Gemeinderat,
33. Sitzung vom 25.09.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 73 von 102
Kurzzeitpflege in Lainz: Das ist ein ganz besonders
tolles Modell. Das ist, sage ich mir, zu wenig, das gehört ausgebaut. Wir
würden viel mehr davon benötigen. (GRin Anica Matzka-Dojder: Sie sind die
einzige Station, die immer wieder leere Betten haben! Die einzige!) Ja,
aber warum? Ich sage Ihnen, warum wir dort immer leere Betten haben: weil es so
und so vielen Menschen nicht möglich ist, ihre Wohnung zu erhalten. (GRin Anica Matzka-Dojder: Das ist ein
bisschen ...!)
Daher sage ich, es muss hier zu einer Gesamtlösung
kommen. Ich hätte einfach die Bitte, dass man nicht bei allen Ideen - egal, ob
sie jetzt von der ÖVP, von den GRÜNEN, von den Freiheitlichen, von Bürgerinnen
oder von Bürgern, von Experten, von der EU, von wo überall sie kommen -
automatisch sagt: "Nein, das geht nicht!" oder "Nein, das wollen
wir nicht!", sondern dass wir darüber diskutieren. Nicht ewig, sondern
kurz und schnell, und zwar schnell mit menschlichen Lösungen, dass es zu
solchen Missständen nicht mehr kommt. (Beifall
bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächste Rednerin ist Frau GRin Pilz gemeldet.
Ich erteile ihr das Wort.
GRin Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub im Rathaus): Frau
Stadträtin!
Ich sehe, Sie sind gerade in den Artikel vertieft; ich
habe ihn heute natürlich auch gelesen. Was mich an dem Artikel beeindruckt, ist
der Umstand, dass jetzt ein Arzt aus der Phalanx ausgetreten ist, hier alles
nur als hysterische Hetzjagd zu bezeichnen, und die Dinge anspricht, um die es
geht. Er verwendet sogar einen Ausdruck, der mir selber auch dazu eingefallen
ist, nämlich "Schübling" - "Pflegling" und
"Schübling", das ist eine ähnliche Qualifizierung, die ja schon sehr
viel deutlich macht -, und er kommt zu dem Schluss, dass die Altenpflege selbst
ein Pflegefall ist: "Der Skandal daran ist vor allem, dass ein jahrelang
bekannter Zustand so spät ans Licht der Öffentlichkeit gerät." Und er
zeichnet ein Sittenbild im Krankenanstaltenverbund: "vorauseilender
Gehorsam, Angst und Unterwürfigkeit, schleppende Bürokratie, die sich mit 'so
tun als ob' zufrieden gibt, Taubheit gegen Warnung und Widerspruch, Ignoranz
und Arroganz. Lisi Pittermanns geschmackloser Ausruf im 'Falter'-Interview 'Ich
will ins Heim' kann nur politisch gemeint sein. Einige ihrer Beamten sollten
sie begleiten. Tatsächlich handelt es sich bei den Zuständen im Pavillon des
Lainzer Pflegeheims nur um die Spitze eines Eisbergs. Durch Unwissen,
Inkonsequenz und Unterlassung bekommen Patienten heute die falsche Therapie
oder keine Therapie. Über dem Gesundheitswesen kreist mit dem Pleitegeier auch
die Gier nach nackter oder versteckter Privatisierung. Der Pflegeberuf ist seit
Jahrzehnten akademisch unterbewertet und in der Hierarchie unterbelichtet.
Ganze Berufsgruppen des Sektors Medizin befinden sich auf der Flucht vor den
Patienten."
Das ist also ein drastisches und ein alarmierendes
Bild, das Dr Thomas Meisel, immerhin selbst lange Zeit Bediensteter und
leitender Arzt im Wilhelminenspital, also im Krankenanstaltenverbund, von den
dortigen Verhältnissen zeigt. Ich denke, es ist hoch an der Zeit, hier auch
Konsequenzen zu ziehen, Frau Stadträtin, Konsequenzen, die jetzt Anstrengungen
bedeuten, Anstrengungen in diesem Sektor: ja, Geld hineinfließen zu lassen,
aber auch und vor allem nachhaltige, wirksame Planung.
Frau StRin Pittermann! Sie erinnern sich vielleicht,
ich habe beantragt, eine eigene Teilunternehmung für die Pflegeheime zu machen.
Die GRÜNEN sind damit ganz allein geblieben. Die SPÖ hat es nicht gut gefunden,
aber auch die ÖVP und die FPÖ nicht. Vielleicht kann man sich - nicht um den
GRÜNEN einen späten Triumph zu gönnen, aber trotzdem - die Frage stellen, ob es
nicht doch Sinn machen würde, diese Frage noch einmal aufgreifen. Warum ich
meine, dass eine eigene Teilunternehmung Sinn machen würde, Frau Stadträtin,
ist die Tatsache, dass ich glaube, die Geriatriezentren und Pflegeheime sollen
nicht die arme Verwandtschaft im Krankenanstaltenverbund sein, wogegen die
anderen Akutspitäler eigentlich immer die Stärkeren sind, wenn es darum geht,
Mittel zu beanspruchen, Mittel auch im eigenen Bereich dingfest zu machen, und
die Geriatrie muss eben schauen, wo sie bleibt.
Planung und Geld, Frau Stadträtin! Planung insofern,
als ja - wir haben gestern schon davon gesprochen - mit dem Wiener Pflegeheimplan
ein exzellentes Papier in dem Haus vorliegt, ein Papier, das 2001 fertig wurde,
sodass Sie jetzt eigentlich nichts anderes tun müssten, als sich bei den Dingen
anzuschauen, wie man sie realisieren kann. Dafür ist Geld notwendig, aber es muss
auch gut verwendet werden.
Ein Punkt ist, dass man nicht nur neue Pflegeplätze
schaffen muss. Die ÖBIG - und das im Pflegeheimplan - kommt zu einem Schluss,
den ich recht interessant finde, indem sie bis 2005 ein Minus von
6 941 Wohnplätzen - so genau hat sie es ausgerechnet - konstatiert
hat. Das ist doch eine große Zahl: 6 941 Wohnplätze, die nicht mehr
nachgefragt werden. In dieser Zeit gibt es einen zusätzlichen Bedarf nach
4 031 Pflegeplätzen. Sie können das auch in der Studie nachlesen -
für diejenigen, die jetzt irgendwie nachdenklich schauen: das hat der
Pflegeheimplan konstatiert. Realistisch sieht der Wiener Pflegeheimplan ein
Umwandlungspotential von 3 300 Plätzen bis 2005 vor. Das ist doch
keine uninteressante Größenordnung, und da könnte man viel von dem realisieren,
was gebraucht wird!
Man könnte sagen: Gehen wir weg
vom Konzept der Großheime! Niemand kann das mehr vertreten, auch wenn es eben
so ist, dass die alten Kästen einfach dastehen. Frau StRin Pittermann, daran
sind Sie nicht schuld, dass Lainz und Baumgarten und Liesing alt und groß sind;
diese alte Bausubstanz, diese Bedingungen haben Sie von Ihren Vorgängern
geerbt, und diese ebenfalls, und so weiter. Im Jahre Schnee, nämlich um 1900,
hatte man eben das Versorgungsheim - damals war es modern, damals war es
zeitgemäß - in der Versorgungsheimstraße in Hietzing gebaut. Seit diese Straße
Jagdschlossgasse heißt, ist es auch nicht schöner geworden, und es ist von
seiner Orientierung her noch immer das
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