Gemeinderat,
14. Sitzung vom 20.11.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 57 von 108
wenn aus dem Schoße der
Wiener ÖVP, deren Parteiobmann sich bis zur letzten Minute vehement gegen eine
Koalition mit der SPÖ ausgesprochen hat, eine Art Sperrfeuer gegen die
Koalitionsverhandlungen entsteht. (GR Dr Matthias Tschirf: Wieso?) Das
alles sind Themen, die sicherlich zwischen den Koalitionspartnern besprochen
werden müssen. Dass wir uns da jetzt mit Anträgen hineinmengen, können Sie im
Rahmen Ihrer innerparteilichen Funktion tun, denn ich halte nichts davon, dass
wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt derartige Forderungen stellen, ganz abgesehen
davon, dass sie sich eigentlich gegen die Einnahmenlage der Stadt Wien richten.
(GR Dr Matthias Tschirf: Das verstehe ich nicht!)
Meine sehr geehrten Damen
und Herren, mehrfach angeklungen ist die Frage der Gebührenerhöhung Strom/Gas.
Da ist es gleich amalgamiert worden mit den Gebühren, als wenn es bei
Strom-/Gaspreisen um Gebühren der Stadt ginge, die hier im Gemeinderat
beschlossen werden. Mir ist das völlig neu. Die Preise werden, was Wien Energie
betrifft, im Rahmen der Energieallianz festgesetzt, also im Rahmen einer
Vereinbarung mit den Niederösterreichern und mit der BEWAG. Wenn ich jetzt,
meine sehr geehrte Damen und Herren, die Situation in Österreich vergleiche,
die Linz AG hat am 1.9 erhöht, Oberösterreich hat am 1.9. erhöht, BEGAS hat am
1.1. und am 15.11. erhöht und die EVN hat am 1.12. erhöht, dann frage ich, mit
welcher Rechtfertigung behaupten Sie, dass das Wiener sozialdemokratische
Politik ist, Herr Klubobmann Schock? Wie können Sie das behaupten? Ich wüsste
nicht, dass EVN, Linz und BEGAS sozusagen der geschlossene Hort der
sozialdemokratischen Politik sind, ganz abgesehen davon, dass das
Wirtschaftsunternehmen sind.
Jetzt komme ich zur Forderung der ÖVP nach einer
Teilprivatisierung. Alle diese Unternehmungen, ich rede jetzt gar nicht von den
deutschen großen Unternehmungen, sind zu einem Teil, wie die EVN,
börsennotierte teilprivate Unternehmen. Wenn in der Begründung Ihres Antrags
steht, die Tariferhöhungen sind der Grund dafür, dass Sie das privatisieren,
wie können Sie dieses Argument aufrechterhalten? (GR Dr Matthias Tschirf: Weil sie effizienter sind!) Alle, die hier
erhöht haben, sind zu einem Großteil Private gewesen. Ihr Argument, man
vermeide die Gaspreiserhöhungen und Strompreiserhöhungen, indem man
teilprivatisiert, ist einfach unrichtig! Der Antrag ist schlechthin falsch
begründet! Ich sage dazu, ich würde mich auch, wenn ein anderes Motiv, das für
mich nicht erkennbar ist, darin stehen würde, dagegen wenden. Aber wir können
ja einmal darüber reden. Was für ein Motiv sehen Sie, dass die Stadt Wien sich
von einem hundertprozentigen Eigentum an einem zentralen Versorgungsinstrument
trennen sollte, Geld zu beschaffen für den Konzern, die Dividende zu erhöhen,
damit das sozusagen ins Budget fließt? Nur, zu welchem Zweck soll das geschehen?
(GR Dr Matthias Tschirf: Es gibt genug
Argumente!) Der Energiekonzern investiert in die Versorgungssicherheit in
einem hohen Maße. Also daraus zu sagen, es ist ein Grund, dass man da mehr tun
soll, existiert eigentlich auch nicht. (GR
Dr Matthias Tschirf: Das kann ich gern erklären!) Daher glaube ich, dass
dieser Punkt, jedenfalls aus unserer Sicht, nicht wirklich weiter zu verfolgen
ist.
Ich möchte noch eine Anmerkung in die Richtung des
Kollegen Margulies machen. Ich bekenne mich zu den öffentlichen Unternehmungen
und zum öffentlichen Eigentum, weil es die Möglichkeiten bietet, die
Gestaltungsmöglichkeiten, die sich aus dem Eigentum heraus ergeben, auch für
Zwecke, die im Gemeinnutzen liegen, zu nutzen. Das heißt nicht automatisch,
dass damit alles in einem Amalgam verschwindet. Man muss da sehr klar
auseinanderhalten, welche Aufgaben man verfolgt. Wenn man sich vom öffentlichen
Eigentum trennt, dann hat das eine gravierende Auswirkung, wie wir in manchen
Bereichen des Wirtschaftslebens, auch in Österreich und in anderen Ländern,
feststellen können, oft im Nachhinein beklagt, aber man kann nicht beides
haben.
Das Zweite ist, wenn wir davon sprechen, dass wir
unsere Organisationsstruktur in der Stadt verbessern, dann sicherlich zu dem
Zwecke, die jeweils geeignetste Effizienz herzustellen. Das muss im jeweiligen
Ressort zunächst einmal selbstständig entschieden werden. Die Grenze ist dort,
wo wir in die Privatisierung gehen. Die Grenze ist dort, wo wir plötzlich
Unternehmen im eigentlichen Sinn einer GesmbH oder einer Aktiengesellschaft
gründen. Ausgliederung als Betrieb, Ausgliederung als Unternehmen oder in
anderer Form ist eine primäre Sache. Daher zweifle ich daran, dass es wirklich
ein Patentrezept ist, dass der Finanzstadtrat aus einer Finanzvorgabe heraus
quasi ein Szenario der Ausgliederung entwickelt. Das ist nicht mein Ansatz,
sondern ich glaube, entscheidend ist der Ansatz der möglichsten Effizienz der
Führung der Geschäfte und Aufgaben der Stadt und von daher sehe ich das so.
Eine Bemerkung vielleicht noch zur Frage der Klein-
und Mittelunternehmungen, die hier angeklungen ist: Da ist der Eindruck erweckt
worden, alle anderen tun etwas, aber Wien sitzt da, schaut nur zu und tut
nichts. (GR Dr Matthias Tschirf: Leider!)
Ich rufe in Erinnerung, was die Klein- und Mittelunternehmungen betrifft,
haben wir gerade heuer in Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsministerium ein
Gesamtvolumen von 30 Millionen EUR auf die Beine gestellt. Auf Grund
dieses Abkommens zwischen der Bundesregierung und den Bundesländern aus dem
Jahr 2005, im Sommer 2005 abgeschlossen, jetzt, 2006, durchgesetzt, kommen
15 Millionen EUR von der Stadt, 15 Millionen EUR vom Bund.
In den Größenordnungen der Unternehmungen wird das abgewickelt, also für
Mittelunternehmungen über das Wirtschaftsministerium, für Klein- und
Kleinstunternehmen über den Wirtschaftsförderungsfonds. Über die
Innovationsrichtlinie läuft dieses Programm.
Das Zweite ist, wir haben gemeinsam mit den Banken einen
Beteiligungsfonds für die größeren Unternehmungen geschaffen, um die
Risikokapitalbeschaffung zu sichern.
Dritter Punkt, ich habe es hier
heute erwähnt, wir haben im Präsidium die Einrichtung eines
Kleinstunternehmerfonds für Wiener Unternehmungen beschlossen,
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