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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 25.11.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 13 von 120

 

und des Kulturstadtrates die Weichen zu stellen für das wichtige Mozartjahr 2006. Denn eines ist ja wohl unbestritten: Jede Stadt definiert sich durch etwas Besonderes, und das Besondere an der Definition und Selbsteinschätzung der Stadt Wien ist zweifellos die Musik, die Kultur. Das sehen nicht nur die Wienerinnen und Wiener so, sondern das sieht auch die ganze Welt so, und das ist auch ganz wichtig.

 

Daher ist für Wien das Mozartjahr 2006 zumindest so wichtig, wie für Graz die Europäische Kulturhauptstadt 2003 war. Wir glauben, dass Peter Marboe eine gute Lösung für diese Intendanz ist, denn es gibt viele Veranstalter, es gibt viele Player – von Holender über Peter Sellers zu Roland Geyer, von den Wiener Festwochen über das Konzerthaus zum Musikverein –, und er wird perfekt zwischen diesen vielen Playern moderieren, er wird das Ergebnis perfekt präsentieren. Er hat uns ja auch heute eine wahre Lektion in staatstragender Rhetorik und in Weltoffenheit erteilt.

 

Wir freuen uns über diese Lösung. Wir fühlen uns auch ein wenig bestätigt darin – und jetzt auch durch ihn bestätigt –, dass wir glauben, dass es durchaus manchmal Sinn macht, wenn jemand aus der Politik in die Kultur wechselt. Er hat das in seiner Zeit als Stadtrat immer in Frage gestellt. Wir haben damals sehr aufwendige Unvereinbarkeitsbestimmungen für die Wiener Festwochen und andere wichtige Kulturinstitutionen der Stadt Wien beschlossen. Niemand sollte von der Politik in die Kultur wechseln, dessen politische Tätigkeit nicht vier Jahre zurückliegt. Wir fühlen uns jetzt mit dieser Entscheidung auch durch ihn bestätigt, dass es immer richtig war und dass es auch möglich sein kann, dass Politiker gute Kulturmanager sind. Er wird das zweifellos auch als Intendant des Mozartjahres sein, und wir freuen uns jetzt schon auf ein erfolgreiches Mozartjahr, das auch durch diese Lösung über allem Parteienstreit stehen sollte.

 

Andreas Mailath-Pokorny ist erst seit zweieinhalb Jahren im Amt, und das ist ein sehr kleiner Teil seiner Zeit als Kulturstadtrat. Daher ist es noch fast verfrüht, zu sagen, wofür er stand, man kann nur sagen, wofür er steht. Andreas Mailath-Pokorny steht für die großen Reformen, für die großen Würfe in der Wiener Kulturlandschaft.

 

Der erste große Wurf ist Andreas Mailath-Pokorny mit der Neuordnung der Vereinigten Bühnen Wien gelungen, mit der Lösung, dass das Theater an der Wien ab 2006 Opernhaus sein soll und dass mit dem Ronacher und mit dem Raimundtheater auch zwei Häuser für Musicals und intelligentes Entertainment zur Verfügung stehen werden.

 

Seit Jahrzehnten haben sich Künstler, Kulturschaffende, Kulturjournalisten und Kulturpolitiker dafür eingesetzt, diese Lösung zu erreichen. Das ist ein großer Erfolg. Andreas Mailath-Pokorny hat mit dieser Lösung bereits jetzt zur Halbzeit den wichtigsten Teil des Arbeitsprogramms der Wiener Stadtregierung erfüllt, und er wird zweifellos mit dieser Lösung in die Geschichte eingehen, er wird Geschichte schreiben. Ich glaube, es wird erst in vielen Jahren erkennbar sein, welche großartige Lösung es ist, dass in dem Haus, das akustisch und auch ästhetisch am besten für Oper geeignet ist, tatsächlich auch Oper gespielt wird.

 

Der zweite große Wurf wird die Reform der Freien Gruppen und der Mittelbühnen in Wien sein. Andreas Mailath-Pokorny wird gemeinsam mit den vier Kultursprechern – und auch das ist einzigartig, dass diese Reform von allen vier Parteien getragen werden soll – eine Theaterreform durchführen, die viel Neues und viel Aufbruch bringen soll.

 

Es wurde im Auftrag der Kultursprecher und des Herrn Kulturstadtrates eine Studie erarbeitet, und diese bescheinigt Wien, dass es keine vergleichbare Stadt gibt, in der es so viele Theater, so viele Produktionen Freier Gruppen und so viel Geld für Theater gibt wie in Wien. Insgesamt sind es 15 Millionen EUR, davon allein 5,6 Millionen EUR für den Bereich der Freien Gruppen. Trotz dieser hohen finanziellen Ausstattung gibt es in diesem Bereich viel Unzufriedenheit, wenig Durchlässigkeit, viel Unspektakuläres und wenig Aufbruch. Und diesen Aufbruch soll diese Theaterreform in Wien bringen.

 

Diese Studie hat auch einen Blick ins Ausland geworfen und hat gezeigt, dass es wichtig wäre, Entwicklungen einzuleiten, die auch überregionale und internationale Bedeutung haben. Diese Theaterreform Best off Vienna für das Off-Theater in Wien soll die Theaterförderung umstrukturieren, weg vom Gießkannenprinzip hin zu einer Förderung, die davon ausgeht, ganz oder gar nicht zu fördern, jedenfalls deutlich bessere Chancen zu bieten durch zwei Förderschienen, durch eine Projektförderung, die eine Theaterkommission entscheiden soll, und durch eine Konzeptförderung, die Initiativen auf vier Jahre möglichst hohe Sicherheit geben soll und die von einer Theaterjury entschieden werden soll.

 

Daneben soll es auch in Anlehnung an erfolgreiche ausländische Modelle Koproduktionshäuser für das Freie Theater geben, wodurch Freie Gruppen besser mitspielen können im internationalen Wettbewerb, wie das beispielsweise auch die Berliner Sofiensäle und die Zürcher Gessnerallee gezeigt haben.

 

Es findet laufend eine intensive Diskussion mit den Kuratoren, mit den Kultursprechern der Parteien, mit den Betroffenen in der Szene statt, sodass wir glauben, dass das eine Theaterreform ist, die nicht nur sehr gute Ergebnisse bringt, sondern auch sehr breit unterstützt wird.

 

In diesem Sinne wollen wir auch noch im Dezember dieses Jahres ein Leitbild für die Wiener Theaterlandschaft im Gemeinderat beschließen, sodass diese große Reform – das ist wahrscheinlich die größte Reform, die es in der Theatergeschichte in den letzten 40 Jahren gegeben hat – im Gemeinderat abgesichert werden soll.

 

Der dritte große Wurf der Zeit des Kulturstadtrates von Andreas Mailath-Pokorny ist die Neustrukturierung des Wien Museums. Das Wien Museum hat nach der Ausgliederung inhaltlich wie optisch mit einer neuen Linie gestartet, mit besserem Zugang, und es hat bewiesen, dass das Wien Museum ein Motor für die

 

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