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Gemeinderat, 36. Sitzung vom 26.11.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 30 von 53

 

durchzuführen und damit für organisatorische Schwerpunkte eine Intendanz einrichten zu können, benötigen die Vereinigten Bühnen Wien GesmbH eine Erweiterung des Geschäftszweiges. Ich ersuche Sie alle, dem zuzustimmen, damit für unsere Kulturmetropole Wien das Mozartjahr 2006 weltweit ein Riesenerfolg wird. - Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr GR Mag Chorherr. Ich erteile es ihm.

 

GR Mag Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Meine Damen und Herren! Herr Vorsitzender! Herr Dr Marboe!

 

In dieser ein bisschen merkwürdige Debatte - ich möchte jetzt nicht auf Frau Polkorab eingehen -, die hin und her wogt zwischen einem Geschäftsstück, über das ich dann sprechen möchte, und einer Zeremonie, die etwas zutiefst Wienerisches hat, möchte ich eine Spur auf den zeremoniellen Teil eingehen, den Herr Görg auch eingebracht hat. Dem Teil stimmen wir doppelt zu, einerseits was Ihre Person betrifft, Herr Dr Marboe, die für uns auch irgendwie die Zwiegesichtigkeit der ÖVP zeigt, gerade was die Kulturagenden betrifft, da Sie in der Tat jemand waren, sind und sein werden - und das ist auch der Grund, warum wir uns öffentlich sehr positiv geäußert haben -, der sich wirklich mit Leidenschaft und Erfolg der Kultur gewidmet hat, um sie zu verbreitern und zu unterstützen. Das ist ein Grund, aus dem wir glauben, dass es viel mehr an solchen Personen und Persönlichkeiten braucht. Darum stimmen wir Ihnen als Person gerne zu und wünschen Ihnen in der Tat alles Gute! Wir werden noch viel miteinander zu tun haben.

 

Ich habe mich aber zu Wort gemeldet, weil es hier eben nicht um eine Zeremonie gehen soll, und in diese Richtung geht auch meine Kritik. Wir stimmen deswegen zu, weil dies einer der ganz wenigen Momente ist, meine Damen und Herren, dass wir hier an diesem Pult über die vielen wesentlichen Agenden der Wiener Holding diskutieren können, ja dürfen. Ich kenne jetzt die Geschichte gar nicht, warum wir hier diese Erweiterung des Aufgabenbereichs des Unternehmens Vereinte Bühnen im Sinne des Motivenberichtes überhaupt diskutieren. Es geht dabei um ganz wesentliche kulturpolitische Entscheidungen, zum Beispiel um die "Nebensächlichkeit", dass in den nächsten Jahren ein paar hundert Millionen EUR ins Theater an der Wien fließen werden - das entnimmt man den Medien -, und in einem quasi zeremoniellen Akt, den ich kritisieren möchte, agiert der Herr Bürgermeister wahrscheinlich mit jenem Stadtrat, der formal zuständig ist, aber heute nicht hier ist. Denn die formale Zuständigkeit der Wiener Holding und insofern auch der Vereinten Bühnen betrifft den Finanzstadtrat. Richtigerweise, weil es um die Sache geht, ist heute der Herr Kulturstadtrat hier. Ich halte das für einen vollkommen indiskutablen Zustand!

 

Daher noch einmal: danke! Vielleicht hat sich der Herr Stadtrat das gewünscht - ich weiß überhaupt nicht, warum so etwas zufällig auf die Tagesordnung flutscht. Normalerweise gibt es ganz wesentliche Unternehmensneugründungen, wesentliche politische Entscheidungen, bei denen es um Steuergeld geht, Geld der Vereinten Bühnen, das hier nirgendwo auftaucht. (GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Genau!) Ich möchte das einmal mehr ganz massiv von allen hier in diesem Haus einmahnen.

 

Sie schütten jetzt den Kopf, Herr Mailath-Pokorny. Sie wissen, dass das stimmt. (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Das muss diskutiert werden!) Allein die Frage der Neupositionierung der Vereinten Bühnen, des Theaters an der Wien, des Ronacher, des Raimundtheaters - weil es zu den Vereinten Bühnen gehört und die Vereinten Bühnen zur Wiener Holding: Wo wird das substanziell in jenem Gremium, von dem wir froh sind, dass wir es haben, diskutiert? - Das ist eine ausgelagerte Geschichte! Darüber möchte ich hier reden.

 

Diskutieren wir ein bisschen über die "Nebensächlichkeiten", um die alle es hier geht. Was die Vereinten Bühnen betrifft, noch einmal die Frage: Soll das ein viertes Opernhaus werden, ja oder nein? Das ist eine wichtige, gute Frage - ich werde sie hier nicht im Einzelnen diskutieren -, aber das ist längst nicht mehr hier zu entscheiden. Das entscheidet präfeudal oder postfeudal, jedenfalls feudal der Herr Bürgermeister! (In Richtung amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny:) Sie werden da sicherlich eingebunden gewesen sein, wahrscheinlich auch der Herr Finanzstadtrat, und man ist froh, vielleicht in irgendwelche informelle Gremien eingebunden zu sein.

 

Aber wissen Sie, was Sie tun? Wissen Sie, was Sie demokratiepolitisch tun? Vielleicht nickt jetzt Herr Kopietz von seinem Demokratieverständnis her. Da kann man dann konsequenterweise sagen: Wozu beraten wir hier überhaupt noch irgendetwas? - Ich halte den Weg, der hier eingeschlagen wird, für extrem bedenklich!

 

Ich habe mir angesehen - im Internet kann man sich das ausdrucken lassen -, was alles für relevante Institutionen in der Wiener Holding neben den Vereinten Bühnen stehen. Die gesamte Diskussion der Beteiligung an der Kabel-TV Wien ist in der Tat eine spannende Diskussion darüber, was man mit einem derartigen Instrument kulturpolitisch, wirtschaftspolitisch und medienpolitisch tun könnte. Ich verlange hier nicht die Wiedereingliederung in den Magistrat. Ich frage nur - wenn wir die letzten zehn Jahre Revue passieren lassen -, was alles über Ausgliederungen der demokratischen Gestaltung - ich lasse die Kontrolle jetzt einmal weg -, der demokratischen Gestaltung im Parlament, einer parlamentarischen Errungenschaft, entzogen wurde!

 

Gestern habe ich es wirklich arg gefunden - das sage ich jetzt ganz bewusst, ich brauche ja hier mein Verhältnis zur FPÖ nicht weiter darzustellen -, dass der richtige Antrag, Quartalsberichte dieser Unternehmen oder etwas Vergleichbares vorzulegen, ein Antrag auf Zuweisung, nicht einmal dafür die Zustimmung der Sozialdemokratie gefunden hat. Ich finde das wirklich arg! Wir werden uns weiter auf die Frage konzentrieren, wie wesentliche Bereiche der Stadt einer demokratischen Gestaltung entzogen werden. (Demonstrativer Beifall bei der FPÖ.)

 

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