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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 14.12.2010, Wörtliches Protokoll  -  Seite 37 von 91

 

die Kultur als Avantgarde zuspitzt, provoziert, Krisen thematisiert, Konflikte thematisiert und damit zu einer Lösung von solchen Krisen und Konflikten beiträgt. Und ganz genau das haben wir gemacht, indem wir die Kulturpolitik eben interkulturell gestalten, indem wir die migrantische Realität dieser Stadt wahrnehmen und zeigen, indem wir an die so genannten Hotspots gehen mit der Kultur, indem nicht mehr nur Hochpolitur für Privilegierte betrieben wird, sondern wir gehen an die Hotspots dieser Stadt, wir gehen an die sozialen Brennpunkte dieser Stadt. Dort werden wir den kulturellen Austausch pflegen, wir werden die zukünftige Kulturpolitik so partizipativ wie möglich gestalten, das heißt, alle Bevölkerungsteile sollen sich in die Kulturpolitik dieser Stadt einbringen können, und wir werden ein paar Dinge angehen, die wir seit Langem fordern, zum Beispiel, dass es endlich ein Denkmal für Deserteure geben wird in dieser Stadt, für Deserteure des Zweiten Weltkrieges. Es wird endlich ein Denkmal für die homosexuellen und transgender Opfer des Nationalsozialismus geben, und all diese Dinge.

 

Insgesamt ist es etwas, was mich sehr froh macht, nicht nur auf Grund dessen, was jetzt in diesem Kulturpapier drinnensteht, sondern vor allem auch auf Grund dessen, wie wir einen Weg der Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner gefunden haben. Ich bitte Sie, wahrscheinlich umsonst, aber ich bitte sie trotzdem um etwas Geduld, wir fangen gerade erst an und wir werden das gut machen und überall dort, wo Sie sich positiv einbringen wollen, sind Sie herzlich willkommen. Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Mag Ebinger. Ich erteile es ihm.

 

12.58.35

GR Mag Gerald Ebinger (Klub der Wiener Freiheitlichen)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Lobo!

 

Es war wirklich ein eigentlich fast rührender Versuch der ÖVP, erklären zu wollen, wie man ein Koalitionsabkommen macht, weil wenn es eine Partei gibt in Österreich, die weiß, wie man es zu ihrem Vorteil macht, dann ist es die ÖVP. Das hätten Sie uns vielleicht vor acht oder zehn Jahren erklären sollen oder dann nachher der SPÖ, aber der ÖVP, das ist, also, ich weiß nicht, was ich sagen soll. (Heiterkeit bei der FPÖ.)

 

Ich fange mit etwas Positivem an. Also positiv ist es eigentlich nicht, weil ich bin nämlich traurig, dass das Kulturbudget geringer geworden ist. Wir haben, glaube ich, um einige Millionen weniger, und ich möchte natürlich als Kulturpolitiker so viel wie möglich Kulturbudget haben. Ich glaube nicht - ich sage das auch jetzt einmal, weil es im Wahlkampf ein Thema war, obwohl ich jetzt gehört habe, dass die ÖVP das nie gesagt hat, dass das ein Pipifax-Ressort ist.

 

Ich bin auf jeden Fall stolz darauf, dass ich Kultursprecher meiner Partei in einer der größten Kulturmetropolen der Welt bin. Das heißt aber nicht, der Vasall hat das zu dir gesagt? Also dass der Ernst Woller, der nickt schon fleißig, das heißt aber nicht, dass ich mit der Art, wie die Kultur hier verwaltet wird, einverstanden bin. Das ist ein völlig anderes Thema und deswegen möchte ich heute auch die Gelegenheit wahrnehmen und ein paar Punkte aus diesem gemeinsamen Regierungsprogramm herausgreifen.

 

Herr Lobo hat das schon gesagt, sein wichtigstes Ziel ist es Interkulturalität und Migrant Mainstreaming.

 

Das Schöne an der Kultur ist, es werden immer Ausdrücke gebraucht, die fast keiner wirklich versteht. Ich möchte jetzt nicht hier den Test machen und die Leute einzeln fragen, was das jetzt ist. Es war ja bis jetzt immer gang und gäbe, dass man von Multikulturalität gesprochen hat. Es ist zwar schon sehr erfreulich, dass man diese Diktion nicht mehr verwendet, weil Multikulturalität heißt ja eigentlich nichts anderes, als dass verschiedene Kulturen nebeneinander leben, ohne sich auch nur irgendwo nahezukommen. Es ist eigentlich die Multikulturalität sozusagen eine gefährliche Diktion, weil sie ja impliziert, dass man Menschenrechtsverletzungen von einer anderen Kultur einfach hinnimmt und sagt: Das ist ja eine andere Kultur, da können wir uns nicht einmischen.

 

Interkulturalität ist grundsätzlich nichts Negatives. Es heißt ja eigentlich jetzt nur, dass verschiedene Kulturen miteinander in Dialog kommen. Ich glaube nicht, dass das in Dialog Kommen schon das gemeinsame Musizieren ist. Das wäre dann meines Erachtens schon die Transkulturalität, die man aber wieder niemandem aufzwingen kann. Es ist also alles so kompliziert. Wo wir auf jeden Fall nicht dafür sind, ist Migrant Mainstreaming, das in Ihrem Regierungsprogramm drinnen steht. Was heißt das nämlich? „Die bessere Repräsentanz von Migrantinnen und Migranten in allen Bereichen der Kultur und kulturellen Institutionen, auch in Leitungsfunktionen.“ Kein Mensch hat was dagegen, dass ein erfolgreicher Kulturschaffender mit Migrationshintergrund eine Leitungsfunktion hat. Aber es darf nicht so sein, dass er Migrationshintergrund haben muss, um eine Leitungsfunktion zu haben.

 

Und wenn man dann weiter liest im Regierungsprogramm: „... sind künftig integraler Bestandteil aller künstlerischen Konzepte.“ Das heißt, ich darf gar nichts anderes mehr einbringen oder es wird überhaupt nichts mehr genehmigt, wenn das nicht integraler Bestandteil ist. „... und Kriterien für besondere Förderungswürdigkeit.“ Das schaut mir wieder so aus, als ob vielleicht ein guter Wille dahinter wäre, aber das Ganze irgendwo im Bürokratismus dann untergehen wird. Und das kann man auch ganz leicht belegen, weil es diesen Artikel vom Herrn Stadtrat gibt: „Migrantenkultur ist mehr als nur Netrebko in der Staatsoper." Mir ist bewusst, dass jeder in die Förderansuchen hineinschreiben kann, was er will. Die Sanktionsmöglichkeiten sind begrenzt. Hier geht es um die grundsätzliche Haltung.

 

Und dann schreibt er auch, der Herr Stadtrat - und ich gehe davon aus, dass nur 3 Prozent der Menschen wissen, was man unter dem Stichwort Migrant Mainstreaming verstehen kann. Warum schreibt er es dann hinein, weil im Artikel steht drinnen: „Mir wäre es lieber zu sagen, Gleichstellung von Menschen mit Migrationshintergrund.“ Aber, meine Damen und Herren,

 

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