Gemeinderat,
33. Sitzung vom 25.09.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 83 von 102
auch noch öffentliche Träger. Aber man hat es dort geschafft, durch diese Öffnung des Marktes zu kleinen Einheiten zu kommen, die großen Einheiten aufzulassen und kleine Einheiten zu schaffen, die eben eine Größenordnung aufweisen, die dem entspricht, was wir wollen, nämlich maximal 150 Pflegeplätze pro Heim. Das sollte der richtige Weg sein: Weg von den Großpflegeheimen hin zu den kleineren Heimen, wo auch das persönliche Umfeld, die intimere Atmosphäre für die alten Menschen ein bisschen stärker gegeben ist.
Wir wissen auch, dass Monopole nie gut sind, weder
öffentliche Monopole noch private. Es ist immer gut, wenn man versucht,
Monopole zu überwinden, und den Markt frei zugänglich macht, damit eine
Konkurrenz entstehen kann und damit auf Grund der Konkurrenz auch die
Qualitätsstandards allgemein besser werden. Wir wissen auch, dass von Europarechtsexperten
der Universität Salzburg gerade in diesem Bereich die Meinung vertreten wird,
dass der "monopolistische Bereich" – unter Anführungszeichen - in
Wien und in anderen Bundesländern nicht mehr dem EU-Recht entspricht. Wir
sollten daher auch das hinterfragen.
Wir sollten auch die Baugebung, die gestern in der
Diskussion bereits angesprochen wurde, beleuchten. Wir sollten an die Sache in
dem Sinne herangehen, dass die ÖNORM in Zukunft verpflichtend eingehalten
werden muss, dass diese aber für neue Pflegeheimstrukturen nicht ausreichen
wird, sondern dass wir darüber hinaus auch über die Frage nachdenken werden
müssen: Was sind denn zeitgerechte und normgerechte Standards für Pfleglinge
der Gegenwart und der Zukunft, damit sie in diesen Bereichen auch
menschenwürdig leben können? - Wir sollten uns da moderne Qualitätsstandards
überlegen und diese festsetzen, und wir sollten in diesen Bereichen auch mit
uns ins Gericht gehen, denn es ist leider Gottes ein Problem - und ich möchte
das jetzt ganz bewusst nicht zu sehr ausdehnen -, dass wir im Pflegeheimbereich
bis heute immer noch Bereiche haben, die nicht gerade behindertentauglich sind.
Natürlich sind auch die Kontrolle und die Überwachung
wichtig. Da wird man unserer Meinung nach darüber nachdenken müssen, wie man
zusätzlich zu den vorhandenen Kontrolleinrichtungen vielleicht auch
ausgelagerte Kontrolleinrichtungen einschaltet, die auch weisungsungebunden
sind und vielleicht nicht direkt mit dem Magistrat in Verbindung stehen, damit
wir mehrere Kontrollmöglichkeiten schaffen und dadurch dann die beiden
Ergebnisse der unterschiedlichen Kontrollinstanzen auch vergleichen können und
hier Schnittstellen haben, um noch genauer zu sehen, wie es sich in der
Wirklichkeit abspielt. Das ist, glaube ich, auch eine Überlegung, der man nicht
von vornherein negativ entgegentreten sollte.
Die leistungsgerechte Entlohnung wurde heute schon
angesprochen. Wir sollten vielleicht eine Tagsatzobergrenzenverordnung
andenken, die auf zwei Komponenten aufgebaut sein sollte, nämlich einerseits
auf eine Hotelkomponente, so wie das ja auch in der Steiermark seit über zehn
Jahren vorbildlich funktioniert, wo man diese Hotelkomponente mit
unterschiedlichen Kategorieberechnungen und Schlüsseln bewertet und dann die
Tagsatzobergrenzen dementsprechend festlegt. Die zweite Komponente muss das
Pflegegeld sein, das sich natürlich am Bundespflegegeldschlüssel zu orientieren
hat. Diese beiden Kategorien sollen und müssen irgendwie zusammengeführt
werden, damit wir auch für Pflegeheime ein vernünftiges
betriebswirtschaftliches Ergebnis zustandebringen, denn sonst passiert dort
wieder genau das, was wir nicht wollen, nämlich Sparen am falschen Ort und
dadurch wieder Qualitätsmängel.
Ein weiterer Punkt ist die Einführung des
Pflegeschecks, die von uns seit vielen Jahren gefordert wird und womit wir erst
recht die freie Heimwahl sichern wollen für den betagten Menschen, der einen
Pflegeheimplatz braucht – und der heute, in der derzeitigen Situation, der
Bittsteller ist. Er muss heute als Bittsteller auftreten und bitten und
betteln, damit er einen Platz bekommt. Und dann gibt es die Wartezeiten. Und
wenn es dann einen Platz gibt, dann kann er es sich nicht frei aussuchen, in
welches Heim er geht, sondern er bekommt eines zugewiesen, auch wenn es ihm
nicht gefällt. Ich denke, wenn wir schon immer vom Begriff "Altern in
Würde" und von einem menschlichen Dasein im Alter sprechen, dann müssen
wir dem auch Leben einhauchen - und das geht eben nur, wenn wir auch diese
Wahlfreiheit schaffen und garantieren. (Beifall bei der FPÖ.)
Weiters müssen wir auch an die modernen
Pflegeprobleme, wie etwa die steigende Zahl von Demenzerkrankungen, herangehen
und darüber nachdenken, welche Zukunftsmodelle wir in diesen Bereichen finden
können. Wir wissen, dass heute schon über ein Viertel aller über 75-jährigen
Patientinnen und Patienten im Pflegebereich an Demenz erkrankt sind, und dieser
Anteil wird sich bis zum Jahr 2020 auf ein Drittel erhöhen. Das Problem wird
stärker - das ist eben sozusagen eine Geißel unserer Zeit -, sodass wir uns mit
diesem Problem auseinander setzen müssen und dafür die richtigen Antworten
finden müssen. (StRin Karin Landauer: Du wirst schon hundert!) - Ich werde hundert Jahre alt? - Na ja,
hoffentlich gesund!
Wir sollten also diese Zahlen auch bewerten und die
richtigen Antworten darauf finden.
Darüber hinaus ist es uns wichtig, auch einen
Systemfehler aufzuzeigen und hier festzuhalten: Wir haben heute laut Experten
aus dem Spitalsbereich die Situation, dass bis zu 1 000 oder gar
2 000 Akutbetten in unseren Spitälern von Pflegefällen belegt sind. Wenn
das stimmen sollte und wenn man sich durchrechnet, was heute ein Akutbett im
Spitalsbereich, wenn dort ein Pflegling versorgt wird, gegenüber einem
Pflegeheim kostet – in einem Akutbett im Spital liegt der durchschnittliche
Tagsatz bei 400 EUR und in einem Pflegeheim bei 100 EUR -, dann sieht
man, wo heute viel Geld verloren geht, wo man viel, viel Geld einsparen könnte.
Aber einsparen kann man es nur, wenn man die Plätze schafft, die fehlen; und es
fehlen heute bis zu 2 000 Plätze, und in naher Zukunft werden 4 000
Plätze fehlen.
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