwangerschaftsberatung eingibt, dann hat man null Treffer; wenn man das Wort Schwangerschaftsabbruch eingibt, dann hat man drei Treffer, von denen allein zwei im Zusammenhang mit Jugendlichen sind. Das ist, glaube ich, eine Entwicklung, die keine positive ist.
Hier biete ich auch unsere Mitarbeit an: Arbeiten wir gemeinsam an Initiativen für ergebnisoffene Beratung! Wir wissen, dass wir gerade im Bereich der Jugendlichen-Schwangerschaftsabbrüche massive Steigerungen haben, auch wenn wir nach wie vor keine Statistik haben - leider als eines von insgesamt drei EU-Ländern, wo es keinerlei Daten gibt. Wir wissen nicht, wie viele Abbrüche es sind. So, wie wir die Fakten sehen beziehungsweise Experten es uns sagen, ist es jedes zweite bis dritte Kind in Österreich, das nicht zur Welt kommt. Ich frage mich, ob das so sein muss und ob es nicht Möglichkeiten gibt, Frauen zu helfen - ohne Druck auf die Frauen auszuüben, immer mit der frauenpolitischen Perspektive. Aber einfach nur nicht darüber zu reden und sich dem Problem nicht zu stellen, ist zu wenig.
Ich glaube, es ist sehr wichtig, Frauen - egal, wie alt sie sind -, die ungewollt schwanger werden oder mit der Situation nicht zurechtkommen, zu unterstützen. Denn ich habe mit einigen gesprochen, die gesagt haben: ich bedauere es, und rückblickend hätte ich es anders gemacht - das darf uns nicht passieren! Und es kann auch nicht sein, dass wir hier zu wenige Angebote haben.
Ich bitte, ich appelliere und fordere auch einen Ausbau von Angeboten für Beratungen! Einfach nur immer auf den Schutz beziehungsweise auf Zonen von Abbruchkliniken zu fokussieren, ist zu wenig, und wir haben hier ausreichende Möglichkeiten, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Vorsitzende GRin Dr Sigrid Pilz: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Wurzer. Ich erteile es ihr.
GRin Mag Martina Wurzer (Grüner Klub im Rathaus): Vielen Dank. - Geschätzte Kolleginnen und Kollegen!
Zum hundertsten Mal jetzt: Es ist nicht genug! Vor 100 Jahren, am 19. März 1911, gab es die erste Demonstration für Frauenrechte in Wien. Das wollen wir dieses Jahr wieder versuchen, also hat sich eine überparteiliche Initiative formiert, viel Kraft gesammelt, viel Energie gesammelt. Viel gemeinsames Handeln und Agieren finden in Wien gerade statt, und wir werden am 19. März gemeinsam laut unsere Forderungen zur Kenntnis bringen - nicht nur zur Kenntnis bringen, sondern laut hinausrufen! Am 19. März also freuen wir uns wieder und haben wieder das Ziel - wie vor 100 Jahren -,
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