Gemeinderat,
35. Sitzung vom 25.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 47 von 120
Vertreterinnen und Vertreter der Behindertenorganisationen,
die daran mitgearbeitet haben, dass diese Novelle noch immer Mängel, noch immer
gravierende Mängel enthält. Wir werden die Möglichkeit haben, das anlässlich
der Beschlussfassung hier zu diskutieren. Ich kann auch nicht ausschließen,
dass diesbezüglich Initiativanträge oder Abänderungsanträge seitens der GRÜNEN
kommen.
Aber worum es mir hier geht, ist einfach, Folgendes
aufzuzeigen: Gerade diese Novelle zur Bauordnung hätte die Stadt keinen
Groschen Geld gekostet. Sie wäre eine Veränderung, eine strukturverändernde
Maßnahme, die in Wien natürlich viel bewirkt hätte, die aber jetzt nicht
unmittelbar mit dem Budget zusammenhängt. Das heißt, es scheitert nicht an
mangelnden finanziellen Mitteln. Insofern frage ich mich: Woran scheitert es
dann? (GRin Erika Stubenvoll: Es ist nicht gescheitert!) - Es scheitert
daran, dass es niemandem – niemandem, der in der Stadt Einfluss hat - derart am
Herzen liegt, dass er oder sie sich der Sache annimmt und auch durchsetzt, dass
es passiert.
Genauso kann man das auch bei allen anderen Bereichen
feststellen, ob es nun um bauliche Veränderungsmaßnahmen in den Ämtern geht -
zum Beispiel in den Magistratischen Bezirksämtern, wo wir auch gar nicht davon
reden sollten, wie viele davon derzeit wirklich barrierefrei sind - oder um
Verkehrsmittel. (GRin Erika Stubenvoll: Fahren Sie einmal nach Paris, Frau
Kollegin, und benutzen Sie dort die U-Bahn!) In Wien gibt es Gott sei Dank
ULFs, und immer mehr davon fahren, aber - und das ist auch eine uralte
Diskussion - es ist teilweise nicht möglich, sie mit Elektrorollis zu benutzen,
weil die notwendigen Haltestellenkapverbreiterungen oder die
Straßenniveauanhebungen, die man dazu braucht, teilweise fehlen. Und es ist bis
heute nicht möglich, diese zu erhalten! (Widerspruch des GR Karlheinz Hora.
– GRin Erika Stubenvoll: Stimmt nicht!)
Was glauben Sie, was alles nicht möglich ist, es zu
erhalten! - Ich gehöre ja nicht zu denjenigen, die so unpragmatisch wären, zu
sagen: Ich verlange und verlange von hier aus - vollkommen unrealistisch -,
dass sämtliche Stationsbereiche derart umgebaut werden, dass sie für Menschen
mit Behinderungen benutzbar sind! - Ich weiß, dass das nicht sofort geht.
Alles, was ich möchte, ist einfach ein nachvollziehbarer Plan: Wann wird wo was
umgebaut, und bis wann dürfen wir damit rechnen, dass verschiedene Strecken zur
Gänze benutzbar sein werden? - Ist nicht möglich, gibt es nicht, kommt nicht! Alle
Anfragen, die diesbezüglich gestellt werden, werden nicht beantwortet.
Ich möchte hier auch kurz sozusagen eine Parenthese
machen: Da gibt es zumindest einen Bereich, wo wir alle heute zeigen können,
dass uns Politik für Menschen mit Behinderungen sehr am Herzen liegt, und
dieser hat zu tun mit den ÖBB. Auch hier hat man es verabsäumt, sich mit
VertreterInnen von Behindertenorganisationen zusammenzusetzen und zu überlegen,
welche Garnituren, die jetzt für den Personennahverkehr bei den ÖBB benötigt werden,
am besten gekauft werden sollen, denn es gibt jetzt Neuanschaffungen in diesem
Bereich. Und so hat man beschlossen, den "Talent" zu kaufen, der –
siehe, oh siehe! – nicht barrierefrei ist. Man wird es nicht glauben: Im
Jahr 2003, dem EU-Jahr der Menschen mit Behinderungen, kaufen die ÖBB
Garnituren, die nicht barrierefrei sind! - Wirklich, manchmal sitze ich
da ... (Zwischenruf des GR Karlheinz Hora.) - Lieber Kollege Hora, lesen Sie die
Begründung unseres Antrags! Dort ist detailliert aufgelistet, warum und wieso
sie nicht barrierefrei sind.
Und da können wir schon etwas tun: Wir können heute
festhalten, dass die Stadt Wien die Finanzierung von nicht barrierefreien
Garnituren nicht mitträgt - denn dafür braucht man eine Unterstützung seitens
der Länder - und dass darüber hinaus die Stadt Wien niemals irgendwelche
Ankäufe - sei es im eigenen Bereich, sei es im Rahmen von Verträgen - von
Garnituren, die nicht barrierefrei sind, unterstützen wird. - So simpel ist
das! Das ist das Simpelste und das Einfachste, was wir heute beschließen
können. Ich bin gespannt, ob wir es tun.
Ich setze
fort: Fahrtendienst. – Der Fahrtendienst ist seit einem Jahr ohne Verträge. Mir
sagt man, das kann sehr viel Geld kosten, denn ich höre: Falls irgendjemand von
diesen Fahrtenunternehmen auf die Idee kommt, rückwirkend zu sagen: Diese
Tarife sind nicht vertraglich fixiert, ich verlange daher jetzt viel mehr Geld
als das, was ich bis jetzt genommen habe, auch rückwirkend für die Leistungen,
die ich im Auftrag der Stadt Wien erbracht habe!, dann kann es ziemlich teuer
werden. - Auch hier fehlen mir manchmal die Worte, um zu beschreiben, wie das
denn möglich sein kann: Seit inzwischen einem Jahr ist bereits die zweite
Ausschreibung geplatzt. - Ist das jetzt ein Chaos, oder was ist das? Wie ist
das zu bezeichnen im Bereich der Behindertenpolitik?
Gehsteigabschrägungen,
Austattung von akustischen Signalanlagen bei Ampeln et cetera – auf all das
brauche ich gar nicht extra einzugehen. Dafür gilt genau dasselbe, was ich
vorhin gesagt habe. Es geht nicht darum, dass alles gleichzeitig gemacht wird,
es geht darum, dass nachvollziehbar wird: Wann ist was geplant? Wann dürfen wir
womit rechnen? - Auch das ist nicht möglich.
Das Thema Zugang zur Bildung wird ein heißes Thema
werden. Es ist heute bereits angesprochen worden, es war gestern ein Thema, und
ich schätze, es wird auch ein Thema bleiben. Die Einsparungen von Lehrerinnen
und Lehrern in den Schulen gehen auf Kosten und zu Lasten von behinderten
Kindern - das wissen wir alle - und übrigens auch von Kindern der zweiten
Generation. Auch hier fehlen bis dato auf jeden Fall Lösungsansätze oder
Lösungsvorschläge, sodass wir sehen könnten: Was gedenkt die Stadt Wien zu
unternehmen, um das irgendwie von uns abzuwenden – das, was bereits jetzt in
diesem Schuljahr passiert?
Es passiert bereits in Wien, dass behinderte Kinder
im Schulbereich nicht mehr so betreut werden, wie sie betreut werden sollten.
Und was den Zugang zum Beruf betrifft, so ist zu sagen, dass Wien nach wie vor,
auch in diesem Jahr, die Einstellungspflicht, die wir hätten, nicht erfüllt –
und nächstes Jahr wird es ja genauso sein.
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