Gemeinderat,
14. Sitzung vom 20.11.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 108
und dort wiederum auf
Jugendliche mit Migrationshintergrund. Das IHS hat eine Maßnahme eingefordert,
die es den Jugendlichen ermöglichen soll, im Nachhinein quasi Grundkenntnisse
im Rechnen, Lesen, Schreiben zu erwerben; also wenn man es zusammenfasst, den
Hauptschulabschluss nachzuholen.
Wir sind dieser Forderung eigentlich bereits seit
Längerem nachgekommen. Im Rahmen des Wiener Arbeitnehmer Förderungsfonds - so
auch im Jahr 2007 im Arbeitsprogramm - sind Programme zur Nachholung dieses
Hauptschulabschlusses, Deutsch- und Integrationskurse vorgesehen. Das heißt,
wir setzen auch in diesem Bereich an, in dem es nicht nur um das klassische
Feld der Ausbildung geht, sondern um die viel schwierigere Problematik, dass es
Jugendliche sind, die besondere Schwierigkeiten haben, die an sich sonst
einfach in einem schwarzen Loch verschwinden würden. Auch dort setzen wir an.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf einer
anderen Ebene geht es gerade auch 2007 darum, Wien zu einem internationalen
Wissensstandort auszubauen, Wien zu einer zentraleuropäischen
Forschungsmetropole zu machen und Wien als Standort der Kreativwirtschaft sowie
zu einem Zentrum der Medien- und Internet-Wirtschaft auf- und auszubauen. Auf
all diesen Sektoren beginnen wir in Wien ja nicht bei der Stunde null, aber es
gilt hier, wirklich zuzulegen und die Schlagzahl zu erhöhen.
Selbstverständlich bildet - auf einer zweiten und
dritten Ebene - der Voranschlag 2007 aber auch die Basis dafür, dass die Stadt
ihre ureigensten kommunalen Aufgaben auf einem exorbitant hohen Niveau weiter
erfüllen kann und erfüllen wird. Das gilt vor allem für das Gesundheitswesen
und für den Bereich der weiter wachsenden Sozialleistungen, aber natürlich auch
für das schon angesprochene Thema der Migration, für Bildung, Kultur,
Infrastruktur, Stadtentwicklung, Umweltschutz und so weiter.
Wir sehen im Jahr 2007 nicht nur für die Spitäler der
Stadt, sondern insgesamt und auch für die stationäre Pflege
1,38 Milliarden EUR vor. Das ist gegenüber dem Voranschlag für das
heurige Jahr, dem Voranschlag 2006, ein Plus von 72 Millionen EUR
und, in Prozenten ausgedrückt, eine Steigerung um 5,5 Prozent. Dazu kommen
520,5 Millionen EUR für die Leistungen des Fonds Soziales Wien und
14,3 Millionen EUR für Sucht- und Drogenkoordination, einem Bereich,
der nicht mehr im Fonds Soziales Wien, sondern nur mehr in der MA 15
budgetiert wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zusätzliche
Mittel, und zwar in massiver Form, sind auch für den Sozialbereich notwendig.
Allein an Transfermitteln sind für 2007 229 Millionen EUR
vorgesehen. Das ist gegenüber dem Voranschlag 2006 ein Plus von
14 Millionen EUR oder eine Steigerung um 6,5 Prozent. Da sind
nicht mitgerechnet die steigenden Ausgaben für den Sachaufwand und die
Personalausgaben, dazu werde ich später noch kommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die vorrangige
Ursache dieser Dynamik der Entwicklung im Sozialbereich ist die Tatsache, dass
immer mehr Menschen mit ihrem Job, mit ihrer Arbeitsleistung ihren Unterhalt
und den Unterhalt ihrer Familie nicht oder nicht zur Gänze abdecken können und
daher der zusätzlichen Unterstützung bedürfen. Gegenüber 1998 hat sich die Gesamtzahl
der Bezieher von Sozialleistungen seitens der Stadt auf 80 000 verdoppelt!
Wenn man aus dieser Zahl jenen Kreis herausrechnet,
bei dem es sich um die voll unterstützten Sozialhilfebezieher handelt, also
jene, die praktisch ausschließlich auf unsere Unterstützung angewiesen sind, so
erweist sich allerdings eine ebenso erstaunliche Tatsache, nämlich dass sich
dieser Bereich, langfristig gesehen, praktisch nicht verändert hat, sondern im
Gegenteil nach einem Anstieg in den letzten Jahren jetzt gegenüber dem Vorjahr
zurückgegangen ist, und zwar deutlich: von 16 636 auf 11 616.
Ich führe das vor allem auch darauf zurück, dass wir
im Rahmen der Programme des WAFF einen wesentlichen Schwerpunkt darin gesetzt
haben, auch Sozialhilfeempfänger in den Bereich der Ausbildungs- und
Beschäftigungsmaßnahmen des WAFF einzubeziehen, und zwar einfach deswegen, weil
nach dem System des AMS dessen
Leistungen von Sozialhilfeempfängern nicht primär, nicht ausschließlich in
Anspruch genommen werden können, sodass bis dahin die Möglichkeit für solche
Personen, wieder in den Arbeitsprozess zurückzukehren, praktisch kaum gegeben
war. Auch 2007 setzen wir diese Programme - wie Jobchance, Berufsdiagnose und
Integration, Jugendliche Praktikumsplätze in Wiener Unternehmen, Jobtransfer,
ARGE Caritas/Volkshilfe - fort.
Die Problematik dieser
Menschen, die mit ihrem Arbeitseinsatz ihren Unterhalt nicht decken können, ist
nicht ein Wiener Problem, ist nicht ein österreichisches Problem, sondern es
ist ein europäisches Problem, wobei mittlerweile in den verschiedenen Staaten
unterschiedlichste Begriffe gefunden worden sind. „Mit einem Fuß am
Arbeitsmarkt", „Arbeitskraftunternehmer" nennt das die
Sozialforschung in Deutschland, oder auch „Poor Working People", mit einem
Begriff, der aus der angloamerikanischen Sozialforschung herübergekommen ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wachsende
Beschäftigungszahlen können daher irreführend sein, wenn sie den Blick auf die
dahinter verborgene soziale Problematik verstellen. Deshalb ist es notwendig,
diesen Bereich der neuen Erwerbsformen, die man früher „atypisch" nannte,
weil man der Meinung war, dass es relativ wenige sind - in Wirklichkeit ist es
ein dominierender Teil der Beschäftigungssituation -, diese neuen Erwerbsformen
wie geringfügige Beschäftigung, freie Dienstnehmer, neue Selbstständigkeit,
Ein-Personen-Unternehmen dahin gehend zu überprüfen, ob sie einen Einstieg
bringen in das, was uns dabei eigentlich vorschwebt, nämlich in eine
Arbeitswelt, die flexibler ist, die Vereinbarkeit mit Familie und Freizeit
gewährleistet und auch unternehmerische Freiheit bedeutet, ob also all das
dahinter steht, oder ob sie nur das Einkommens- und
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