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Gemeinderat, 33. Sitzung vom 08.05.2008, Wörtliches Protokoll  -  Seite 29 von 89

 

Sicherheitsfaktor. Darüber können wir froh und darauf können wir auch stolz sein.

 

Trotzdem ist Gewalt unter Jugendlichen, Gewalt in der Schule und Gewalt in der Freizeit ein Phänomen, das uns selbstverständlich beschäftigen soll. Tatsächlich tritt dieses Phänomen in der letzten Zeit vermehrt auf. Daher sage ich einmal mehr: Es ist hundert Mal besser, in Prävention zu investieren, als im Nachhinein drakonischen Strafen, Straflager, kommunale Stadtwache und was weiß ich denn alles noch zu fordern. Viel klüger ist es, wie gesagt, einen Ausbau der Schulsozialarbeit und der Schulpsychologie zu gewährleisten, die Jugendbetreuungseinrichtungen zu unterstützen und Streetwork auszubauen. Es soll also genau in jenen Bereichen investiert werden, die Prävention bedeuten.

 

Außerdem darf natürlich nicht vergessen werden, dass Gewalt bei Jugendlichen immer wieder auch strukturelle Ursachen hat. Perspektivenlosigkeit und Arbeitslosigkeit ist für Jugendliche natürlich eine sehr schlechte Ausgangsposition, um das Leben zu beginnen. Diesbezüglich bedarf es eindeutig verstärkter Anstrengungen, um dafür zu sorgen, das kein einziger Jugendlicher ohne Arbeit und ohne Ausbildung da steht und nicht weiter weiß.

 

Im Hinblick darauf kommen wir nicht umhin, den Antrag der ÖVP betreffend Konsequenzen der Wiener Kommunalpolitik, die hinsichtlich der zunehmenden Zahl von Gewaltausbrüchen von Jugendlichen in Wien gezogen werden sollen, abzulehnen. So sehr ich nämlich Bemühungen unterstützen würde, die Jugendfürsorge und die Jugendbetreuung auszubauen, so wenig kann ich die Forderung teilen, die in dem Antrag formuliert ist, dass wir hier eine kommunale Stadtwache brauchen. Die GRÜNEN werden, wie gesagt, diesem Antrag ihre Zustimmung nicht geben.

 

Ich möchte zu dem Kapitel Jugend und Gewalt noch etwas sagen. – Herr Kollege Schock! Ich habe – wie immer – sehr aufmerksam Ihren Ausführungen gelauscht, und mir ist aufgefallen, dass Sie auffällig häufig den Ausdruck „unsere Kinder" verwendet haben: Da habe ich mich gefragt, von welchen Kindern Sie eigentlich sprechen. – Wenn ich von „unseren Kindern“ spreche, dann meine ich meine Kinder und Ihre Kinder. Wenn Sie von „unseren Kindern“ sprechen, dann habe ich aber leider den Verdacht, dass Sie nur von Ihren Kindern, nicht aber von meinen Kindern sprechen.

 

Genau das ist das Problem: Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass in dieser Stadt Tausende von Kindern groß werden! Teilweise haben sie österreichische Eltern, teilweise haben sie nichtösterreichische Eltern, und teilweise ist ein Elternteil Österreicher und der andere nicht. Aber all diese Kinder sind Wiener Kinder, all diese Kinder sind unsere Kinder, und alle Probleme, die diese Kinder haben und verursachen, sind unsere Probleme.

 

Ich meine, die beste Maßnahme gegen Jugendgewalt und gegen Kriminalität unter Jugendlichen, und zwar unabhängig davon, ob diese Kinder inländische oder ausländische Eltern haben, ist, dass man dafür sorgt, dass diese Kinder, die allesamt in dieser Stadt geboren sind, in dieser Stadt aufwachsen und keine andere Heimat kennen als diese Stadt, ganz einfach die bestmögliche Bildung und die bestmöglichen Chancen auf eine gute Zukunft erhalten und schlussendlich auch die bestmögliche Betreuung in den Schulen und auch in ihrer Nachmittagszeit bekommen.

 

Umso mehr muss ich an dieser Stelle uns alle und ganz besonders die SPÖ auffordern: Investieren Sie bitte endlich mehr Mittel in Schulsozialarbeit und in Schulpsychologie, denn genau in diesem Bereich haben wir in der Stadt sehr viel aufzuholen. Ich denke, das ist in unser aller Sinne und insbesondere im Sinne unser aller Kinder, Herr Kollege Schock!

 

An dieser Stelle möchte ich den zweiten Teil ansprechen, der mir sehr am Herzen liegt, denn immerhin beschließen wir heute eine Subvention an Frauenhäuser. Und heute ist auch insofern ein wesentlicher Tag, als heute auch die Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie ihr zehnjähriges Jubiläum feiert. Und es lohnt sich, vor allem auch vor dem Hintergrund der Tragödie in Amstetten, ein bisschen bei diesem Thema zu verweilen, und zwar auch würdigend. – Es handelt sich auch in diesem Zusammenhang um Gewalt, die fatale Folgen für die Betroffenen hat. Auch diese Art von Gewalt kommt nicht selten vor, und es geht dabei nicht nur um ein singuläres tragisches Ereignis, sondern es handelt sich um Gewalt, die allgegenwärtig ist, die aber auch in Österreich großteils tabuisiert ist.

 

Im Hinblick darauf macht es, wie gesagt, einmal mehr Sinn, sich damit zu befassen, die Arbeit der entsprechenden Stellen zu würdigen und sich auch ein paar Gedanken darüber zu machen, wie man die Art von Gewalt besser bekämpfen und wie man bestmöglichen Opferschutz leisten kann.

 

Mich freut es, dass die Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie ihre äußerst prekäre finanzielle Situation überwunden hat und nun auch wieder in der Lage ist, flächendeckende Betreuung in dieser Stadt anzubieten. Das war nicht immer so, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben kein politisches Kürzestzeitgedächtnis, wie es dieser Tage manchmal bei der ÖVP auftaucht. Das ist ein interessantes Phänomen! Wir besitzen aber ein politisches Langzeitgedächtnis, und wir haben nicht vergessen, dass ÖVP und FPÖ in jenen Jahren, als sie gemeinsam in der Bundesregierung kuschelten, unter anderem genau die Subventionsmittel für die Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie gekürzt haben. Das hat wiederum bedeutet, dass es genau in diesem Bereich zu Engpässen gekommen ist und dass zum Beispiel in Wien sieben Bezirke nicht mehr betreut werden konnten.

 

Daher freut es mich sehr, Kolleginnen und Kollegen, dass Sie heute einen Antrag einbringen, den ich so interpretiere, dass Sie meinen, dass so etwas künftig nie mehr passieren soll. – Einer Ihrer Anträge bezieht sich nämlich auf den Ausbau der Einrichtungen gegen Gewalt in der Familie und zur Opferhilfe. Es freut mich sehr, dass Sie das inzwischen anders sehen, und ich hoffe im Übrigen, dass nicht in ein oder zwei Jahren wieder das

 

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