Gemeinderat,
36. Sitzung vom 26.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 53
Drogenproblem in Wien wäre überhaupt einfach zu lösen. Die Drogensüchtigen
sollen wir auf die Donauinsel führen, Punkt. Das war seine Aussage. Was er
nicht dazu gesagt hat war, was er dann dort mit den Drogensüchtigen machen
möchte. Das ist nämlich das, was Ihre Fraktion dann immer schuldig bleibt!
Wir wünschen uns auch eines, meine Damen und Herren,
nach dem Motto „Edel sei der Mensch, sittsam und rein“. Das können wir uns
wünschen, nur die Realität schaut halt in vielen Fällen dann anders aus und ich
sage Ihnen das sehr, sehr bewusst. Auch in Ihrer Fraktion saß hier einmal ein
Mitglied des Wiener Gemeinderats, das in seinem persönlichen Bereich erfahren
musste, dass Drogenkonsum und Drogenproblematik vor keiner Tür halt macht, egal
von welcher politischen Partei man kommt und aus welchem gesellschaftlichen Umfeld.
Sie wissen, von wem ich rede: Ihre Abg Arie hat in ihrem Bereich ein Problem
gehabt und das ist leider sehr tragisch ausgegangen und man konnte hier nur
sehr wenig tun!
Was wir tun müssen und wo wir uns gemeinsam bemühen
ist, den Drogenstraßenhandel zu unterbinden. Hier gibt es in der Realität
ständig Kontakt mit dem Dr Alexander David und mit dem Michi Dressel, der hier
mit der Polizei eine vorbildliche Arbeit leistet. Es gibt - auch wenn Ihnen das
nicht passt - eine gute Gesprächsbasis zur Polizeidirektion, zur
Kriminaldirektion, zum Kollegen Horngacher. Schwerpunkt dieser Besprechungen
ist auch, süchtige Händler kriminalpolizeilich zu behandeln, damit man diesen
Missstand auch wirklich tatsächlich bekämpft.
Es gibt dann natürlich ein zweites Problem, das
möchte ich auch nicht abstreiten, und das sind im Bereich der Drogenszene die
herumstehenden Personen und damit das subjektive Sicherheitsgefühl. Hier tut
man etwas und ich darf Ihnen sagen: Hier gibt es mit dem Leiter der
Sicherheitspolizei ebenfalls ständige Kontaktgespräche. Bei einem der Bereiche,
der in der Vergangenheit immer wieder kritisiert worden ist, nämlich der
Bereich in der Kettenbrückengasse, stellt sich heraus, dass die dort
getroffenen Maßnahmen greifen und funktionieren. Hier gab es jahrelang ein
Problem. Seit hier der Bus der Streetworker steht, ist ein friedliches
Nebeneinander zu verzeichnen. Es gibt ständige Gespräche und Abstimmungen mit
der Polizeidirektion, mit den WIENER LINIEN, mit den Streetworkern, mit den
Drogenbeauftragten und mit dem Drogenkoordinator. Da dieses Konzept im Bereich
der Kettenbrückengasse im Prinzip so gut abgelaufen ist, wird es auch auf den
Bereich Karlsplatz und in der weiteren Folge dann auf alle anderen
problematischen Stellen ausgeweitet werden.
Meine Damen und Herren, was ich Ihnen aber noch ins
Stammbuch schreiben möchte, vor allem der freiheitlichen Fraktion, ist:
Wegsperren alleine von Drogensüchtigen hat keinen Sinn, damit verschärft man
nur das Problem. Es hat keinen Sinn, wenn wir hier die Augen verschließen und
sagen: Es gibt halt keine Drogensüchtigen. Es gibt Drogensüchtige!
Mit der Herabsetzung im Suchtgiftmittelgesetz haben
wir eines erreicht: Es werden mehr Leute eingesperrt. Zum damaligen Zeitpunkt
haben die Richter die Ermessensentscheidung gehabt, entweder zu strafen oder zu
therapieren. Ich darf Ihnen sagen, Sie sind mit Ihrer Fraktion hier
mitverantwortlich, dass in den letzten Monaten und Jahren verstärkt zum Bereich
der Strafe gegriffen wird, was uns in der Therapie überhaupt nicht behilflich
ist.
Das hier im Drogenbereich von den mitarbeitenden
Fraktionen im Wiener Gemeinderat gemeinsam erarbeitete Drogenkonzept, aufbauend
auf den neuesten Zielvorstellungen mit den Handlungsfeldern neue Wege in der
Suchtprävention, neue Bereiche Beratung, Behandlung, Betreuung und Ausweitung
der Wochenendversorgung, hat dazu geführt, dass Wien in der gesamten
Europäischen Union einen vorbildlichen Stellenwert in der Drogenprävention
einnimmt, auch wenn Sie das nicht hören wollen! Mit dem Programm „Check it“
sind wir vorbildlich in ganz Europa und das wissen auch alle und Sie wissen es
auch, nur wollen Sie es politisch halt nicht hören!
Diesen erfolgreichen Weg werden wir gemeinsam gehen.
Wenn Sie nicht mitgehen wollen, kann man Ihnen auch nicht helfen! - Danke
schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum
Wort gemeldet ist Frau StRin Mag Vassilakou. Ich erteile ihr das Wort.
StRin Mag Maria Vassilakou (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Verehrte Damen und
Herren!
Den Ausführungen meiner Fraktionskollegin GRin
Susanne Jerusalem in Sachen Drogenpolitik schließe ich mich vollinhaltlich an.
Deswegen möchte ich meinen Auftritt hier nutzen, um eher eine andere Gruppe zum
Wort kommen zu lassen, eine Gruppe, die nämlich im Zusammenhang mit diesen
ganzen Drogendiskussionen immer wieder pauschal verunglimpft wird, jene
10 000 Afrikanerinnen und Afrikaner, die in Wien leben und die in
einem Arbeitskreis, den sie haben - darin sitzen übrigens sämtliche größere Vereine
von Afrikanerinnen und Afrikaner in Wien -, eine gemeinsame Stellungnahme zu
diesem Thema abgefasst haben, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte:
„Politiker und Medien wollen uns immer wieder einreden, dass
afrikanische Drogendealer an der österreichischen Drogenproblematik schuld
sind. Es ist von der nigerianischen Drogenmafia die Rede, die Jungafrikaner
anheuert, nach Europa bringt und sie dort mit Drogenverkauf ihre Schulden
zurückzahlen lässt. Abgesehen davon, ob diese Drogenmafia existiert oder nicht
und ob es einzelne Afrikaner gibt, die mit Drogen handeln, stellt sich dennoch
die Frage, ob die derzeitige Drogenpolitik in Österreich Sinn macht
beziehungsweise wofür sie gut sein soll und wofür sie auf keinen Fall gut ist.
Was durch die derzeitige Drogenpolitik auf keinen Fall erreicht wird ist, dass
es weniger Drogenkonsumenten gibt. Die Politik verabsäumt es hier, das
Expertenwissen von Sozialwissenschaftlern, Medizinern und Therapeuten zu
nützen, um dem gesellschaftlichen Problem des Drogenkonsums nachzugehen. Es ist
sehr schade, dass diese
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