Gemeinderat, 2. Sitzung vom 14.12.2010, Wörtliches Protokoll - Seite 38 von 91
Migrant Mainstreaming ist keine Gleichstellung, sondern eine Bevorzugung, weil wenn zwei gleichwertige Kandidaten zur Wahl stehen, dann hat der bevorzugt zu werden, der migrantischen Hintergrund hat. Und damit ist es keine Gleichstellung und deswegen lehnen wir diese Dinge ab. (Beifall bei der FPÖ.)
Die kulturelle Partizipation. Also wir werden sicher Gelegenheit haben, über diese Begrifflichkeiten noch ausführlich zu diskutieren. Ich sage kurz was zur kulturellen Partizipation. „Menschen mit geringen Bildungschancen und geringem Einkommen und MigrantInnen soll der Zugang zum Kulturangebot durch geeignete Maßnahmen ermöglicht werden.“ Super, ja, ja, alles ja, sind wir dafür. Wie schaut das in der Praxis aus, meine Damen und Herren? Da denke ich an die großartige Verlautbarung unserer Vizebürgermeisterin, das Familyticket der Vereinigten Bühnen. Familyticket Preisbeispiel: ein Erwachsener, drei Kinder, interessanter Begriff von Family, aber okay, wollen in das neue Musical „Rudolf" gehen. Es ist ein bissel ein älterer Pressedienst. Normalpreis 4 Karten höchste Kategorie je 98 EUR, 392 EUR müssten sie zahlen, jetzt mit dem familienfreundlichen Familyticket sind es nur 289 EUR.
Meine Damen und Herren! Wie viele Familys in Österreich oder in Wien können sich so locker durch diesen Sozialtarif jetzt den Familienbesuch in einem Musical der Vereinigten Bühnen um 300 EUR statt 400 EUR leisten? Das ist die Realität.
Wir gehen kurz weiter im Regierungsübereinkommen: „Vermittlung und kulturelle Bildung. Programme, die den Zugang zu Kunst und Kultur erleichtern, zum Beispiel Kulturlotsen.“ Man sieht in all diesen Programmen, wenn überhaupt was Konkretes drinnensteht, dann ist es vielleicht, das will ich ja gar nicht unterstellen, gut gemeint, aber was dann da herauskommt, das ist – na ja, provinziell, kann man sagen.
Kulturlotsen, Sie wissen alle, was Kulturlotsen sind. Also Kulturlotsen sind zwei MitarbeiterInnen des Österreichischen Gewerkschaftsbundes. Um 180 000 EUR gibt es hier ein Projekt. Der Gewerkschaftsbund bringt seinen Mitgliedern die Kultur näher. Und da lautet es: „Kultur muss man an den Arbeitsplatz bringen. Gemeinsam mit den Betriebsräten“ – o je, o je – „wird ein Veranstaltungsprogramm erarbeitet, maßgeschneidert für die Bedürfnisse der jeweiligen Arbeitnehmer.“ Was soll denn das heißen? Die schreiben dann der jeweiligen Person vor, du bist für die Oper zu blöd oder was, du musst jetzt dort hingehen? Diese Aussage impliziert ja schon eine Diskriminierung. Die Vizepräsidentin des ÖGB hat gesagt, es gibt leider größere Bevölkerungsgruppen, die Kultur nicht in der Form annehmen, wie es notwendig wäre. Der Herr Stadtrat sagt, es gibt auch die Frage: Wie kommt man rein, was muss man anziehen? Freuen dürfen sich natürlich die Institutionen, die von der Stadt gefördert werden, weil, so sagt unser Herr Stadtrat: „Nur künstlerisch Hochwertiges wird angeboten und nicht zum Beispiel die Zillertaler Schürzenjäger.“ Denk ich, fällt mir sofort ein, künstlerisch Hochwertiges: „Tanz der Vampire", „Ich war noch niemals in New York". Aber es werden sicher nicht irgendwelche kleinen Theateraufführungen der freien Gruppen angeboten werden, weil da würden Ihnen wahrscheinlich die Gewerkschaftsmitglieder eh nicht hingehen.
Zu den Musikschulen wird meine Kollegin noch sprechen. Ich möchte nur sagen, es ist schon – ich habe hier Pressedienste, wo die Kollegin Ringler mich maßregelt, dass ich mich nicht mit fremden Federn schmücken soll, weil doch der Kampf für die flächendeckenden Musikschulen und das Musikschulgesetz eine grüne Forderung ist. Und wenn man sich dann anschaut, wie das jetzt rüberkommt, dann ist das eigentlich nur mehr eine allgemeine Aussage ohne ... (GRin Christine Marek: Das ist eine massive ÖVP-Forderung!) Das weiß ich ja eh, ich habe ja auch mit dem Kollegen Wolf gemeinsam sogar Pressekonferenzen zu diesem Thema gemacht. (GRin Christine Marek: Genau!) Das ist ja klar. Das wissen wir.
Jetzt gibt es außer einer allgemeinen Formulierung kein konkretes Ziel von flächendeckend, in jedem Bezirk eine Musikschule, keine Absicherung der Musiklehrer durch ein Musikschulgesetz. All diese Dinge sind nicht mehr Gegenstand, sondern jetzt steht drinnen: „Wien bekennt sich zum vielfältigen musikalischen Angebot für Kinder und Jugendliche. Eine stärkere Implementierung von Musik ...“ Also nur heiße Luft. In Wirklichkeit steht da gar nichts drinnen, mit dem man was konkret anfangen könnte.
Ein besonderes Schmankerl ist das Wien Museum. Das möchte ich ein bisschen extra behandeln. Da gab es ja schon eine gewisse Pressedienstaktivität, wo auch der Herr Kollege Lobo gesagt hat, das ist alles nicht wahr, was die Frau Kollegin Leeb, glaube ich, schreibt, hier geht es ja um Partizipation. Ich lese Ihnen nur kurz vor, was im Regierungsübereinkommen steht: „Wien erhält ein neues Stadtmuseum des 21. Jahrhunderts, ein neuartiges Universalmuseum als Zeichen moderner Architektur. Attraktion der Stadt, neu gestaltete Dauerausstellung ...“ Das alles wissen Sie schon und das einzige Konkrete, was im Regierungsprogramm steht, ist ein Neubau „... wird in ökologischer Bauweise erfolgen und partizipativ gestaltet werden.“
Jetzt habe ich wirklich nichts gegen ökologische Bauweise, aber wenn man nichts weiß, weder einen Standort, ob es ein Zubau oder ein Neubau wird, wenn man noch keine Architektenausschreibung hat, aber das Einzige, was man hineinschreibt, ist die ökologische Ausrichtung, dann schaut das sehr nach hausbackener Birkenstock-Kulturpolitik aus und da können wir auch nicht dafür sein, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)
Der Herr Stadtrat hat in einer APA-Aussendung es noch vager formuliert, er hat gesagt, es ist ihm ein Anliegen, das Museum so auf die Reise zu bringen, dass es auch verwirklicht wird. Darunter kann man sich jetzt vorstellen, was man will.
Ich sage Ihnen als oppositioneller Kulturpolitiker: Machen Sie Vorschläge, überbauen Sie den Ring, machen Sie irgendwas Provokatives, streiten wir darüber, aber nicht irgendwie so – ja, die ökologische Bauweise soll sein, aber das ist ja nicht das Kriterium. Es soll ein architektonisches Signal sein. Wo ist es? Wo sind die Pläne?
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