Gemeinderat,
36. Sitzung vom 26.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 38 von 53
US Cross Border Leasing Transaktion für das Rechenzentrum
der Wiener Stadtverwaltung.
Ich bitte Herrn GR Ekkamp, die Verhandlung
einzuleiten.
Berichterstatter GR Franz Ekkamp: Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und
Herren!
Ich ersuche um Zustimmung.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Im Sinne der Ökonomie hat Herr
GR Margulies schon seinen Platz am Rednerpult eingenommen. – Bitte.
GR Dipl Ing Martin Margulies (Grüner Klub
im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Berichterstatter! Sehr
geehrte Damen und Herren!
Lernend aus unserer gestrigen Diskussion, die
deutlich gezeigt hat, dass selbst die mehrfache Wiederholung bei Ihnen in
seltenen Fällen einen Lernprozess auslöst, werde ich heute betreffend Cross
Border Leasing nur ein paar kurze Worte verlieren und keinesfalls die zwanzig
Minuten ausschöpfen, weil ich glaube, es ist vergeblich, wie in den
vorangegangenen Diskussionen auf die grundsätzlichen Punkte im Zusammenhang mit
einer sich immer weiter globalisierenden Welt hinzuweisen und weshalb es von
eminenter Bedeutung gewesen wäre, dass die Stadt Wien nicht das
politischmoralische Gewissen verspielt, gegen Steuerdumping und gegen
Steueroasen aufzutreten. Sie können es in den vergangenen zwei bis drei
Cross-Border-Leasing-Protokollen nachlesen. Sinngemäß wiederhole ich dasselbe,
genau lesen Sie es nach.
Das gleiche gilt für alles, was im Zusammenhang mit
Vorleistungen für den neoliberalen Wettbewerbsprozess steht, wo es selbstverständlich
eines der Hauptinteressen der USA ist, indem sie genau diese Gesetzgebung in
den USA sicherstellt, vor allem in den europäischen Markt, in den Markt von
hochindustrialisierten Ländern, in den Bereich von Dienstleistungen
einzubrechen. Ich erlaube mir deshalb nur noch eine kurze Bemerkung zu dieser
Cross Border Leasing Transaktion. Wir alle wissen, in der Realität ist das ein
Scheingeschäft. Dadurch, dass sich der US-Investor die Steuer abschreiben kann
und diese ein bisschen mit der Stadt Wien teilt, haben wir fast alle etwas
davon. Den amerikanischen Steuerzahlern kann man nicht wirklich unterstellen,
dass sie etwas davon haben, erhöht doch diese Transaktion selbst in den USA die
Wertschöpfung nicht tatsächlich, sondern nur auf dem Papier.
Das Faszinierende an dieser Transaktion ist, dass in
Wirklichkeit das Umfeld, die Einsetzung ins Rechenzentrum, nur eine
Verschleierung dessen darstellt, dass diesmal erstmalig wirklich nur die
Dienstleistung und nicht einmal das Drumherum verleast wird. Das Drumherum
braucht man für die erwähnten Regelkreisläufe. Ich erwähne es jetzt und lese es
aus dem Antrag vor, damit Sie wissen, was Sie verleasen und wieder
zurückleasen. Sie wissen schon, dass Sie es in Wirklichkeit wieder zurückkaufen
werden. Sie wissen es, aber Sie dürfen es jetzt nicht sagen, weil – das wissen
wir alle – das ist geschäftsgefährdend. Sie verleasen an US-amerikanische
Investoren das Wiener Bildungsnetzwerk, alle Funktionen, wo das Rechenzentrum
im Zusammenhang mit Wohnbaudiensten, Wasserverwaltung, Wahlen,
Meldeangelegenheiten zuständig ist, wo das Rechenzentrum im Bereich der
Sozialdienste zuständig ist, wo das Rechenzentrum im Bereich der Buchhaltung
der Stadt Wien tätig ist, wo es um die Personalverwaltung geht, wo es um
Steuerfragen geht. Das verleasen Sie an US-Investoren, die organisatorischen
Kernbereiche einer Stadtverwaltung.
Sie glauben bis heute tatsächlich, dass das der
richtige Weg ist. Das halte ich für dramatisch! Sie kennen die budgetäre
Situation der Stadt Wien und das Umfeld von Blau-Schwarz auf Bundesebene, das
es der Gemeinde Wien in den kommenden Jahre sicherlich nicht leichter machen
wird, die budgetäre Gestaltung sinnvoll vorzunehmen. Schauen wir uns an, um
welche Summen es tatsächlich geht. Wenn wir davon ausgehen, dass die reale
Beendigung des gesamten Vertrags nach ungefähr 17 Jahren stattfinden wird,
dann handelt es sich bei dem Verleasen des Kernbereichs um einen tatsächlichen
zusätzlichen jährlichen Ertrag von 300 000 EUR, über die 17 Jahre
gerechnet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist ein
Hundertachtzigstel von dem, um was sich die Sozialstadträtin Laska im heurigen
Jahr schon bei der Budgetierung geirrt hat. Um dieses Hundertachtzigstel dieses
Irrtums in der Budgetierung gehen Sie das Risiko ein, dass irgendetwas in
diesem Bereich passiert – es gibt Fälle, die aufgezählt sind, was alles
passieren kann – und Wien möglicherweise verpflichtet wird, erhebliche
Mehrkosten zu tragen! Meine sehr geehrten Damen und Herren, das steht sich
nicht dafür! Es steht sich vielleicht irgendwann einmal selbst aus der Sicht
der Sozialdemokratie dafür, wenn die Sozialdemokratie lernt, ordentlich zu
budgetieren, denn dann könnte man sich wirklich einmal anschauen, ob es
notwendig ist, aber bei Ihrer Budgetgestaltung, die gestern in eine
Interpretation der Haushaltsordnung gemündet hat, dass die gesamten
9,3 Milliarden EUR im Sinne der Haushaltsordnung gegenseitig zu
verschieben sind und nur dieser Bereich und nicht die einzelnen Ansätze
abzuschätzen sind, ist es absolut nicht verwunderlich, dass Sie noch immer
diesen Cross Border Leasing Transaktionen zustimmen.
Wir Wiener Grünen bedauern dies und hoffen, dass auch
die Sozialdemokratie früher oder später lernfähig ist und es ein Ende mit
diesen Cross-Border-Leasing-Ge-schichten hat. – Ich danke sehr. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner:
Die Debatte ist geschlossen. Der Herr Berichterstatter hat das Schlusswort.
Berichterstatter GR Franz Ekkamp: Frau
Vorsitzende! Geschätzte Damen und Herren!
Ich darf vielleicht ein paar Erläuterungen zum
Debattenredner sagen, wenn er von Moral gesprochen und das Steuersystem der
Vereinigten Staaten angesprochen hat. Persönlich würde ich so ein Steuersystem,
wenn ich das Recht hätte, abzustimmen, auch nicht machen. Aber das ist etwas
Persönliches. Ich gehe
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