Gemeinderat,
35. Sitzung vom 25.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 14 von 120
Entwicklungen am Kunstplatz Karlsplatz ist, ein Projekt, das
sicherstellen soll, das dafür sorgen soll, dass beim Namen
"Karlsplatz" nicht zuerst an Drogenszene oder Verkehr gedacht wird,
sondern insbesondere an die einzigartigen kulturellen Einrichtungen, die sich
an diesem Platz befinden. Und das soll durch das Projekt "Kunstplatz
Karlsplatz" viel stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt werden.
Der vierte große Wurf von Andreas Mailath-Pokorny in
seinen ersten zweieinhalb Jahren ist die Entwicklung auf dem Kino- und
Filmsektor. Über Jahre hindurch haben in Wien Kinos zugesperrt. Seit zwei
Jahren gibt es wieder Kinos, die öffnen. Das Gartenbaukino, das vor der Sperre
stand, blüht, das Metrokino, das auch vor der Sperre stand, hat ein wunderbares
Programm, die Urania wurde saniert, neu eröffnet und soll auch wieder das
Zentrum der Viennale werden, das Top-Kino ist als Privatinitiative von
Kinomachern wieder eröffnet worden mit einem sehr interessanten Programm.
All das wurde möglich durch eine gezielte Förderung
der Stadt Wien, wurde möglich durch die Kinoförderung, die nicht nur Programm,
sondern auch Investitionen in den Kinos fördert.
Neben diesem Kinoboom gibt es auch einen Filmboom.
Der Filmboom drückt sich am besten durch die Zahlen der Viennale aus. Die
Viennale, die heuer wegen des großen Andrangs um einen Tag verlängert werden
musste, hat in wenigen Tagen – in 11 Tagen – 75 200 Besucher in
die Kinos gebracht, wobei insgesamt 302 Filme gezeigt wurden. Ebenso
erfolgreich war das 15. Kinderfilmfestival in den letzten Tagen.
Das heißt, wir können in Wien wirklich von einem
Kinoboom sprechen, aber auch von Erfolgen österreichischer Filmregisseure im
internationalen Vergleich. Diese Erfolge des österreichischen Films sind
möglich geworden durch die Wiener Filmförderung, und wir freuen uns über
Erfolge wie jenen von Ulrich Seidl, der heuer den Wiener Filmpreis gewonnen hat
und der beim derzeit laufenden internationalen Dokumentarfilmfestival in
Amsterdam im Mittelpunkt steht.
Diesen Erfolgen der Wiener Kino- und Filmpolitik
steht ein wirklich einzigartiges Desaster der Filmpolitik des Bundes gegenüber.
Die Verantwortung für dieses Desaster trägt einzig und allein Staatssekretär
Franz Morak, der aus rein politischen Motiven das erfolgreiche Team der
Diagonale ausgetauscht und durch eine neue Leitung ersetzt hat, die sich
derzeit mit fast unglaublicher öffentlicher Kritik konfrontiert sieht. Was wir
in den letzten Tagen über die Diagonale lesen und hören, ist einzigartig in der
österreichischen Kulturpolitik. Wir erleben derzeit wirklich einen
Generalstreik der Kreativen gegen Entscheidungen der Bundeskulturpolitik.
Die Politik von Staatssekretär Morak in den letzten
Jahren ist gekennzeichnet von Dialogverweigerung, von Budgetkürzungen, von
Eingriffen im Sinne von Zensur. Ulrich Seidl, der vor kurzem den Wiener
Filmpreis gewonnen hat, beschreibt das im letzten "profil" wie folgt:
"Morak ist besonders begabt, was das Beleidigtsein betrifft. Er hat sich
vor Jahren beleidigt in sein Büro zurückgezogen, und dort ist er immer
noch".
Diese Kulturpolitik des Bundes versteckt sich
tatsächlich. Der Fried-Preis, der vor wenigen Tagen an Robert Menasse übergeben
wurde, wurde erstmals nicht durch einen Politiker übergeben, sondern durch
einen Beamten, und das zeigt wohl schon das gestörte Verhältnis, das zwischen
den österreichischen Kunst- und Kulturschaffenden und dieser Bundesregierung
besteht.
Nichts geht mehr. Das gilt auch für die österreichische
Filmpolitik bei der Diagonale. Und nirgendwo kann man die Unterschiede zwischen
Wien und Bund besser erkennen als im Umgang mit der Film- und Kinoszene, wenn
man vergleicht, wie Wien das löst und wie das die Bundesregierung eben nicht
gelöst hat. (Beifall bei der SPÖ.)
Man könnte noch über viele Punkte der letzten Zeit
reden. Man könnte reden über die Tatsache, dass heuer erstmals erfolgreich
Wiener Wissenschaftstage stattgefunden haben. Man könnte darüber reden, dass
vor kurzem erstmals Wiener Kindervorlesungen stattgefunden haben in Kooperation
zwischen dem Kindermuseum Zoom
und den Wiener Vorlesungen, wo mehr als 400 Kinder an Vorlesungen im
Kindermuseum teilgenommen haben. Man könnte sprechen über die vielfältigen
Aktivitäten Wiens in unseren südost- und osteuropäischen Nachbarländern. Und
man könnte – das möchte ich jetzt auch noch tun – darüber sprechen, wie Wien
mit dem kulturellen Erbe umgeht.
Wir haben vor wenigen Jahren das Stadtarchiv neu
eröffnet in einem spektakulären neuen Projekt in den Gasometern. In diesen
Tagen wurde der Umbau der Räumlichkeiten der Stadt- und Landesbibliothek
fertiggestellt, und ein wichtiges Bauwerk, nämlich ein Tiefspeicher in einem
der Höfe des Wiener Rathauses, ist derzeit in Bau. Dieser Bau des Tiefspeichers
wird noch mehr als ein Jahr dauern. Die Stadt Wien investiert hier insgesamt
mehr als 4 Millionen EUR in das kulturelle Erbe, und das zeigt, dass
Wien tatsächlich anders ist – auch in der Infrastruktur, auch in den
Investitionskosten.
Ich möchte zum Schluss insgesamt allen Beamten und
Beamtinnen danken, ich möchte den Kunst- und Kulturschaffenden danken, ich
möchte aber meine heutige Rede mit einem ganz besonderen Dank schließen,
nämlich einem Dank an den Direktor der Wiener Stadt- und Landesbibliothek, Dr Walter
Obermaier.
Dr Walter Obermaier war 36 Jahre, eigentlich ein
ganzes Arbeitsleben lang, in der Bibliothek beschäftigt, in den letzten Jahren
als Direktor der Bibliothek. Es ist natürlich sehr schön, dass er gerade zu
einem Zeitpunkt in Pension geht, als die Umbauarbeiten so weit abgeschlossen
sind, dass man sich jeden Tag vergewissern kann, wie großartig diese neuen
Räume geworden sind.
Ich möchte dir sehr herzlich danken für diese 36 Jahre in
der Wiener Stadtbibliothek. Ich möchte dir danken für alle Initiativen in den
letzten Jahren als Direktor dieser Bibliothek und für das, was du mit dem Umbau
durchgeführt hast und was du insbesondere noch auf Schiene gestellt hast. Ich
wünsche dir für deine Zeit in der Pension alles, alles Gute, viel Gesundheit,
und
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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