Gemeinderat,
33. Sitzung vom 25.09.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 82 von 102
sollten jetzt darangehen, hier konkrete Vorschläge zu machen, wie wir den Systemfehlern endlich begegnen können. Da ist es unserer Meinung nach wichtig, endlich darüber nachzudenken, dass wir diesbezüglich - ohne nach dem Motto "Wenn man nicht mehr weiter weiß, dann gründet man eben einen Arbeitskreis!" vorzugehen - etwas festmachen müssen. Ich denke daher, wir sollten uns alle jetzt einen Rahmen geben.
So sollten wir, denke ich, jetzt festhalten, dass es
notwendig wäre, im Gesundheitsbereich eine Pflegereformkommission einzurichten.
Dort sollte man sich darauf beschränken, dass man ein zeitgemäßes
Pflegeleitbild und ein Pflegeheimgesetz erarbeitet und dafür auch einen
Zeitrahmen festlegt, damit wir 2004 mit beiden Bereichen durchkommen und das in
eine Legislative führen können. Das muss doch das Ziel sein, und wir müssen uns
diese zeitliche Begrenzung setzen, sonst werden wir nämlich in zehn Jahren
wieder da stehen, so wie wir 1989 den ersten Skandal in Lainz erlebt haben und
jetzt den zweiten. Wir wollen aber keinen dritten in diesem Ausmaß erleben, und
deshalb halten wir das für notwendig.
Wir werden auch einen Beschlussantrag stellen, der
die Einrichtung einer Pflegereformkommission fordert, die eben ein
Pflegeleitbild und ein Pflegeheimgesetz erarbeiten soll, wobei auch alle
Parteien in diesem Haus die Möglichkeit erhalten sollen, Fachleute beizuziehen
und zu nennen. Wir haben in der Begründung dieses Antrags auch unsere konkreten
Vorschläge definiert, denn wir wollen ja nicht als eine Partei gelten, die nur
großartig Kritik kundtun kann, sondern wir wollen auch Vorschläge machen -
Vorschläge, die natürlich genauso kritisch zu hinterfragen sind, aber die
zumindest einmal als eine Diskussionsgrundlage vorhanden sein sollen, damit wir
sie in dieser Pflegereformkommission, falls sie kommen sollte, auch besprechen
und diskutieren können und am Ende dann wirklich ein Ergebnis für Wien und vor
allem für die Betroffenen haben. Denn sie – also jene, die in diesem Bereich
tätig sind - sind ja die Leidtragenden, und denen müssen wir helfen. Und denen
können wir nur helfen, wenn wir jetzt schleunigst aufhören, zu streiten und
alles reflexartig abzulehnen, und wirklich ehrlich in die Analyse eingehen und
schonungslos, ohne Tabus, ohne Denkverbote und Diskussionsverbote an die Sache
herangehen.
Wir meinen, dass es viele Möglichkeiten gibt, ein
neues Leitbild für Wien zu erarbeiten - ich versuche das jetzt teilweise sehr
schlagzeilenartig darzulegen, teilweise gehe ich ein bisschen in die Tiefe -:
Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass der Ausbau von
Kompetenzzentren für Angehörige, die ihre Verwandten zu Hause pflegen, erfolgt,
dass in diesem Bereich etwas passiert.
Für uns ist es wichtig, dass ein Ausbau der
Tagesheimstätten in der Form erfolgt, dass wir vielleicht Überlegungen dahin
gehend anstellen, dass bei den vorhandenen Pflegeheimen auch Plätze frei
gemacht werden. So wäre es etwa möglich, vielleicht 10 Prozent der Plätze
frei zu machen, um eine Tagesheimbetreuung vorzunehmen, damit die Angehörigen
es oft leichter haben, damit aber auch der Pflegling am Abend zu Hause in
seiner gewohnten Umgebung beziehungsweise bei den Angehörigen sein kann. Das
wäre sicherlich ein Modell der Zukunft und ich glaube, dass das auch den
Anforderungen der Zukunft entsprechen würde.
Die Stärkung des mobilen Pflegebereichs durch eine
Wettbewerbsförderung im Allgemeinen: Wir wissen, dass wir hier Probleme haben.
Alleine in Österreich soll es laut Experten bis zu 20 000 Schwarzarbeiter
im mobilen Pflegebereich geben. Dadurch haben wir keine Qualitätskontrollen,
dadurch entsteht aber natürlich auch volkswirtschaftlicher Schaden. Wie wir das
in den Griff bekommen können, müssen wir auch offen und ohne Tabus ansprechen,
um das hintanzuhalten. Wir haben eben gerade im mobilen Pflegebereich das
Problem, dass lange Wegzeiten, hohe Kosten, hohe Tagsätze in diesem Bereich es
den betagten Menschen natürlich auch nicht leicht machen, sich das zu leisten,
und deshalb wird ja auch auf den Schwarzmarkt zurückgegriffen. Während im
mobilen Bereich der Tagsatz in etwa bei 150 EUR liegt, gibt es am
Schwarzmarkt Pfleger, die es um 40 EUR machen. Dieses Problem muss man
auch sehen und Überlegungen anstellen, wie man das in den Griff bekommt.
Dann wäre natürlich auch eine Überlegung in die
Richtung anzustellen, dass sich vielleicht die Stadtverwaltung auch selbst
einmal einer kritischen Beurteilung unterzieht und sich die Frage stellt: Macht
es vielleicht nicht doch Sinn, sich in Zukunft wieder stärker auf die
eigentlichen Kernaufgaben zu besinnen - auf die Verwaltung, auf die Normgebung,
auf die Gesetzgebung, auf die Kontrolle - und auch dadurch den Markt zu öffnen?
Wir sind ja gerade bei der Debatte darüber, dass das Geld an allen Ecken und
Enden fehlt - das müssen wir ehrlich erkennen und das haben wir auch in all den
Debatten festgestellt, die wir im Rahmen der Budgetwochen hier führen. Es fehlt
das Geld an allen Ecken und Enden! Natürlich ist es wichtig, dass wir eine
Pflegemilliarde, eine Euromilliarde zuschießen, aber - und das haben wir
bereits festgestellt - diese wird zu wenig sein, und sie macht auch nur Sinn,
wenn wir das System und die Strukturen verändern, denn sonst wird das Geld auch
in diesen Bereichen vielleicht teilweise verpuffen und unnötig ausgegeben, bzw.
versichern!
Deshalb ist es, glaube ich,
notwendig, auch ehrlich darüber nachzudenken, einen freien Markt anzudenken und
in Zukunft zuzulassen. Mit dem Modell Steiermark gibt es ja ein Beispiel, an
dem man sehen kann, dass seit dem Jahr 1994 durch eine Gleichstellung von
öffentlichen und privaten Anbietern durch ein Gleichstellungsgesetz, womit
gleichzeitig auch die freie Heimwahl für alle Patientinnen und Patienten
ermöglicht wurde, insgesamt 5 500 neue Pflegeplätze in der Steiermark
geschaffen werden konnten, sodass heute in der Steiermark die älteren, betagten
Menschen, die einen Pflegeheimplatz brauchen, keine Wartezeiten mehr haben. Das
Land Steiermark konzentriert sich dabei auf die Qualität, auf die Kontrolle und
auf den Verwaltungsbereich und hat
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