Gemeinderat,
35. Sitzung vom 25.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 7 von 120
eigentlich nicht formulieren. Wir in der Kulturpolitik
können doch immer nur Ermöglicher sein. Den Offenbarungseid des täglichen
Kunsterlebens in den Museen, in den Galerien, in den Opernhäusern, in den
Theatern, den, meine Damen und Herren, können, wenn der Vorhang aufgeht, wenn
es Dunkel wird, immer nur die Künstlerinnen und Künstler leisten. Von ihnen
allein hängt es letztlich ab, ob in diesem Moment Wien wirklich Musik- oder
Theaterstadt ist.
All denen, die es uns ermöglichen, ohne Schamröte im
Gesicht von Wien als Theaterstadt, als Musikstadt, als Stadt der bildenden
Künste, als Stadt des Tanzes, des Films zu sprechen, meine Damen und Herren,
all denen sollten wir von hier aus auch immer wieder einen aufrichtigen Dank
zum Ausdruck bringen. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich halte auch nichts davon, alte Ressentiments – und
da weiß ich mich hoffentlich einig mit allen Fraktionen in diesem Haus –
zwischen der Bundeshauptstadt und den Bundesländern zu wecken oder zu
verstärken. Genauso, wie wir in Wien uns freuen über die herrliche Kunst, über
alles, was an tollen Dingen in den Bundesländern entsteht und geschaffen wird,
genauso stolz sollte ganz Österreich auf das sein, was von Wien aus an herrlicher
Kultur in die Welt hinausgegangen ist. (Beifall bei der ÖVP.)
Auch die großen Fragen der Stadtästhetik, der
Architektur, der Kunst im öffentlichen Raum gehören hier erwähnt. Der
Karlsplatz ist längst schon Metapher geworden für die Schwierigkeiten, die es
auf diesem Gebiet gibt und mit denen sich schon Busek, Mauthe und Nenning in
ihren beiden legendären Schönheitsmanifesten intensiv befasst haben. Ich würde
mir eine gesetzliche Grundlage wünschen, sowohl für Kunst am Bau als auch für
Kunst im öffentlichen Raum, weil ich überzeugt bin, dass davon wertvolle neue
Impulse ausgehen würden.
Einem, der sich gerade dafür auch mit großem
Engagement eingesetzt und der auch das konstruktive Koalitionsklima
entscheidend mitgeprägt hat, dem möchte ich hier besonders danken. Gleich
zweimal hat er mich zum Stadtrat berufen. Vielen Dank, Bernhard Görg. (Beifall
bei der ÖVP.)
Jetzt ist es ja nicht so, dass sich das alles so
einfach abspielt in einer Koalition – das scheint dann vielleicht so, wenn man
die gemeinsamen Beschlüsse nach außen hin vertritt –, da gab es ganz schöne
innere Auseinandersetzungen und Kämpfe. Aber alles in allem ist das gesamte
Koalitionsklima als ein sehr positives rübergekommen. Manchmal lösen sich Dinge
auch, ich möchte fast sagen, anekdotisch.
Ich wurde einmal vom Klub beauftragt, mit dem Herrn
Bürgermeister zu diskutieren, wie das eigentlich mit den politischen
Schulbenennungen ist, also ob es wirklich gescheit ist, Schulen nach Politikern
zu benennen und nicht, wie ich das sehe, nach Künstlern, Wissenschaftlern,
einfach, um auch da Signale zu setzen. Es ging um den Vorschlag eines großen
Bezirkes, eine Schule nach Bruno Kreisky zu benennen, also
Bruno-Kreisky-Schule. Ich saß mit dem Herrn Bürgermeister zusammen und habe
darauf hingewiesen, dass wir so viele Wissenschaftler und so viele tolle
kreative Geister haben und dass die Kinder bei ihrer Ausbildung sich doch
primär an denen orientieren sollten. Dann habe ich mir gedacht, jetzt habe ich
sozusagen das wirklich schlagende Argument, und sagte zu ihm: Jetzt einmal ganz
ehrlich, Herr Bürgermeister, würden Sie Ihren Sohn gerne in eine
Julius-Raab-Schule schicken? Da schaut er mich an und sagt: Ich war in einer
Julius-Raab-Schule (Heiterkeit. – GR DDr Bernhard Görg: Und das ist das
Ergebnis! -) in St. Christophen.
Also so lösen sich Probleme auch. Es hat dann zur
Folge gehabt, dass diese konkrete Frage natürlich als gelöst galt, aber
immerhin von da ab der Entschluss gefasst wurde, nach Möglichkeit primär
Geistesgrößen, also große Wissenschaftler und kulturelle Vorbilder zu bedenken,
wenn es um Schulbenennungen geht.
Meine Damen und Herren! In Zeiten budgetärer Engpässe
beginnt man natürlich auch gerade während einer Budgetdebatte über alternative
Finanzierungsmöglichkeiten nachzudenken. Ich möchte jetzt schon sehr deutlich
sagen, mir geht es dabei nicht – gerade weil ich beide Systeme gut kenne – um
eine Amerikanisierung des öffentlichen Subventionssystems in Österreich oder
eigentlich in ganz Kontinentaleuropa, aber mir geht es wirklich darum, einen
Türspalt aufzumachen, um neue Geldquellen zu erschließen. Natürlich geht es
dabei ganz konkret um die Steuererleichterungen im Kultur- und Kunstbereich.
Die Vorteile liegen doch auf der Hand: Erstens ist zu
hoffen, dass dadurch wirklich ein bisschen mehr Geld hereinkommt; zweitens
würden Abhängigkeiten verringert und der Kreis der Unterstützungswilligen
größer; drittens würden die steuerlichen Abwicklungsläufe vereinfacht; viertens
– und genauso wichtig – würden dadurch die Bindungen einzelner an die von ihnen
unterstützten Institutionen größer werden. Denn jeder, der einmal ein Theater
oder ein Konzerthaus oder ein Tanzinstitut mit gerettet hat, der hat dazu eine
ganz andere Beziehung, als wenn er mit dem Gefühl lebt, es macht ohnehin alles
der Staat.
Deshalb möchte ich auch an die Bundesregierung
appellieren – das steht ja in einem Passus der Regierungserklärung –, nicht nur
zu prüfen, was in diesem Bereich möglich ist, sondern alles zu tun, damit es
nicht bei der Prüfung bleibt, sondern wir sehr bald eine gesetzliche Grundlage
für solche Möglichkeiten in Österreich haben.
"Die Kunst erleidet Fall und Schmach, läuft sie der
Gunst des Volkes nach", heißt es in den Meistersingern. Es geht nicht ums
wechselseitige Nachlaufen, sondern es geht um einen von Respekt getragenen
Dialog, sowohl in der Politik als auch zwischen Politik und Kultur, meine Damen
und Herren, genauso wie es, wenn ein Theater Erfolg haben will, um den Dialog
zwischen den beiden Ensembles in diesem Haus geht, nämlich dem Ensemble im
Bühnenbereich und dem Ensemble im Zuschauerraum. Erst wenn dieser Brückenschlag
zwischen den beiden Ensembles gelingt, dann ist auch ein Theaterabend geglückt.
Das hat niemand Geringerer als
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