Gemeinderat,
14. Sitzung vom 20.11.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 46 von 108
ohne Vorwarnung von heute auf morgen gekündigt
werden.
Das Ergebnis, sehr geehrter Herr Vizebürgermeister:
Zahlungsunfähigkeit und somit Insolvenz, obwohl sich beim kreditnehmenden
Unternehmen überhaupt nichts zum Negativen verändert hat.
Das Rating wirft aber noch ein weiteres Problem auf,
das ich mit einem einzigen Satz darlegen kann: Eine steuerschonende Bilanz ist
der Feind für ein gutes Rating.
Ich darf dies anhand eines kurzen Beispiels
beleuchten. Ein kleiner Apparatebau-Betrieb wurde vor einigen Jahren gegründet,
und die Investitionen wurden natürlich zum Teil mittels Kredits finanziert. Das
Unternehmen hat sich insgesamt positiv entwickelt, hat expandiert und konnte
seinen Zahlungsverpflichtungen im Wesentlichen nachkommen.
Die Eigenkapitalquote ist natürlich gering. Im Jahr
2005 konnten zum Beispiel erstmals höhere Gewinne bilanziert werden. Das hat
aber einen Haken. Entsprechende Gewinne verursachen wohl ein höheres
Eigenkapital, somit ein besseres Rating, aber auch entsprechende
Steuernachzahlungen beim Finanzamt, die in der gegenwärtigen Situation dieses
Unternehmens schlichtweg nicht finanzierbar sind. Bilanziert dieser Betrieb
aber ausgeglichen, dann muss er zwar keine Steuernachzahlung leisten, hat aber
ein schlechtes Rating, damit höhere Zinsen und auch eine zusätzliche
finanzielle Belastung. Dieses Unternehmen kann es sich also aussuchen, aus
welchem Grunde es in Zahlungsschwierigkeiten kommt, durch Gewinne oder durch
Basel II. Mit entsprechender Unterstützung zum Beispiel durch die
Übernahme von Haftungen, wie wir sie im Zusammenhang mit Basel II immer
gefordert haben, könnte dieser Betrieb innerhalb weniger Jahre finanziell
bestens dastehen.
Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister! Auch so entstehen
Insolvenzen: Nicht, weil die Ergebnisse des Unternehmens sich verschlechtert
haben, sondern weil die Banken schlichtweg nicht mittun. Und in diesem Punkt,
sehr geehrter Herr Vizebürgermeister, müssen die Betriebe von der Politik
unterstützt werden. Sprechen Sie bitte mit den Banken, übernehmen Sie
Haftungen, geben Sie Förderungen, anstatt die Wirtschaftsförderung laufend zu
kürzen! (Beifall bei der FPÖ.)
In der September-Ausgabe der Zeitschrift „Wiener
Wirtschaft" gibt es einen Artikel „Basel II – Fluch oder
Segen?" – Ich finde darin ein Zitat des Herrn Kollegen Aichinger, das
ich kurz verlesen möchte:
„Einen positiven Effekt der Basel II-Richtlinie
sehe ich darin, dass die Kommunikation zwischen Banken und kreditnehmenden
Unternehmen verstärkt stattfinden wird.“ Dann heißt es weiter: „Banken teilen
im Gespräch dem Kunden mit, wie sie dessen wirtschaftliche Position
sehen.“ – Herr Kollege Aichinger! Das ist leider falsch. Das ist ein
Wunschdenken! Es wäre sinnvoll, wenn dem so wäre, dem ist aber nicht so. Die
österreichische Gesetzesvorlage sieht leider anders aus.
Ich darf jetzt gleich mitteilen, wie das wirklich ist – ich
zitiere: „Wirtschaftstreuhänder machen gegen Basel II mobil. Anders als in
der EU-Richtlinie verpflichten sich die Banken in der Österreich-Version von
Basel II nicht zu einer Offenlegung der Rating-Entscheidung.“ – Natürlich
wäre Basel II aber nur dann sinnvoll.
Weiter
heißt es: „Die Banken wollen diese Bestimmungen nicht im Text drinnen haben. Ihr
Lobbying ist stärker als das der KMU.“ – Das, meine sehr geehrten Damen und
Herren, ist traurig für die KMU und vor allem schlecht für die Wiener
Wirtschaft.
Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister! Die SPÖ
behauptet immer, dass sie sich für die Anliegen der österreichischen KMU stark
macht. – Wir konnten das nicht feststellen! Bitte verabsäumen Sie nicht,
dem größten Arbeitsgeber Wiens, den KMU, die überlebensnotwendigen
Unterstützungen im Interesse aller Wiener zu geben! Seien Sie nicht Lobby für
die Banken, seien Sie Lobby für die KMU! Unsere Unterstützung dazu bekämen Sie.
(Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zu
Wort gemeldet ist Herr GR Dipl-Ing Margulies. – Ich erteile es ihm.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich versuche, es kurz zu machen. Wir sitzen heute
ohnedies noch lange genug da.
Ich glaube, ein wesentlicher Punkt in dieser Geschäftsgruppe, den man
tatsächlich näher beleuchten sollte und der mir in der Budgetrede des
Stadtrates erheblich zu kurz gekommen ist, ist die Frage von geplanten,
forcierten, vorangetriebenen Ausgliederungen. Man hört ja viel, wenn man sich
im Magistrat umhört und Zeitung liest. Dass die Müllabfuhr früher oder später
vielleicht ausgegliedert werden soll, das war schon im Vorjahr aktuell, was
diesbezüglich weitergegangen ist, wurde aber nicht in der Budgetrede
dargestellt. Dennoch glaube ich, dass es einen zentralen Niederschlag im Budget
finden würde, wenn der Bereich Müllabfuhr ausgegliedert werden sollte.
Über die Stadtarchäologie – ich gebe zu, das ist
ein kleiner Bereich bei StR Mailath-Pokorny – wurde mehrmals
gesprochen, auch in der letzten Gemeinderatssitzung. Nach meinen Informationen
wird emsig daran weitergearbeitet, dass spätestens mit 1. Jänner die
Ausgliederung erfolgen kann. Haben wir davon in der Budgetrede des Stadtrates
gehört? – Nein.
Hört man sich ein bisschen im Magistrat um, dann kommen auch noch ein
paar andere Sachen vor: Die physikalisch-technische Prüfanstalt, möglicherweise
das Veterinäramt, vielleicht das Institut für Umweltmedizin sind lauter
potenzielle Ausgliederungsopfer.
Sehr geehrter Herr Stadtrat! Ich
würde Sie ersuchen: Wenn wir hier gemeinsam einen Budgetvoranschlag beschließen
sollen, dann legen Sie bitte auch offen, in welchen Bereichen Sie für das
Jahr 2007 Ausgliederungen planen, wie diese aussehen sollen, welche die
Zielvorgaben sind und welchen budgetären Niederschlag sie finden. Es ist
nämlich in Wirklichkeit unerträglich, wenn die zentralen Diskussionspunkte
einer jeden Budgetdebatte, in welcher Art und Weise Leistungen erbracht werden
sollen, von der Budgetdebatte selbst
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