Gemeinderat,
34. Sitzung vom 04.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 53 von 99
und auf die Mängel, die dieser Masterplan aufweist, auch
deutlich hinweist. (Beifall bei der FPÖ.) So mögen viele Radfahrer wohl
sportlich sein, aber wenn sie nie einen Führerschein gemacht haben, kann man
bei ihnen die Verkehrsregeln wohl auch nicht voraussetzen. Daher grenzt für
mich - ich sage es noch einmal - diese im Masterplan geplante Maßnahme schon an
Allgemeingefährdung.
Leider trifft man auch immer wieder auf nicht
entsprechend der StVO ausgestattete Fahrräder: keine Klingel, kein Licht;
rücksichtloses, viel zu schnelles Fahren auf Mehrzweckstreifen, insbesondere
auf Gehwegen. Ich danke meinem Kollegen Dr Madejski für den Hinweis auf die
sehschwachen und blinden Menschen in unserer Stadt. All dies stellt, wie Sie
wissen, ein großes Sicherheitsproblem dar, nämlich für die schwächsten
Teilnehmer im Straßenverkehr: für die Fußgänger. Wie man auch weiß, ist die
Donauinsel bereits zur Radrennstrecke mutiert. Kleine Kinder und Senioren, die
die Wege zum Schwimmen kreuzen, leben besonders gefährlich. Ein weiterer
Anschlag auf die Sicherheit der Fußgänger ist, denke ich, die geplante
Querungsmöglichkeit beziehungsweise die Längsbefahrung für Radfahrer in
Fußgängerzonen, ganz besonders für ältere Menschen, deren Reaktionsvermögen und
deren Hörfähigkeit reduziert ist.
Das Paradoxon an diesem Masterplan ist, dass Sie,
Herr Stadtrat, indem Sie den radikalen Ausbau des Radverkehrs fördern, die
Sicherheit aller am Straßenverkehr teilnehmenden Menschen extrem gefährden!
Daher fordern wir Freiheitliche die größtmögliche Sicherheit für alle am
Straßenverkehr teilnehmenden Personen. Da wären Lenkungsmaßnahmen wie zum
Beispiel die Kennzeichenpflicht für Fahrräder besonders gefragt. (Beifall bei der FPÖ.)
Aber noch paradoxer ist die Tatsache, dass der Ausbau
des Radwegenetzes den Umstieg vom Auto aufs Fahrrad erleichtern soll. Da
rechnet man: weniger Autos ist gleich weniger CO2-Emission, weniger
CO2-Emission ist gleich schnelleres Erreichen des KLiP. Okay, aber
was plant Schicker andererseits anstelle einer Nordostumfahrung? - Eine innen
liegende Bezirksdurchfahrung durch Donaustadt! Also wieder eine bewusste
Anziehung des Verkehrs mit summa summarum, gering geschätzt, 58 000 Autos,
die dann durch Donaustadt gondeln. Die Weiterführung der Hauptstraße B über die
Wagramer Straße, über die Donaustadtstraße bringt auch nachgewiesenerweise
wieder täglich 12 000 Autos mehr in den Bezirk. Spätestens da muss
einem ja ein Licht aufgehen! Zumindest all denjenigen, die diesen Masterplan
als die neue Verkehrs-Bibel ansehen, muss doch ein Licht aufgehen, dass ja das,
was Sie dort planen, hinten und vorne logisch gar nicht zusammenpasst.
Jetzt noch ein Wort zur Finanzierung: Nur im dicht
bebauten Stadtgebiet erweist sich das Fahrrad bei Wegen bis zu fünf Kilometern
als Alternative zu motorisierten Verkehrsmitteln - so steht es im Masterplan -,
und auch dann nur in der warmen Jahreszeit. Denn bei Kälte, Regen, Eis und
Schnee, meine sehr geehrten Damen und Herren, also fast die Hälfte des Jahres,
bleibt nämlich der Drahtesel und damit auch die Statistik im Keller.
So ist wohl die geplante 30-Millionen-EUR-Investition
mehr eine Fehlinvestition, basierend auf einer Milchmädchenrechnung - Förderung
des Radverkehrs, koste es, was es wolle. Ich erinnere nur an die kläglich
gescheiterte Viennabike-Aktion, Teil 1, da war man auch schnell ratlos und
um eine Fehlinvestition reicher. So gibt es wahrscheinlich Tausende Beispiele
von Fehlinvestitionen und von Steuergeldverschwendung in Wien. Macht ja nichts
- so geht die Stadt Wien mal eben ganz schnell vom innerösterreichischen
Stabilitätspakt ab, die diversen Wiener Fehlinvestitionen müssen ja irgendwo zu
Buche schlagen!
Daher sagen wir nein zum Masterplan, obwohl er
streckenweise gute Ansätze zeigt. Aber Ihr Rat, Herr Stadtrat, ist uns zu unsicher
und zu teuer. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Danke. - Als Nächster zum Wort gemeldet ist Herr GR
Mag Schieder. Ich erteile es ihm.
GR Andreas Schieder (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrter
Herr Berichterstatter! Meine Damen und Herren!
Der
Masterplan Verkehr 2003 soll die Richtungen festlegen, die die Wiener
Verkehrspolitik in den nächsten ungefähr 20 Jahren, in den nächsten zwei
Jahrzehnten gehen wird. Die Ausgangslage ist, dass Wien eine hohe
Lebensqualität hat. Daher gilt es auch, diese Lebensqualität zu erhalten und
die Zukunft zu antizipieren, das heißt die Wettbewerbsfähigkeit des
Wirtschaftsstandortes Wien im erweiterten Europa - es wird mit 1. Mai 2004
erweitert sein - zu sichern, überregionale Verkehrsströme zu lenken und damit
zu bewältigen, eine optimale Einbindung Wiens in die Transeuropäischen Netze
als Knoten zwischen Schiene, Luft, Straße und Wasser zu ermöglichen und im
städtischen Bereich den Modal Split, die Aufteilung des Verkehrs auf die
verschiedenen Fortbewegungs- und Mobilitätsarten, zu verbessern. Wien setzt als
prosperierende Region vor allem auf die intelligente Mobilität in dem magischen
Fünfeck von Nachhaltigkeit, Innovation, Kooperation, Akzeptanz und
Effektivität.
Ein Großteil der Punkte wurden schon von den Vorrednern, vor
allem von den zwei sozialdemokratischen Vorrednern, ausreichend behandelt.
Vielleicht zum Radverkehr noch folgende Anmerkung: Das Rad unterliegt in unserer
Gesellschaft generell einem Bedeutungswandel. Es ist nach wie vor
Freizeitinstrument - wenn ich nur an das Mountainbiking und so weiter denke -,
aber es ist nicht mehr ausschließlich ein Sport- und Freizeitgerät, sondern es
wandelt sich, in Wien vor allem innerhalb des Gürtels, auch zu einem
Fortbewegungs- und gleichberechtigten Verkehrsmittel. Daher ist es richtig,
dass man den Weg, der im letzten Jahr eingeschlagen wurde, nämlich den
Radverkehr wieder zentral zu lenken, fortsetzt, um auch über das Netzlückenschluss-Programm
und weitere Ausbauprojekte den Radverkehr und das
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