Gemeinderat,
37. Sitzung vom 19.12.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 98
Sitzung, einer sehr informellen Sitzung der Kultursprecher
des Wiener Gemeinderats im Sommer 2002, zu der Andreas Mailath-Pokorny
geladen hat und wo es der Wunsch aller Fraktionen war, das großartige
Theaterangebot einer Reform zu unterziehen. Es wurde beschlossen, eine Studie
in Auftrag zu geben, in der die Situation analysiert wird. Diese Studie liegt
nun seit über einem Jahr vor. Sie sagt, Wien ist eine großartige Theaterstadt,
Wien gibt so viel Geld für Theater aus wie keine andere vergleichbare
europäische Stadt; trotz allem gibt es immer wieder viel Unzufriedenheit, wenig
Durchlässigkeit, viel Unspektakuläres und wenig Aufbruch.
Diese Studie wurde sehr positiv aufgenommen, und es
wurde beschlossen, die Ziele dieser Studie in einer Reform umzusetzen. Es
wurden sinnvollerweise die drei Autoren der Studie auch als Kuratoren mit der
Umsetzung bis zum Sommer 2005 beauftragt.
Die drei Kuratoren haben in unzähligen Diskussionen
mit den Betroffenen, mit Experten in der Kulturabteilung und mit den
Kultursprechern eine umfassende Reform entwickelt, die heute hier einen
Zwischenabschluss findet, ein wichtiges Etappenziel erreicht, indem der Wiener
Gemeinderat - noch dazu einstimmig - ein Leitbild zur Wiener Theaterreform
beschließt, das für die Kulturpolitik und für die Theaterförderung in Wien
ähnliche Bedeutung hat wie ein Stadtentwicklungsplan für die Stadtentwicklung,
ein Masterplan Verkehr für die Verkehrspolitik und ein Spitalszielplan für die Gesundheitspolitik.
Es gibt einen breiten Konsens über die Ziele dieser
Reform: die Überwindung der Trennung zwischen Theatern mit fixen Häusern und
freien Gruppen, die Überwindung der Spartentrennung, die Überwindung einer
gewissen Pragmatisierung und eines gewissen Stillstands in der Entwicklung -
hin zu mehr Transparenz, zu mehr Nachvollziehbarkeit, zu mehr Durchlässigkeit
und Bewegung, insbesondere zu mehr Chancen für Neues und für junge Initiativen,
insbesondere auch für die freien Gruppen, zu mehr internationaler Bedeutung und
– das ist auch ein wichtiges Ziel – zu mehr Publikum. Es sollen wieder mehr
Menschen für das Theater begeistert werden - das ist ein ganz wichtiges Ziel
dieser großen Reform!
Diese größte Reform in der Geschichte der Wiener Theaterförderung
hat nicht nur klare Ziele, sondern legt auch klare Förderstrukturen fest, die
allen gleiche Chancen geben werden, transparente Entscheidungsstrukturen für
die Projektförderung in einer Theaterkommission, für die Konzeptförderung auf
vier Jahre in einer Theaterjury, die bereits ausgeschrieben ist.
Es gilt von dieser Stelle aus allen zu danken, die zu
dieser Reform beigetragen haben: Das ist StR Mailath-Pokorny mit seinen
Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Das sind insbesondere auch die Beamten des
Theaterreferats der MA 7, die diese Reform mit sehr viel Fachkompetenz und
Nachdruck begleitet und unterstützt haben. Es sind dies aber insbesondere die
drei Kuratoren Anna Thier, Günter Lackenbucher und Uwe Mattheiß, die ich hier
auch auf der Galerie begrüßen darf. Ich möchte euch dreien zu dieser Studie und
zu diesem Leitbild gratulieren, und ich möchte euch viel Kraft für die
Umsetzung wünschen! Das wird nicht leicht sein. Ihr habt mit sehr viel
Fachkompetenz, mit großem Eifer, mit viel Geduld und mit viel
Durchsetzungsvermögen diese Reform im ersten Jahr getragen, und ihr werdet sie
auch bis zum nächsten Jahr umsetzen.
Die Reform beginnt mit der heutigen Beschlussfassung
im Wiener Gemeinderat. Beim chinesischen Zirkus heißt es dann: "Möge die
Übung gelingen!" - Es ist eine schwierige Übung. Ich bin aber sicher, dass
der heutige Beschluss über ein Leitbild zur Wiener Theaterreform eine gute
Basis legt für eine große Reform, und wir freuen uns auf eine sehr
qualitätsvolle und aufregende Entwicklung der Theaterstadt Wien! (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Danke. - Für weitere Wortmeldungen bringe ich in
Erinnerung, dass sich die Damen und Herren des Gemeinderats nur einmal zum Wort
melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist.
Als nächster Rednerin darf ich Frau GRin Mag Ringler
das Wort erteilen.
GRin
Mag Marie Ringler (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren!
Ernst
Woller hat die Geschichte der Theaterreformen in dieser Stadt schon skizziert. Das
war durchaus eine leidvolle Geschichte für all jene, die in den letzten 10,
15 Jahren immer wieder auch sehr engagiert darum gekämpft haben, dass das,
was diese Stadt kann, nämlich auch Theater zu machen, noch besser verwaltet,
noch besser gestaltet und noch besser ermöglicht werden kann.
Viele
sind an Theaterreformen in dieser Stadt schon gescheitert - manche aus Angst
und Sorge, andere weil sie einfach nicht wollten. Und ich freue mich sehr, dass
die Anregungen nicht nur von mir, sondern auch schon von meiner Vorgängerin
Friedrun Huemer aufgegriffen worden sind und dass wir jetzt tatsächlich hier
nur ein Jahr nach dieser Sitzung im Büro des Stadtrats, die Ernst Woller schon
angesprochen hat, diese Theaterreform oder diese ersten Zielbestimmungen der Theaterreform
gemeinsam beschließen können.
Das,
was die Studie der drei Kuratoren und Kuratorinnen beschreibt, ist ein Problem,
mit dem wir in vielen politischen Feldern der Stadt zu kämpfen haben: dass,
obwohl Wien eine reiche Stadt und trotz allem eine Stadt ist, in der vieles
passiert, dennoch so oft die Politik der Kunst nachhinkt. Unsere
Instrumentarien der Kunstfinanzierung waren bis jetzt sehr stumpfe und
schwerfällige, und ich glaube, das, worauf wir stolz sein können und worüber
wir uns freuen können, ist, dass wir jetzt Instrumentarien gefunden haben, die
Innovation fördern, die Neues fördern, die Experimentelles fördern und die
damit viel eher der Kunst und dem künstlerischen Schaffen gerecht werden
können.
Lassen
Sie mich auf einige wenige Punkte dieses Theaterleitbilds, die ich für
besonders zentral halte, eingehen. Wir haben in diesem Leitbild
Zielbestimmungen formuliert: das, was wir uns wünschen, wie wir uns vorstellen,
dass sich die Theaterlandschaft in den nächsten
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