Gemeinderat,
34. Sitzung vom 04.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 69 von 99
dass jetzt für 2004 im Rechnungsabschluss sowohl im Rahmen
der allgemeinen Sozialhilfe als auch im Rahmen der Behindertenhilfe sogar noch
weniger finanzielle Mittel budgetiert werden, als für 2002 ausgeben werden.
Frau Stadträtin und Herr Finanzstadtrat Rieder, weil
Sie daneben sitzen, ich sage es Ihnen ganz offen, Sie budgetieren falsch, Sie
budgetieren bewusst falsch, und Sie versuchen, alles mögliche zu tun, damit
diese Vertuschung nicht auffällt. Wenn man den Anspruch an sich stellt,
redlicher zu sein als diese blau-schwarze Bundesregierung, dann ist das meines
Erachtens ein politischer Skandal.
Ich hoffe sehr – auch wenn ich nicht daran glaube –,
dass dieser Budgetvoranschlag 2004, der für heuer vorliegt, im Rahmen der
gemeinsamen Sitzung von Finanzausschuss und Stadtsenat, im Rahmen der
Gemeinderatsitzung mittels Abänderungsanträgen noch in einer Art und Weise
verändert wird, dass insbesondere im Sozialbereich den notwendigen budgetären Vorsorgen
Rechnung getragen wird. Denn es kann nicht sein, das alle ExpertInnen von einem
Ansteigen der Sozialhilfe reden, es kann vor allem auch nicht sein, dass
SozialhilfebezieherInnen das zweite Jahr hintereinander keine Erhöhung
bekommen, dass sich der Richtsatz der Dauerleistungen immer weiter vom
Ausgleichszulagenrichtsatz entfernt – und dies in einer Stadt, welche angeblich
eine Stadt mit einem sozialen Gewissen ist. (Amtsf
StRin Mag Renate Brauner: Nicht nur angeblich!) Es kann nicht sein, dass
Vereine, die im Bereich der Betreuung für Menschen mit Behinderungen tätig
sind, die notwendige Arbeit für die Stadt Wien leisten, um ihr Geld zittern
müssen, um ihre Erhöhungen zittern müssen und in Wirklichkeit auch fürchten
müssen, dass ihre Abrechnungen für Leistungen, die noch im Jahr 2003 erbracht
wurden und permanent erbracht werden, nicht bezahlt werden.
Gegenwärtig ist budgetär keine Vorsorge getroffen, es
fehlen 16,8 Millionen EUR im Bereich der Behindertenhilfe. Ich weiß, es
gibt jetzt im kommenden Sozialausschuss eine Nachdotation über
8 Millionen EUR für die Arge
Wohnplätze. Ich verweise nur darauf, dass diese Nachdotation die Nachdotation
für 2003 ist, wir aber im Zuge des Jahres 2003 alleine im Finanzausschuss – StR
Rieder wird mich korrigieren – rund 120 bis140 weitere Wohnplätze für das
Ausbauprogramm ARGE Wohnplätze bis Ende 2003 beschlossen haben. Auch das wird
zum Teil 2004 schlagend werden und findet überhaupt keinen Niederschlag im
Budgetvoranschlag, der seit heute vorliegt.
Frau Stadträtin! Wenn man diese budgetären Zahlen
ernst nimmt, dann bedeutet das, dass Sie in Wien einen Sozialcrash verursachen.
Betroffen davon sind die Ärmsten, betroffen davon sind Menschen mit
Behinderungen, betroffen davon sind Flüchtlinge, betroffen davon sind
Obdachlose. Das haben Sie zu verantworten, insbesondere, wo Sie selbst in der
geplanten Ausgliederung ... (GRin Mag Sonja Wehsely: Sag, glaubst du das,
was du da sagst?) Ich mache mit dir nachher gerne ein Privatissimum und
zeige dir diese Sache. (GRin Mag Sonja
Wehsely: Ja, aber glaubst du das alles?) Ich weiß es, ich glaube es nicht,
ich weiß es. Das ist der große Unterschiede zwischen Sonja Wehsely von der
Sozialdemokratie und Martin Margulies von den GRÜNEN. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Die Zahlen, die ich genannt habe, sind belegbar, und
mit jeder Nachdotation, die nach und nach erfolgt, und mit jedem Strich im
Budget, der nachzuvollziehen ist, wird klar, dass Susanne Jerusalem, Maria
Vassilakou und ich, was die Zahlen angeht, Recht haben. Seit September 2003
haben wir Ihnen gesagt, was fehlt, Sie haben es immer bestritten, und nur dann,
wenn Sie nicht mehr auskommen, dotieren Sie wieder ein Stückchen nach.
Diese Geschäftsgebarung ist unlauter, diese
Geschäftsgebarung zeichnet sich auch im Budgetvoranschlag 2004 ab, diese
Geschäftsgebarung mit Ihren eigenen persönlichen Ambitionen, Sozialabbau zu
betreiben, Frau Stadträtin, ist eigentlich nur eines wert: eine
Rücktrittsaufforderung.
Ich hoffe daher, dass Sie verantwortungsbewusst genug
sind, die Anfragen im Sinne der Dringlichen Anfrage – auch als Instrumentarium
der Opposition – ordnungsgemäß zu beantworten und nachher zu erklären, dass Sie
für den Posten nicht mehr länger zur Verfügung stehen. – Ich danke sehr. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Die
Begründung ist somit erledigt.
Zur Beantwortung der Dringlichen Anfrage hat sich die
Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Bildung, Jugend, Soziales,
Information und Sport zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
VBgmin Grete Laska: Frau Vorsitzende!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Zu der Dringlichen Anfrage der GRÜNEN lassen Sie mich
zuerst darauf hinweisen, dass offensichtlich schon im Titel ein Fehler steckt.
Danke für den Hinweis der Frau GRin Kato. Es ist ein Rechtschreifehler, vermute
ich. Es heißt nämlich nicht "Sozialabbau findet Stadt", sondern
richtigerweise müsste es heißen "Sozialabbau findet Staat" – S, t,
Doppel-a, hartes t –, dann wäre diese Dringliche Anfrage begründet. Denn
"Stadt" findet sie sicher nicht.
In der Stadt ist es jedenfalls so, dass ganz klar ist – ich
bin Ihnen dankbar für Ihre Analyse, die Sie da jetzt gerade abgeliefert haben,
auch vom Zeitablauf her –, wie Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten
Entscheidungen fällen: in Erkenntnis von Notwendigkeiten, in Erkenntnis von
Entwicklungen, in Erkenntnis von Auswirkungen von Maßnahmen, die von anderen
Gebietskörperschaften gesetzt werden, die politische Entscheidungen treffen,
die da lauten: Man kommt mit den budgetierten Mitteln nicht aus, es steigen die
Zahlen der Bedürftigen in allen Bereichen – das ist hinlänglich argumentiert
worden, auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen –, und deshalb wird
nachdotiert. Verantwortungsbewusst, gemeinsam mit all denen, die dafür zuständig
sind, wurde bereits nachdotiert, und das, was Sie jetzt sowohl im Ausschuss als
auch hier im Haus sukzessive
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