Gemeinderat,
32. Sitzung vom 27.03.2008, Wörtliches Protokoll - Seite 16 von 75
man mehrere Tasten am Klavier anschlagen muss, um
letztlich zum Erfolg zu kommen.
Wichtig ist mir in diesem Zusammenhang auch, dass wir
auf der Bildungsebene nicht nur Angebote machen. Es gibt viele Maßnahmen, auch
beim WAFF. In Wirklichkeit geht es darum, dass wir die Angebote, die wir haben,
näher zu den Frauen bringen, und das können wir nur, indem wir vor Ort gehen,
und wir machen gerade bei den „Mama lernt Deutsch"-Kursen bei NOVA und bei
FRECH mit diesen WAFF-Initiativen und unserer Niedrigschwelligkeit sehr gute
Erfahrungen. Es geht gar nicht darum, neue Dinge zu erfinden, sondern die
Dinge, die wir bereits haben und die erfolgreich sind, näher an die Frau
heranzutragen. Damit machen wir auch etwas ganz Wichtiges bewusst, dass nämlich
Bildung nicht deshalb von Frauen konsumiert werden kann und soll, weil sie ein
Luxus ist. Bildung darf kein Luxus sein, weder im Sinne von Zeitmanagement noch
im Sinne von Kosten für Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen.
Ich meine, wenn wir konsequent in einem breiten
Frauenbündnis an diesem Paket arbeiten, dann werden wir von diesem Platz 15
hoffentlich schon bald auf ein höheres Niveau kommen! (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke für diese ausführliche
Beantwortung! - Die 1. Zusatzfrage wird von Frau GRin Matiasek gestellt.
GRin Veronika Matiasek (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Sie haben prekäre Arbeitsverhältnisse angesprochen,
und Sie haben auch die Klein- und Mittelbetriebe angesprochen. – Es
stimmt: Im Idealfall wäre natürlich vor allem der familienfreundlich
eingestellte Klein- und Mittelbetrieb für viele Frauen der ideale Arbeitsplatz.
Allerdings stehen wir in Wien häufig vor der Situation, dass diese Klein- und
Mittelbetriebe entweder schließen oder wegziehen und die Frauen immer mehr in
diese prekären Arbeitsverhältnisse, wie Sie es nennen, nämlich in schlecht
bezahlte Teilzeitjobs, die nur eine niedrige Qualifizierung erfordern, gedrängt
werden. Manchmal bleibt den Frauen auch trotz guter Ausbildung gar nichts
anderes übrig, als solche Jobs anzunehmen. Und da sehe ich in Wien schon ein
regionales Problem, denn dort, wo wenig Stadtentwicklung stattfindet, werden
die Arbeitsplätze so ausgedünnt, dass es wirklich problematisch ist, einen
entsprechenden Job zu finden, der sowohl der Qualifikation entspricht als auch
Familienfreundlichkeit aufweist, und darauf sind ja in erster Linie die Frauen
angewiesen, die Beruf und Familie vereinen wollen, und wir stehen dazu, dass
sie das auch tun können.
Ich weiß, dass das nicht unmittelbar bei Ihnen
ressortiert, aber Sie sind ja Mitglied dieser Stadtregierung. Welche
Initiativen kann man Ihrer Meinung nach setzen, dass es gerade in den
Stadtgebieten, wo – aus welchen Grünen auch immer – wirklich gute Arbeitsplätze
zunehmend abgebaut werden, eine Ansiedlung von teilweise minderwertigen
Betriebe stattfindet und gerade schlechte Teilzeitverhältnisse oft der einzige
Arbeitsplatz für Frauen sind, die eine gewisse regionale Nähe bevorzugen
müssen, wieder zu einer Vermehrung von frauenfreundlichen Arbeitsplätzen kommt?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Ich
sehe das Szenario, das Sie hier zeichnen, nicht so. Wir erleben einen
deutlichen Rückgang der Industrialisierung und einen Aufschwung des
Dienstleistungsbereichs, welcher der Bereich ist, in dem es überwiegend
Frauenarbeitsplätze gibt. Wenn es in diesem Zusammenhang um die
Stadtentwicklung und um Betriebsansiedlungen geht, dann kann ich nur auf die
vielen erfolgreichen Programme verweisen, bei denen wir in Forschung und
Entwicklung investieren. Die in Frage kommenden Betriebe sind meistens keine
Großbetriebe, sondern Klein- und Mittelbetriebe, bei denen es sehr wohl auch
Ansätze gibt, Frauen zu fördern.
Ein Beispiel dafür ist der Fem-Call: Dafür werden
wirklich Fördergelder von der Stadt, wenn klar ist, dass an der Forschung und
Entwicklung im Zusammenhang mit diesen Projekten Frauen maßgeblich beteiligt
sind. So wird auch die Frau in der Forschung aufgewertet.
Im Hinblick auf den Dienstleistungsbereich gibt es
zum Beispiel beim WAFF unzählige Maßnahmen zur Qualifizierung von Frauen, etwa
im Bereich der Pflege. Wenn man sich die hohen Teilzeitquoten zum Beispiel im
Einzelhandel anschaut – da sind es 46 Prozent –, dann kann man,
glaube ich, sagen, dass wir mit unseren Arbeitszeitinitiativen, die ich gerade
beschrieben haben, den richtigen Weg eingeschlagen haben.
Die von Ihnen angesprochene Tatsache, dass gerade
Frauen den individuellen Weg der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben über
eine Reduktion der Arbeitszeit wählen und dafür eine Dequalifizierung oder auch
Prekarisierung in Kauf nehmen, ist, glaube ich, in allererster Linie ein
gesellschaftspolitisches Problem. Denn wenn es zu keiner tatsächlichen Umverteilung
und keiner tatsächlichen Geschlechtergerechtigkeit im Sinne der Umverteilung
von bezahlter und unbezahlter Arbeit kommt, dann wird dieses Problem nicht über
Stadtentwicklung und auch nicht über konkrete Handlungsansätze in einem
Betrieb, auch wenn er nur aus fünf Leuten besteht, lösbar sein.
Vielmehr haben wir diese Frage im Jahr 2008 und den
Folgejahren gesellschaftspolitisch zu lösen. Ich schaue da eher in die Zukunft:
Es muss für junge, gut ausgebildete Frauen gute Rahmenbedingungen geben, und es
müssen in der Frage der Geschlechtergerechtigkeit und der Aufgabenteilung in
einer Partnerschaft tatsächlich weitere Schritte gesetzt werden.
Letztlich wird natürlich die Einkommensschere, so
lange sie so aussieht, wie sie jetzt aussieht, letztendlich immer eine
Entscheidungsgrundlage für die einzelnen Familien beziehungsweise für die
Frauen in dieser Frage sein.
Das heißt, ich würde mich hier
lieber über den gesellschaftspolitischen Ansatz von Frauenpolitik unterhalten,
insbesondere darüber, wie wir hier gemeinsam Maßnahmen treffen können, um diese
Probleme
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