Gemeinderat,
33. Sitzung vom 08.05.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 28 von 89
des Herrn Bezirksrat Natschläger, ist ein durchaus tragisches Ereignis. Ich möchte an dieser Stelle erneut mein Beileid gegenüber seinen Kolleginnen und Kollegen zum Ausdruck bringen und sie auch darum ersuchen, unser herzliches Beileid auch seiner Familie zu überbringen. – Ich denke, dass der Verlust eines Menschen immer etwas Tragisches ist. Es ist das ein ganz furchtbares Ereignis, über das man nicht einfach hinweggehen kann, und es macht durchaus Sinn, sich heute hier ein paar Gedanken darüber zu machen.
Nichtsdestotrotz bin ich in einigen Punkten nicht
Ihrer Meinung, denn welche Schlüsse man aus diesem tragischen Ereignis jetzt zu
ziehen hat, ist natürlich Betrachtungssache.
Herr Kollege Schock! Es wird Sie nicht überraschen,
dass ich zum Beispiel nicht Ihrer Meinung bin, dass Sie jetzt richtig reagieren
und die richtigen Schlüsse aus diesem Ereignis ziehen, wenn Sie drakonische
Strafen für jugendliche Täterinnen und Täter fordern.
An dieser Stelle sei einmal mehr gesagt: Diese
schreckliche Tat haben nicht Jugendliche begangen, sondern es handelt sich bei
den Tätern immerhin um 20-Jährige. Trotzdem betone ich einmal mehr, dass ich
nicht glaube, dass drakonische Strafen eine entsprechende Antwort sind. Ich
glaube nicht, dass durch drakonische Strafen solche Taten verhindert werden
können. Und ich bin ganz sicher nicht dafür, dass jugendliche Menschen, die
eine Straftat begehen – was zwar nicht vorkommen soll, aber durchaus
vorkommen kann, vor allem in einer Großstadt –, in irgendwelche
Jugendstraf-Camps eingewiesen werden sollen. „Camps“ ist halt ein moderner
Begriff. Zu Deutsch heißen sie „Lager“, und ich glaube, diesen Begriff sollten
wir auch ruhig verwenden. Ich will aber nicht, dass Jugendliche in Österreich
in irgendwelche Lager eingesperrt werden! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Auch Ihnen von der ÖVP kann ich
nicht beipflichten, wenn Sie meinen, dass flächendeckende Videoüberwachung und
die Einführung einer Stadtwache die richtige Lösung sind. Bei der
Videoüberwachung kann nur ein gewisser Radius erfasst werden, und dann
verlagern sich eben die Tatorte entsprechend, die Zahl der Delikte nimmt aber
nicht ab. Außerdem haben wir die Erfahrung gemacht, dass Videokameras, wenn sie
einmal vorhanden sind, nicht mehr wegkommen. – Ich kann an dieser Stelle
sagen, dass solche Taten durch Videokameras letztlich nicht zu verhindern sind.
Das wissen Sie genauso wie ich.
Zur Frage der Stadtwachen:
Ich möchte an dieser Stelle seitens der GRÜNEN einmal mehr betonen, dass das
kommunale Budget der Stadt Wien mit Mehrausgaben für Ordnungskräfte belastet
werden würde, die wesentlich weniger Befugnisse hätten als die Polizei, die
weniger gut ausgebildet wären als die Polizei und deren Einsatz daher auch ganz
sicher nicht die Lösung für und die Antwort auf solche Probleme sein kann.
Wenn jetzt dieser tragische
Todesfall zum Anlass genommen wird, um zu sagen, hier hätte es eine Lösung oder
einen Ausweg geben können oder es könnte eine sinnvolle Maßnahme sein, wenn man
mehr Sicherheitspersonal hat, dann sage ich an dieser Stelle einmal mehr: Wenn
mehr Sicherheitspersonal, dann bitte richtige Polizei! Diese Debatte ist nicht
neu, wir haben sie in diesem Haus in den vergangenen Jahren schon mehrfach
geführt: Ja! Es war ein Fehler, auf Bundesebene im Wesentlichen auf Betreiben
der ÖVP sehr viele Polizistinnen und Polizisten in dieser Stadt einzusparen!
Aber nun geht man einen
anderen Weg. Es gibt Neuaufnahmen, es gibt immer mehr Personal bei der Polizei.
Im Übrigen hoffe ich, dass es auch immer mehr Frauen und mehr Menschen mit
Migrationshintergrund sein werden. Hoffentlich wird auch die Ausbildung bei der
Polizei immer besser werden. Ich denke, dass wir, wenn wir über
Sicherheitsagenden sprechen, diese dort belassen sollen, wohin sie am besten
gehören, nämlich bei der Polizei. Ich meine, wir sollten nicht noch einmal
kommunale Gelder dafür ausgeben, um Wachkörper zu schaffen, die wir nicht
benötigen und die ganz sicher nicht dieselbe Arbeitsqualität erbringen können
wie die Polizei! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Ich bin der Meinung, das all
die Maßnahmen, die ich jetzt angeführt habe, nichts bringen, wenn es darum
geht, gegen solche schrecklichen Taten vorzubeugen. Ich meine, es macht viel
mehr Sinn, in die Vorbeugung zu investieren, und es macht Sinn, sich Gedanken
darüber zu machen, wie man gegen solche Taten für die Zukunft am besten vorbeugen
und dafür sorgen kann, das sie auch in einer Großstadt wie Wien möglichst
selten vorkommen.
Was ich jetzt sage, wird Sie
nicht überraschen, weil Sie alle das bereits tausendfach gehört haben: Ich gehe
davon aus, dass die beste Möglichkeit, um zu verhindern, dass Jugendliche zu
Straftätern werden, darin liegt, dass wir die Schulsozialarbeit ausbauen. Davon
gibt es viel zu wenig! Es gibt de facto kaum Schulsozialarbeit. Es gibt de
facto nur Einzelprojekte, die kurz andauern und dann wieder eingestellt werden,
siehe Projekt Geblergasse.
Dennoch werden wir nicht
müde, von hier aus zu wiederholen, dass wir in Wien flächendeckend
Schulsozialarbeit brauchen, nämlich genau dort, wo die Jugendlichen tagtäglich
mehrere Stunden ihres Lebens verbringen. In der Schule sollen sie mit
Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern in Kontakt kommen, dort sollen sie vor
Ort mit SchulpsychologInnen in Kontakt kommen. Es kann doch nicht sein, dass in
einer Stadt wie Wien so wenige SchulpsychologInnen vorhanden sind, für Tausende
und Abertausende von Schülerinnen und Schülern!
Ich
teile Ihr düsteres Bild von Wien nicht, Herr Kollege Schock! Ich meine, die
Situation in Wien ist nicht so schrecklich! Wenn man nämlich Ihnen zuhört,
Kollege Schock, dann bekommt man den Eindruck, dass sozusagen geradezu hinter
jedem Baum ein aggressiver Jugendlicher lauert, der einen anfallen und
verletzen könnte. Dieses düstere Bild, das Sie gezeichnet haben, teile ich
absolut nicht! Wien ist nach wie vor eine sehr stabile und friedliche Stadt mit
einem sehr hohen
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