Gemeinderat,
36. Sitzung vom 26.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 53
sieben,
acht, neun derartige Leute - man kann sie "Regierungsbeauftragte"
oder wie auch immer nennen - wirklich etwas verändern können. Wenn ich mir die
Tagesabläufe von Stadträten anschaue, die von 8 Uhr früh bis 22 Uhr
von einem Termin zum anderen jagen müssen, wenn ich mir die Einbindung von
Spitzenbeamten in die Struktur anschaue, die oft den Raum nicht haben, sich
vehement für etwas einzusetzen - da ist die Einbindung von so jemandem, der oder
die ein Projekt mit Leidenschaft vorantreibt, ein ganz wichtiges Konzept, mit
dem, glaube ich, Dinge verändert werden können, was wichtig ist.
Insofern wiederhole ich noch einmal meine Kritik am
Bereich der Ausgliederung, der Auslagerung, der Entdemokratisierung
wesentlicher öffentlicher Bereiche, zu denen auch die Kulturpolitik gehört. Auf
der anderen Seite wünsche ich alles Gute dazu, in der Öffentlichkeit ein
wichtiges Projekt vorzunehmen, wobei ich sicher bin, dass in der Person des
Peter Marboe jemand Richtiger gefunden worden ist, dem ich für seine Arbeit
alles Gute wünsche! - Danke schön. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als
Nächster zum Wort gemeldet ist Herr StR DDr Schock. Ich erteile es ihm.
StR DDr Eduard Schock: Sehr geehrter
Herr Vorsitzender! Frau Berichterstatterin! Meine Damen und Herren!
Ich habe mich zum Wort gemeldet, weil mein Vorredner,
der Herr Klubobmann, die Ausgliederungen in dieser Stadt angesprochen hat und weil
er auch unsere Anträge aus der gestrigen Budgetdebatte angesprochen hat,
nämlich unsere Anträge Zwischenberichte von diesen ausgegliederten Bereichen
einzufordern. Ich habe mich zum Wort gemeldet, weil diese Diskussion eigentlich
das grundlegende Selbstverständnis dieses Hauses, das grundlegende
Selbstverständnis eines jeden einzelnen Gemeinderates berührt.
Es ist ja etwa der Eigentümervertreter bei dieser
Wiener Holding, um die es hier heute geht, der Finanzstadtrat. Es stellt sich
da für uns ganz grundsätzlich die Frage: Wo kann ein Gemeinderat, wo können Sie
als Gemeinderäte hier Ihr Fragerecht geltend machen? Wo können Sie Berichte
einfordern, etwa von den Vereinigten Bühnen, über die wirtschaftliche
Situation, über die Strategie? Der Finanzausschuss ist, weil das eine
kulturpolitische Frage ist, klarerweise völlig inkompetent, aber auf der
anderen Seite ist auch der Kulturausschuss unzuständig, weil diese Vereinigten
Bühnen formal über die Wiener Holding natürlich zum Finanzressort gehören. Es
stellt sich die grundlegende Frage, wie der Gemeinderat sein
Interpellationsrecht, ein grundlegendes demokratisches Recht, in dieser Causa
geltend machen kann. Wir sind damit bei einer ganz grundlegenden Frage des
Selbstverständnisses, vor allem aber auch der Budgethoheit dieses
Gemeinderates.
Meine Damen und Herren! Diese Diskussion ist in
dieser Stunde so aktuell, weil ja in den letzten Jahren durch laufende
Ausgliederungen die Budgethoheit dieses Gemeinderates immer mehr ausgehöhlt
worden ist. Allein in den letzten fünf Jahren hat es in dieser Stadt
Ausgliederungen mit einem Budgetvolumen von insgesamt
6 Milliarden EUR gegeben. Zur Erinnerung, es waren 1999 die Wiener
Stadtwerke, die damit begonnen haben; es war 2000 Wiener Wohnen; es war im Jahr
2002 der Krankenanstaltenverbund, aber auch die Wiener Museen. Im nächsten
Jahr, 2004, soll diese Entwicklung mit dem Fond Soziales Wien quasi
abgeschlossen werden.
Es gibt da natürlich auch einen Wildwuchs an
Rechtsformen. Wiener Wohnen und der KAV sind Unternehmen im Sinne der
Stadtverfassung. In diesen Bereichen gibt es wenigstens noch klare
Vorschriften, da gibt es klare Vorschriften in der Geschäftsordnung, aber auch
klare Vorschriften in den Statuten dieser Unternehmungen über die Rechte des
Gemeinderates. Bei den Kapitalgesellschaften nach dem Handelsrecht, also bei
den Wiener Stadtwerken, aber auch bei der Wiener Holding, gibt es all das nicht
mehr. Bei diesen Kapitalgesellschaften ist unsere Budgethoheit als Gemeinderat
eigentlich bereits vollständig ausgehöhlt. Es gibt daher etwa bei der Wiener
Holding oder bei den Vereinigten Bühnen diese grundlegenden Rechte der
Information, des Interpellationsrechtes eigentlich in der Praxis nicht mehr. Es
ist die Frage: Wie kann dieser Gemeinderat diese Rechte in diesen Bereichen
einfordern?
Meine Damen und Herren! Es macht der Bereich dieser
Ausgliederungen, wie gesagt, insgesamt ein Volumen von
6 Milliarden EUR aus. Das Budget, das wir gestern in diesem Haus
beschlossen haben, hat ein Volumen von 9 Milliarden EUR. Insgesamt
macht also die wirtschaftliche Tätigkeit der Stadt ein Volumen von
15 Milliarden EUR aus, wovon bereits 6 Milliarden EUR, also
40 Prozent, außerbudgetär abgewickelt werden. Bei 40 Prozent der
wirtschaftlichen Tätigkeit der Stadt wird die Budgethoheit dieses Hauses immer
mehr ausgehöhlt, bei 40 Prozent dieser Tätigkeit der Stadt existiert die
Budgethoheit eigentlich nur noch auf dem Papier.
Meine Damen und Herren! Wir haben daher gestern und
vorgestern in dieser Budgetdebatte einen Kontrollschwerpunkt gesetzt. Wir haben
insgesamt sechs Anträge gestellt, um das Bedürfnis dieses Hauses nach
Kontrolle, aber vor allem auch einmal nach Information zu dokumentieren. Wir
haben eine laufende Berichterstattung verlangt: vom
Krankenanstaltenfinanzierungsfonds, von den Vereinigten Bühnen, vom
Bodenbereitstellungsfonds, von den Entsorgungsbetrieben Simmering, aber
natürlich auch von den Wiener Stadtwerken und von der Wiener Holding GmbH. Wir
verlangen diese laufende Berichterstattung durch Quartalsberichte.
Meine Damen und Herren! Quartalsberichte sind in der
privaten Wirtschaft längst eine Selbstverständlichkeit. Ich sage das, weil wir
bereits die Gelegenheit hatten, im Unterausschuss des Finanzausschusses eine
solche Diskussion zu führen, und weil in diesem Unterausschuss das Argument
gebraucht wurde, dass solche Quartalsberichte ein Konkurrenznachteil von
öffentlichen Unternehmen gegenüber privaten Unternehmen sein könnten. Dieses
Argument, meine Damen und Herren,
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular