Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 47 von 134
"Soziales Wien" mit der von Ihnen vorgelegten
Struktur in Wirklichkeit der Einstieg ist, das jetzt bestehende Sozialsystem zu
zerschlagen, ohne die Sicherheit zu haben, dass tatsächlich etwas Besseres
nachkommt. Denn wenn wir uns die wirtschaftspolitischen und gesellschaftlichen
Entwicklungen der vergangenen 20 Jahre ansehen, dann steht zu befürchten,
dass jetzt der Fonds "Soziales Wien" der Einstieg in den Ausstieg des
Sozialsystems in Wien ist.
Das lehnen wir ab, und deshalb lehnen wir die
Ausgliederung des Fonds "Soziales Wien" ab. Deshalb wäre es in
Wirklichkeit notwendig, dass sich die Stadt Wien überlegt, wie sie
Sozialleistungen und Gesundheitsdienstleistungen langfristig sicherstellen
kann. Ich hoffe, dass mit den jetzt vorgelegten Entwürfen noch nicht aller Tage
Abend ist und dass auch in der Sozialdemokratie ein Umdenken beginnt. Sonst ist
dieses Budget wahrscheinlich das letzte, bei dem wir im Wiener Gemeinderat
tatsächlich noch über solche Entscheidungen reden dürfen.
Ich komme jetzt zur Wirtschaftsförderung im
Einzelnen, Ansatz 7822. Es ist ja bezeichnend, dass man sich das tatsächlich
hineinzuschreiben traut. Wir alle reden von Forschung und Entwicklung, von
Innovation et cetera, und dann steht da: "Für Ausgaben auf Ansatz 7822
werden rund 99,7 Millionen EUR bereitgestellt." Jetzt lassen wir
die Darlehen für Investitionsförderung von 23,1 Millionen einmal weg und
schauen uns nur an, was das ist, wo tatsächlich die Millionen hinfließen, um
die Struktur in der Wirtschaftsförderung zu verändern.
Kollegin Wehsely - sie ist momentan nicht im Saal -
hat heute in ihrem Debattenbeitrag die Erhöhungen im Frauenbereich und auch in
vielen anderen Bereichen genannt. All diese Erhöhungen und all diese Summen
zusammen, die sie genannt hat, machen weniger aus als das, was im Bereich der
Wirtschaftsförderung für die Förderung von Parkgaragen verwendet wird. Welch
"innovatives" Wien! 22,9 Millionen EUR an Zuschüssen für
Garagenförderung - aber für Innovation, Forschung und Entwicklung haben wir
5,5 Millionen EUR geholt, ein Viertel davon, obwohl alle betonen, wie
wichtig das ist! Für die Aktionen zur Förderung von Innovationen in Wien:
7,8 Millionen. "New Technology"-Zukunftsprogramme:
1,1 Millionen. Rechnen wir diese Sachen zusammen, und wir erkennen: Die
Zukunft der Stadt Wien liegt im Betonieren, aber nicht in Forschung und
Entwicklung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das lehnen wir
ab, und wir hoffen doch sehr, dass sich im Bereich der Wirtschaftsförderung
hinkünftig das widerspiegelt, was im Übrigen von allen Teilen der
Stadtregierung immer gepredigt wird: Unser Hauptaugenmerk liegt auf der
Entwicklung, auf der Forschung, auf der Bildung. - Bei der Wirtschaftsförderung
ist das nicht nachzulesen. Bei der Bildung ist es nicht nachzulesen, und auch
bei anderen Budgetposten ist es nicht nachzulesen.
Ich erlaube mir abschließend eine Bemerkung -
abschließend, weil ich mir denke, dass es vielleicht die Diskussion belebt,
wenn alle ein bisschen kürzer reden. (GR Franz Ekkamp: Ja!) Ja, dann
aber alle, und eine belebende Diskussion, was bedeuten würde, Herr Kollege,
dass die Stadträte und Stadträtinnen, die Stadtregierung hier wäre, auch mehr
GemeinderätInnen insbesondere von Ihrer Fraktion im Saal wären, weil Sie ja
immerhin die absolute Mehrheit haben. (GR Franz Ekkamp: Wir sind eh kurz!)
Ich erlaube mir eine abschließende Bemerkung.
Vielleicht sollten, um zukunftsorientiert zu denken,
die Finanzausgleichsverhandlungen, die kommendes Jahr wieder anstehen, zunächst
einmal fraktionsübergreifend besprochen werden. Mich wundert es immer, dass
seitens der sozialdemokratischen Fraktion im Nachhinein die Anschuldigung an
die ÖVP kommt: Ihr tut nichts, et cetera. - Vielleicht sollten wir im Finanzausschuss
gemeinsam Grundüberlegungen, wie die Stadt Wien in
Finanzausgleichsverhandlungen gehen sollte, erörtern, entwickeln und vielleicht
auch auf eine Basis stellen, die eine Grundlage für die Verhandlungen des Herrn
Finanzstadtrats bietet. (GR Friedrich Strobl - in Richtung ÖVP deutend -:
Die wollen ja nicht!)
Dies bedeutet allerdings - und das sage ich gleich
dazu - als erster Punkt, dass man natürlich korrekt budgetieren muss. Der
zweite Punkt, der hinzukommt - das ersuche ich jedenfalls zu berücksichtigen -,
betrifft Förderungen im Bereich Wirtschaftsförderung und arbeitsmarktpolitische
Maßnahmen. Gegenwärtig ist die Situation ja absurd - überhaupt bei Bestehen des
innerösterreichischen Stabilitätspaktes -, dass jede einzelne Ebene, die
wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen setzt, sich in Wirklichkeit
schadet. Insbesondere in Wien: Wenn Wien, sagen wir, 1 Milliarde EUR
für wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen ausgeben würde - eine
enorme Summe! -, würde nur ein Bruchteil davon im Zuge des Finanzausgleichs
wieder zurückkommen, gleichzeitig aber das Defizit der Stadt Wien erheblich
erhöhen!
So geht es in Wirklichkeit jeder eigenen
Körperschaft. Das heißt, man müsste sich im Rahmen des Finanzausgleiches
überlegen, wie sichergestellt werden kann, dass, wenn eine Region, eine
Gemeinde, ein Bundesland wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen
setzt, dies der Körperschaft, dem Bundesland auf budgetärer Ebene keinesfalls
zum Nachteil gereicht. In diesem Sinne gilt es meines Erachtens, Modelle zu
entwickeln, weil es sonst bundes-, landes- und gemeindepolitisches Stückwerk
bleibt.
Um in Wirklichkeit die jetzt bestehende, sagen wir einmal,
Aufschwungphase, diese ganz leichte Aufschwungphase zu nutzen, bedarf es
selbstverständlich neben einer sinnvollen Steuer- und Umverteilungspolitik -
die nicht unbedingt ein Senken der Steuer- und Abgabenquote bedeutet, sondern
vielmehr eine sozial gerechte Steuerumverteilung -, bedarf es neben einer
Arbeitszeitverkürzung, die sicherstellen könnte, dass tatsächlich mehr Menschen
in den Erwerbsarbeitsprozess eingegliedert werden, vor allem einer abgestimmten
Wirtschaftspolitik, einer abgestimmten Investitionspolitik, die nicht
gegeneinander ausspielt, sondern eines bedeutet:
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