Gemeinderat,
37. Sitzung vom 19.12.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 87 von 98
um rund 6 Prozent.
Bemerkenswert ist aber Folgendes: In dem Zeitraum von
1980 bis 1990, in dem österreichweit eine 20 pro zentige Senkung zu verzeichnen
war, kam es bei den Lehrern zu einem Anstieg von rund 8 Prozent, und zwar
von 63 000 auf 68 000. Wenn man sich nun die Wiener Zahlen im Detail
ansieht, so sind zwischen 1980 und 1990 von ursprünglich 108 000 Schülern
an allgemein bildenden Pflichtschulen im Jahre 1990 nur mehr 84 000
übergeblieben, also eine Senkung um 23 Prozent. Hingegen stieg die Zahl
der Lehrer im gleichen Zeitraum, also von1980 bis 1990, um 10 Prozent von
rund 8 300 auf rund 9 100. Also ungeachtet der Tatsache, dass eine
deutliche Senkung der Zahl der Schüler zu verzeichnen war, ist die Anzahl der
Lehrer gestiegen.
Im Zeitraum 1990 bis 2000 ist, wie ich gesagt habe,
österreichweit ein Anstieg von 648 000 auf 690 000 Schüler zu
verzeichnen gewesen. In Wien war der Anstieg prozentuell noch deutlicher,
nämlich von 84 000 auf 101 000 Schüler, das ist um
21 Prozent mehr.
Wenn man die Entwicklung bei den Lehrern betrachtet,
so gelangt man österreichweit zu einem Anstieg der Zahl der Lehrer von
69 000 auf 75 700 im Zeitraum 1990 bis 2000 – das ist ein Anstieg um
10 Prozent – und in Wien im gleichen Zeitraum zu einem Anstieg von
9 000 auf 12 000 Lehrer, das sind um 32 Prozent mehr, also
wesentlich mehr als prozentuell die Zahl der Schüler gestiegen ist.
Wir haben derzeit österreichweit ein Verhältnis von
Lehrern zu Schülern von 1 zu 9,1, das heißt, auf einen Lehrer
entfallen 9,1 Schüler an allgemein bildenden Pflichtschulen. Das ist ein
Verhältnis, das europaweit ziemlich einzigartig dasteht. Ansonsten,
beispielsweise in Deutschland, ist das Verhältnis ein völlig anderes. Dort
kommen auf einen Lehrer an den allgemein bildenden Pflichtschulen rund 15,
16 Schüler.
Diese Entwicklung, die ich anhand der Zahlen kurz
skizziert habe, ist auch von der OECD registriert worden. Die OECD hat vor
einigen Jahren eine Studie gemacht, die einerseits europaweit die Qualität der
Schulen, andererseits aber auch die Kosten für die Schulen zum Gegenstand
hatte. Was die Qualität unserer Schulen anlangt, haben wir relativ gut
abgeschnitten. Wir liegen im unteren Teil des ersten Drittels – zum Beispiel
wesentlich besser als Deutschland –, wir liegen allerdings nicht an der
absoluten Spitze. Bemerkenswert ist aber eines, und das hat diese PISA-Studie
auch sehr deutlich zum Ausdruck gebracht: Wir haben die höchsten Kosten für
einen Pflichtschüler vom 6. bis zum 15. Lebensjahr. In diesem
Zeitraum kostet ein Pflichtschüler in Österreich rund 71 000 Dollar,
er kostet in Finnland, das in dieser PISA-Studie stets an der Spitze liegt, nur
46 000 Dollar, und auch andere Staaten – wie der Schweiz
beispielsweise –, die auch sehr gute qualitative Werte bei der PISA-Studie
aufweisen, liegt gleichfalls günstiger. Wir sind hier absolute Spitze, und dies
hat die OECD in ihrer PISA-Studie auch mit Verwunderung festgestellt.
Es gibt noch eine jüngere OECD-Studie aus dem Herbst
dieses Jahres, die neuerlich darauf verwiesen hat, dass das österreichische
Schulsystem, vor allem das Pflichtschulsystem, das teuerste im OECD-Raum ist.
Man hat weiters auch festgestellt, dass Österreich Anstrengungen unternehmen
sollte, die Effizienz seines Schulsystems zu steigern.
Wenn man diese nackten Zahlen sieht, könnte man den
Eindruck gewinnen, die hohen Kosten für unser Schulsystem seien etwa darauf
zurückzuführen, dass unsere Lehrer besser bezahlt werden als in anderen
Staaten. Dies ist nun keineswegs so. Auch diesbezüglich gibt die OECD-Studie
Auskunft. Wir haben ein Durchschnittseinkommen eines österreichischen
Pflichtschullehrers mit zirka 15 Berufsjahren in der Größenordnung von
33 000 EUR, in der Schweiz hingegen von nahezu 55 000 EUR,
also bedeutend mehr. Die Schweiz liegt aber, was die Kosten ihres Schulsystems
im Pflichtschulbereich anlangt, wesentlich günstiger. Also können es nicht die
Lehrergehälter sein, und es sollen auch nicht die Lehrer womöglich zu den
Buhmännern gemacht werden, dass sie daran schuld seien, dass unser Schulsystem
so teuer ist. Der Grund muss woanders gelegen sein.
Die Umstände und die Gründe sind vielfältig, zum Teil
hausgemacht, zum Teil sind sie auch solche, die von unserer Schulverwaltung,
sei es auf Bundes-, sei es auf Landesebene, nicht so ohne weiteres beeinflusst
werden können. Der Rechnungshof hat in seinem Tätigkeitsbericht einige dieser
Gründe angeführt, beispielsweise zahlreiche Schulreformen, die vom Bund
vorgegeben wurden, die sehr teuer gekommen sind, kein gewünschtes Ergebnis
gebracht haben und nach Meinung des Rechnungshofes einfach zu lange durchgezogen
worden sind, ohne dass man eine Entscheidung getroffen hat, ob nun diese
Schulversuche in das Regelschulsystem übergeleitet werden sollen oder ob man
sie fallen lassen soll.
Darüber hinaus gibt es in Österreich auf Grund seiner
geographischen Gegebenheiten eine Fülle von Klein- und Kleinstschulen, die an
sich eigentlich nicht mehr lebensfähig sind. Wien ist davon verschont, in Wien
gibt es solche Klein- und Kleinstschulen nicht. Wien hat daher in dieser
Hinsicht einen gewissen Vorteil und nützt diesen Vorteil auch aus.
Darüber hinaus ist für Wien auch anerkennenswert, dass die
reine Schulverwaltung, die reine Administration, wesentlich kostengünstiger ist
als in anderen Bundesländern, weil Wien den Vorteil des Ballungsraumes und der
kurzen Distanzen nützen kann. Wien leidet allerdings, gerade was das
Pflichtschulsystem anlangt, darunter, dass es überproportional viele Schüler
mit mangelnden oder überhaupt keinen Deutschkenntnissen hat. Das bewirkt
natürlich den Einsatz von mehr Lehrern, als dies in anderen Bundesländern. Ich
darf nur daran erinnern, dass wir in Wien durchschnittlich einen Anteil von
40 Prozent an Schülern mit nichtdeutscher Muttersprache haben. Das muss
nicht unbedingt bedeuten, dass alle diese Kinder nicht Deutsch können, aber man
muss natürlich dementsprechend darauf eingehen, und das bewirkt in weiterer
Folge natürlich auch höhere Kosten für das Schulsystem in Wien. Das muss mit
aller
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