Gemeinderat, 2. Sitzung vom 14.12.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 68 von 91
Stadt Wien nicht möglich. – Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Prof Dr Frigo. Ich erteile es ihm.
GR Univ-Prof Dr Peter Frigo (Klub der Wiener Freiheitlichen): Werter Vorsitzender! Frau Mag Wehsely! Werte Damen und Herren!
Sie werden sich vielleicht fragen, warum ein Arzt und Professor im AKH – ein Frauenarzt sogar! – jetzt im Gemeinderat ist und heute über Frauengesundheit sprechen darf. – Ich habe mir diese Frage heute auch gestellt und will sie kurz beantworten.
Es ist unser Gesundheitssystem, das mich eigentlich hierher geführt hat. Ich war als Student ein unpolitischer Mensch. Ich war sehr sportlich und habe dann in meiner Ausbildungszeit im Turnus erleben müssen, dass Verbesserung unbedingt möglich sein muss und wahrscheinlich wichtiger ist, als dass man sich rein ums Fach kümmert. Dementsprechend habe ich schon in frühen Jahren in der Wiener Ärztekammer eine Vertretung für Ärzte begonnen. Und dieses System treibt mich immer weiter, sodass ich jetzt in der Politik Fuß gefasst habe. (GRin Dr Claudia Laschan: Ärztinnen und Ärzte!) Ja! Ärzte und Ärztinnen. Ich bitte, mir zu verzeihen! Ich bin noch sehr altmodisch.
Zur Frauengesundheit. Das Wiener Programm für Frauengesundheit, das ich mir gut angeschaut habe und auch schon vorher zum Teil gekannt habe, ist in Rosa gehalten. Es ist sehr positiv geschrieben. Es ist fast ungesund positiv, wenn man so sagen will.
Die Brustgesundheit, die den Hauptstellenwert der Frauengesundheit ausmacht und ein Aufhänger der Frauengesundheit ist, ist 1990 eigentlich in den USA erfunden worden und wurde seit einigen Jahren auch für die Wienerinnen entdeckt. Prinzipiell ist das natürlich eine beispielhafte Aktion. Doch ich meine, dass der Brustkrebs, obwohl er ein wichtiges Thema ist, andere Themen nicht überschatten soll. Das ärgert mich manchmal: Es gibt nämlich viele andere Frauenthemen, die dadurch, wie ich glaube, auch vernachlässigt werden, wie zum Beispiel regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen, die in den westlichen Bundesländern bereits vor Jahren eingeführt wurden. Die subventionierte Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs und Feigwarzen, wie es sie in vielen anderen europäischen Ländern gibt, wird bei uns nicht subventioniert; das Projekt wurde schubladiert.
Die Osteoporose ist laut der Wiener Gebietskrankenkasse eine Erkrankung des Alters, und deren Messung wird erst ab 65 Jahren bezahlt. Ich finde in dem Frauenbericht aber sehr viel über Essstörungen, die natürlich vor allem bei Jungen, bei Teenagern, auftreten, und da ist es ebenfalls wichtig, die Osteoporose zu messen. Hier fehlt mir ein bisschen die Flexibilität im System. Diese wäre zu fordern.
Essstörungen sind ein großes Kapitel. Dieses Thema ist, wie gesagt, sehr wichtig. Wenn Sie aber in diesem Bereich flächendeckende Maßnahmen versprechen, dann stimmt das zumindest derzeit nicht. Ich persönlich habe mit Anorexiepatienten in der Hormonambulanz zu tun und kenne namentlich nur eine Ambulanz und eine Kollegin, die sich darum im KFJ kümmert. Ansonsten sind mir nur interne Ambulanzen bekannt, die das als Nebenthema beackern.
Dass das Thema weibliche Genitalverstümmelung einen breiten Raum einnimmt, kann nur ideologische Gründe haben, denn die sozialen Probleme Afrikas werden wir in Wien mit ein paar bunten Prospekten sicherlich nicht lösen können!
Eine Kaiserschnitt-Studie findet sich ebenfalls im Programm. Offenbar mangels Hebammen wird aber jetzt der Kaiserschnitt eher durchgeführt. Ich kann mich erinnern, dass vor einigen Jahren von der Sozialistischen Partei und auch von den GRÜNEN eher bekrittelt wurde, dass wir eine so hohe Kaiserschnittrate haben und dass das ganz schlecht sei. Im vorliegenden Bericht wird jedoch unsere 30-Prozent-Rate mit den brasilianischen 70 Prozent relativiert. Die Hintergründe dafür sind aber ganz andere und werden nicht erwähnt. Es ist dies nämlich die hohe Frühgeburtenrate, die man durch entsprechende Maßnahmen durchaus eindämmen könnte.
Welche Maßnahmen wären das? – Ich habe erst unlängst in den Medien bekannt gegeben, dass eine Verbesserung des Fortpflanzungsgesetzes wichtig wäre, dass man nämlich maximal, so wie in Deutschland, drei Embryonen einsetzen darf. Damit würde man die Mehrlingsschwangerschaften verringern, und dies würde zu einer deutlichen Reduktion der Frühgeburtenrate um 10 Prozent führen, wie das in einigen europäischen Ländern bereits gehandhabt wird.
Das Stichwort Hebammen muss ich natürlich, da ich aus dem AKH komme, auch ein bisschen aufnehmen. Dieser ganze Komplex hat natürlich ursächlich und ganz direkt mit Frauengesundheit zu tun. Wie schaut es da aus? – Im Prinzip gibt es in Wien eine Hebammen-Akademie. Alle drei Jahre schließen zirka 30 Hebammen ihre Ausbildung ab. Mehr als die Hälfte davon gehen aber dann ins Ausland oder in ein Bundesland, weil sie dort besser bezahlt werden. Aber nicht nur die Bezahlung, sondern auch die Kompetenzen der Hebammen sind zum Beispiel in Niederösterreich viel größer als in Wien. Dazu kommt, dass einige dann schwanger werden oder gar nicht in den Beruf gehen, sodass im besten Fall fünf bis maximal acht Hebammen für den Wiener Raum bleiben und hier arbeiten.
Im nächsten Jahr steigt das Defizit der Wiener Spitäler. So beträgt der Gesamtzuschuss der Stadt aus unseren Zahlen 55 Millionen EUR. Das sind 39 Millionen EUR zur Deckung des Defizits, und für die dringend notwendigen Investitionen bleiben hier 16 Millionen EUR übrig. Wir fordern daher, dass eine Reform des derzeitigen Finanzierungssystems dringend durchgeführt wird und diese spätestens mit dem neuen Finanzierungsabkommen ab 2012 schlagend wird. (Beifall bei der FPÖ.)
Die Jugendarbeit bestand in diesem Bericht in einem Aufklärungsfilm „Sex, we can?!“, der in den Schulen ohne Frage zur Erheiterung der Schüler, hoffentlich aber auch zur Aufklärung beitragen wird. Ich denke, dass solche Filme durch die Medien wie das Internet entbehrlich sind und eigentlich, gerade wenn man sparen soll,
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