Gemeinderat,
37. Sitzung vom 19.12.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 98
hervorgeht, dass zahlreiche Zielsetzungen, die im
Transitvertrag drinnen waren, im Beitrittsvertrag nicht mehr enthalten waren.
Davon betroffen war unter anderem auch das, was Sie gesagt haben, nämlich dass hinsichtlich
des Schienenverkehrs, des Eisenbahnverkehrs kein konkretes Maßnahmenpaket zum
kombinierten Verkehr mehr drinnen war.
Da drängt sich einfach die
Frage auf: Waren die Verhandlungen von Viktor Klima doch nicht so erfolgreich,
wie er gesagt hat? Hätte das Verhandlungsergebnis aus heutiger Sicht nicht
anders ausschauen sollen?
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Bitte, Herr Stadtrat.
Amtsf StR Dipl Ing Rudolf Schicker: Herr Gemeinderat!
Der Verhandlungserfolg oder -misserfolg von
Direktoren von Autowerken in Argentinien ist, glaube ich, heutzutage nicht mehr
das spannende Thema. Ich glaube, man sollte vor allem darüber nachdenken, was
alles in der Koalition zwischen SPÖ und ÖVP nicht funktioniert hat im
Zusammenhang mit der Herstellung von Bedingungen, die notwendig sind, um den
Transitverkehr international glaubhaft als nachteilig für ganze Regionen zu
deklarieren und um auch zu zeigen, dass wir imstande sind, Maßnahmen auf diesem
Gebiet zu setzen.
Ich darf daran erinnern, dass Minister Einem eine Vereinbarung
vorbereitet hatte, die die Zustimmung der EU-Minister gefunden hätte, nämlich
die Brennermaut auf das gesamte österreichische Gebiet zwischen Kiefersfelden
und Brenner auszudehnen, was dazu geführt hätte, dass wir keine Probleme mit
der Brennermaut gehabt hätten, eine volle Mauthöhe hätten erhalten können und
damit die Kosten für den Transitverkehr hätten deutlich hoch halten können. Da
waren es Ihre Parteifreunde aus dem Wirtschaftsbund, die massiv dagegen
opponiert haben. Diese und die so genannte Frächterlobby in Tirol - da gab es
einmal einen Autorennfahrer, dessen Firma besonders an diesem Protest beteiligt
war - haben damals unter Minister Farnleitner verhindert, dass dieser Vertrag,
den Einem schon vereinbart hatte, auch umgesetzt werden konnte. Da sind Sie
unglaubwürdig geworden, da ist Österreich unglaubwürdig geworden gegenüber den
Bayern und den Italienern. Genau diese beiden Staaten, die normalerweise
durchaus Freunde Tirols sind, haben dann am meisten dagegen opponiert.
Der zweite Riesenfehler bei der Lösung des
Transitverkehrsproblems ist natürlich beim Gipfel von Kopenhagen passiert. Dort
hat der Herr Bundeskanzler geglaubt, er kann etwas noch Besseres herausholen,
daher ist ein Kompromiss, bei dem wir uns heute alle zehn Finger abschlecken
würden, wenn wir ihn unterschrieben hätten, dann verfallen. Alle haben gesagt:
"Nicht einmal das habt ihr haben wollen - jetzt habt ihr es, jetzt machen
wir 14 gegen 1!" Dieses Spiel, diese Niederlage, Herr Gemeinderat, ist
tatsächlich ein Waterloo.
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Danke.
- Die dritte Zusatzfrage: Herr GR Dr Madejski.
GR Dr Herbert Madejski (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Es steht unzweifelhaft fest,
dass an dem Vertrag mit Brüssel 1992, der im Protokoll enthalten ist,
SPÖ-Minister maßgeblich beteiligt waren. Ich brauche die Namen nicht mehr zu
erwähnen, weil diese Personen unter anderem in Argentinien sind; andere gibt es
zwar nicht mehr in der Regierung, sie sind aber in Österreich anderweitig beschäftigt.
Der Vertrag hat einen
einzigen Mangel, und das ist der entscheidende, daher kann man einer heutigen
Bundesregierung - egal, wie sie zusammengesetzt wäre - keinen Vorwurf machen.
Der Vertrag hat den Mangel, dass eindeutig das Auslaufen aller Vertragsbedingungen
am 31. Dezember 2003 drinsteht. Es gibt keine vertragliche
Übergangsregelung, und es gibt offensichtlich auch keine Bemühungen - ich
könnte dazu etwas fragen, aber da ich nur eine Frage stellen kann, kommt diese
Frage später. Ich stelle nur fest, dass von 1992, 1993 bis Ende 2001 die SPÖ
hier in Wien Verkehrsstadträte - worauf ich dann bei der Umfahrung Wiens
eingehen werde - beziehungsweise auch die verantwortlichen Minister, sowohl
Finanz- und Verkehrsminister als auch Bundeskanzler, gestellt hat. Da ist in
Richtung Wegekostenrichtlinie und dafür, die europäischen Partner in diese
Richtung zu bringen, eigentlich nichts geschehen. Erst diese Bundesregierung -
und das steht eindeutig fest, wenn man die Protokolle liest - hat 2001 begonnen,
in die Richtung zu arbeiten. Daher: Hier eine Frage zu stellen und so zu tun,
als ob die jetzige Bundesregierung an dem Dilemma schuld wäre, ist wirklich
verfehlt.
Die zweite Verfehlung ist aber in Wien geschehen, und
dazu möchte ich jetzt meine Frage stellen. Das eine ist der Transit, den können
wir derzeit nicht klären, darüber wird es Verhandlungen geben. Das Zweite ist
aber hausgemacht, denn man kannte bereits seit Mitte der neunziger Jahre den
Beitrittstermin der nächsten Kandidaten, im Großen und Ganzen unserer Nachbarn,
und man wusste, dass der Transit anwachsen wird, weil eben dieses
Transitabkommen nicht verlängert wird. Seit 1992 gibt es sozialistische
Stadträte im Verkehr, der Herr Bürgermeister regiert auch schon seit einigen
Jährchen hier in Wien und ist natürlich ebenfalls mit verantwortlich. Man hätte
betreffend eine Umfahrung Wiens, die zumindest eine teilweise Entlastung
brächte, zu planen beginnen können.
Aber erst Sie haben 2002 mit
den Arbeiten am Masterplan begonnen. Darauf sind Sie jetzt stolz, nur ist es
leider relativ spät gekommen und wird erst in den Jahren 2007 bis 2011
Auswirkungen zeigen. Daher frage ich Sie, sehr geehrter Herr Stadtrat: Was hat
die Stadt Wien betreffend eine Umfahrung in den letzten zehn Jahren geplant,
und was ist in den letzten zehn Jahren betreffend die Umfahrung Wiens
herausgekommen?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Bitte, Herr Stadtrat.
Amtsf StR Dipl Ing Rudolf Schicker:
Herr Gemeinderat!
Ich hätte es gerne gesehen, wenn es so gewesen wäre, dass
bis 2001 die Sozialdemokraten den
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