Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 87 von 134
beschreiten und die Republik Österreich klagen, weil hier
einfach Rechte, die ohnedies in der Europäischen Union rechtlich fixiert worden
sind, nicht eingehalten werden. Also ich muss Ihnen sagen eine solche
Personalpolitik, wie sie im Bund gemacht wird - immerhin bin ich 25 Jahre
Personalvertreter -, würde ich mir in Wien nicht wünschen, weder vom
Dienstrecht und vom Pensionsrecht noch vom Rausschmeißen, wie es manchen
Bundesbediensteten in letzter Zeit leider selbst ergangen ist! (Beifall bei
der SPÖ.)
Vorsitzende GRin Heidemarie Unterreiner:
Frau Stadträtin, jetzt wären Sie an der Reihe. Ich frage Sie, ob Sie jetzt
als Berichterstatterin sprechen wollen?
Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Sehr geehrte
Damen und Herren!
Es wurde festgestellt, mein Ressort ist sehr groß und
vielfältig. Ja, das stimmt. Und es ist sehr schwer, in relativ kurzer Zeit auf
die verschiedenen Bereiche einzugehen. Auch mir wird es nicht gelingen, auf
alle angesprochenen Fragen einzugehen. Ich werde mich bemühen, mich auf die
wichtigsten zu konzentrieren. Dass dazu vor allem die Frauenpolitik gehört,
wird Sie ja nicht überraschen. Ich möchte deswegen zu Beginn auf die beiden
Kolleginnen der Oppositionsparteien Vana und Lakatha eingehen, die einige
kritische Äußerungen ausgesprochen haben.
Ich glaube, wir alle wissen, dass das Budget der
MA 57 nicht das Budget ist, das in dieser Stadt ausschließlich für
Frauenpolitik zur Verfügung steht. Ich würde mich auch sehr dagegen verwehren.
Wir haben das schon öfters diskutiert. Natürlich hat die MA 57 eine
unglaublich wichtige Aufgabe, die der Lobbyarbeit für Frauen, die der
Subvention und der Unterstützung und der Förderung, die der ganz besonderen
Unterstützung von Pilotprojekten. Aber ich würde mich sehr dagegen verwehren,
wenn Frauenpolitik in dieser Stadt auf das Frauenbüro der Stadt Wien reduziert
werden würde, ganz im Gegenteil. Und das wissen Sie, liebe Kollegin Lakatha und
liebe Kollegin Vana, auch ganz genau, dass wir in vielen anderen Bereichen,
gerade im Sinne des Gender Mainstreamings, aber auch der Frauenförderung, die
eine Aufgabe des Dienstgebers, der Dienstgeberin ist, sehr aktiv für und mit
Frauen arbeiten.
Sie haben ja selber ein Beispiel genannt, indem Sie
über den Wiener Arbeitnehmerinnenförderungsfonds gesprochen haben, der nun
beileibe keine Unterabteilung der MA 57 ist, sondern das wichtige zentrale
beispielhafte Instrument, das sich die Stadt geschaffen hat, um hier
arbeitsmarktpolitisch Einfluss nehmen zu können. Und gerade dieser WAFF hat
jetzt nicht neu begonnen, sich besonders um Frauen und arbeitsmarktpolitische
Maßnahmen zu bemühen, sondern diese Tätigkeiten sind eine Fortsetzung von dem,
was seit vielen Jahren an frauenpolitischen Maßnahmen passiert. Wir mussten
jetzt, weil auch in diesem Bereich die Bundespolitik in vielen Maßnahmen leider
auslässt, zusätzlich in die Tasche greifen, um, wie in vielen anderen
Bereichen, auch noch zusätzliche Mittel in die Hand zu nehmen. Aber natürlich
ist diese Arbeit des WAFF, die ich wirklich ausdrücklich auch loben möchte, aus
Sicht einer Frauenstadträtin eine Fortsetzung und Intensivierung dessen, was
schon seit vielen Jahren passiert.
Und natürlich stimmt es: Auch in Wien kämpfen wir mit
dem Problem, dass es nach wie vor Einkommensunterschiede zwischen Männer und
Frauen gibt. Es sind zwar in Wien nur – nur unter ganz dicken Anführungszeichen
– 25 Prozent, während es Österreich weit über 30 Prozent sind, und
das ist kein Zufall, aber es sind trotzdem um 25 Prozent zuviel. Aber was
sind denn die Ursachen, sehr geehrten Damen und Herren? Es sind zwei ganz
zentrale Ursachen, weil Frauen leider noch immer in vielen Bereichen tätig
sind, die weniger Einkommen haben und weil wir schon bei den Mädchen sehen,
dass sie sich nach wie vor, wenn wir uns nur die Lehrlingsstatistiken
anschauen, so über die Hälfte für drei sehr traditionelle Lehrberufe
entscheiden, ehrenwerte Berufe, aber nicht die einkommensstärksten und nicht
die zukunftsorientiertesten. Über 50 Prozent der Mädchen entscheiden sich
nach wie vor für den Lehrberuf der Verkäuferin und des Bürohandelskaufmanns, in
diesem Fall Bürohandelskauffrau oder dazu, den Beruf der Friseurin zu
ergreifen.
Ja darum sind wir gerade in diesem Bereich so aktiv.
Darum gibt es einen Wiener Töchtertag, den wir nächstes Jahr noch größer und
noch mehr ausbauen werden, weil es eine einmalige Gelegenheit ist, hier
Bewusstsein zu schaffen, und zwar sowohl bei den Unternehmungen als auch bei
den Eltern. Darum haben wir ein Frauenbarometer in Auftrag gegeben, das genau
analysiert, wie die Berufsentscheidungen bei Mädchen laufen. Und wir wissen,
dass es nach wie vor überwiegend die Eltern sind, die den Einfluss auf die
Entscheidung haben. Deswegen machen wir den Töchtertag der Unternehmungen, weil
die beste Entscheidung eines Mädchens, das sagt, ich will Mechanikerin werden,
nützt mir nichts, wenn die Firma sagt: Tut mir Leid, wir haben keine Duschen
für Mädchen, wir nehmen die nicht.
Das heißt, wir brauchen die Unternehmungen, die
mitmachen. Wir brauchen die Eltern, die mitmachen, weil das engagierteste
Mädchen wird demotiviert, wenn die Eltern sagen: Nein das ist kein Job für ein
Mädchen, da wirst ja schmutzig, und es von der Entscheidung abbringt. Und wir
brauchen die Mädchen selber. Deswegen ist - und der Töchtertag ist ja nur ein
Beispiel dafür - das eine unserer Initiativen, die wir setzen, um Mädchen in
der Berufsentscheidung positiv zu beeinflussen und weil wir wissen, dass es
einen entscheidenden Punkt in der Karriere von Frauen gibt, wo sie den
Anschluss verlieren und wo die Einkommensunterschiede neben der Frage der
Berufsentscheidung besonders begründet werden, die sogenannte Babypause. Das
ist der Bereich wenn die Frauen, nachdem sie beim Kind zu Hause geblieben sind,
den Wiedereinstieg nicht mehr schaffen oder in der Zeit, wo sie zu Hause sind,
die männlichen, gleich qualifizierten Kollegen an ihnen vorbeiziehen.
Deswegen kritisieren wir das Kindergeld und nicht, weil wir
grundsätzlich dagegen sind, dass die Frauen Unterstützung bekommen. Nein, ganz
bestimmt nicht.
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