Gemeinderat,
33. Sitzung vom 25.09.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 68 von 102
24 Stunden tauschen, nein, die Patienten mussten wegen Sparmaßnahmen einen Monat lang mit den Schläuchen auskommen."
Die Zustände in der Baumgartner Höhe erschütterten
diese Krankenschwester: "Die Pflegemissstände dort waren das Schlimmste,
was ich je erlebt habe. Ich war so entsetzt, dass ich dort begann, ein
Stationstagebuch zu führen."
Die an die Öffentlichkeit gedrungenen krassen Fälle
von schlechter Pflegequalität und Freiheitsbeschränkung in den Wiener
städtischen Pflegeheimen machen ein dringendes Handeln notwendig.
Die gefertigten Gemeinderäte stellen daher gemeinsam
mit den Mitunterzeichnern gemäß § 36 der Geschäftsordnung für den
Gemeinderat der Stadt Wien an die Frau amtsführende Stadträtin für Gesundheit
und Spitalswesen nachfolgenden Dringlichen Antrag:
Die zuständige amtsführende Stadträtin für Gesundheit
und Spitalswesen soll unter Einbindung des Bürgermeisters und des zuständigen
Finanzstadtrates 1 Milliarde EUR für den städtischen Pflegebereich
ausverhandeln.
1. Damit sind alle Wiener städtischen Pflegeheime auf
Hotelniveau anzuheben. Es darf nur mehr Ein- und Zweibettzimmer geben, die
Sanitätsräume im Zimmerverbund müssen eingeplant werden. Das Geriatriezentrum
Am Wienerwald ist innerhalb von kürzester Zeit so zu sanieren, dass es
höchstens 1 000 geriatrischen Betten beinhaltet.
2. Damit sind die Ausbildungsplätze für die
Gesundheitsberufe von derzeit 2 100 auf 3 000 zu erhöhen.
3. Damit sind alle 700 Zivildiener, welche für
den Pflegebereich in Wien abrufbar sind, anzufordern.
4. Damit ist die Geriatriezulage zu finanzieren. Auf
die Geriatrie ist in Zukunft ein besonderes Augenmerk zu richten.
5. Gewährung von entsprechenden Zulagen für das
Pflegepersonal, weil Dienst in den Pflegeheimen extremen psychischen und
physischen Belastungen ausgesetzt ist und weil dadurch auch eine Aufwertung dieses
Berufes erreicht wird.
6. Aus der Milliarde Euro ist eine Bedarfserhebung,
wie viele Pflegepersonen in den städtischen Pflegeheimen und im extramuralen
Bereich innerhalb der nächsten zehn Jahre benötigt werden, in Auftrag zu geben.
7. Damit muss ein Berufsschutz für das Pflegepersonal
finanziert werden.
8. Damit muss ein vermehrter Zugang von
AbteilungshelferInnen und HausarbeiterInnen zur PflegehelferInnenausbildung
geschaffen werden.
9. Damit sollte es zu einer Umbenennung der
Pflegehelfer in "staatlich geprüfte PflegeassistentInnen" kommen.
10. Dadurch muss es zu einer Änderung der Ausbildung
zur diplomierten Gesundheits- und Krankenschwester kommen, da es in Zukunft
unabdingbar erforderlich sein wird, dass die Ausbildung mit einer Reifeprüfung
abgeschlossen wird.
11. Dadurch müssen klare Richtlinien für den Einsatz
von PflegehelferInnen geschaffen werden.
12. Damit müssen Überlegungen angestellt werden, wie
für die Belegschaft, die jahrelang in der Krankenpflege tätig ist und aus
gesundheitlichen Gründen nur mehr leichte Tätigkeiten ausüben kann, eine andere
Beschäftigung gefunden wird.
13. Damit muss es zu einer raschen Einführung der
Vorgesetztenbeurteilung für Oberschwestern, Stationsschwestern sowie deren
Vertretung kommen.
14. Damit muss es zu einer raschen Nachbesetzung der
Dienstposten für die Belegschaft, die den zweiten Bildungsweg besucht, kommen.
15. Damit muss es zur besseren Schulung von
Führungskräften mit dem Schwerpunkt dienstrechtlicher Komponenten kommen, zum
Beispiel den Umgang mit MitarbeiterInnen.
16. Damit muss es zu einer Kooperation von Staat und
Privat in der Richtung kommen, dass die Öffnung des Marktes auch für private
Anbieter nach dem Vorbild anderer Bundesländer erreicht wird, wobei die
Einführung eines Pflegeschecks mit Expertinnen und Experten beraten werden
soll.
17. Damit muss eine Situation im Pflegebereich
etabliert werden, die in einem Wiener Pflegeheimgesetz, welches mit 1.1.2004 in
Kraft treten soll, enthalten sein muss.
18. Damit muss ein Heimvertrag, wie vom
Bundesministerium für Generationen und soziale Sicherheit ausgearbeitet, jeder
Patientin oder jedem Patienten zur Vertragsunterzeichnung vorgelegt werden.
Gemäß § 36 der Geschäftsordnung für den
Gemeinderat wird beantragt, dass der Antrag verlesen und mündlich begründet
werden kann und hierauf eine Debatte über den Gegenstand stattfindet."
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Für
die nun folgende Begründung des Verlangens auf dringliche Behandlung dieses
Antrags sieht die Geschäftsordnung gemäß § 38 Abs. 3 eine Redezeit
von 20 Minuten vor.
Herr Mag Kowarik, diese 20 Minuten gehören
Ihnen.
GR Mag Helmut Kowarik (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau
Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Es ist bedauerlich, dass bei der Verlesung des
Antrages so ein Lärm im Saal war, dass, glaube ich, kaum jemand den Antrag
richtig mitbekommen hat. (GR Mag Hilmar Kabas: O ja!) Ich werde ihn
allerdings nicht noch einmal verlesen, sondern werde vielleicht zu dem einen
oder anderen Stellung nehmen. Ich glaube aber doch, dass es ein Thema ist -
auch wenn wir gestern schon den ganzen Tag darüber diskutiert haben -, das für
alle Abgeordneten wichtig ist und mit dem wir uns eingehend beschäftigen
sollen.
Die
Vorfälle und Missstände sind Anlass, einmal mehr über Kontrolle zu sprechen.
Aber vor allem sind sie auch Anlass, ausführlich über die Zukunft der
geriatrischen Zentren in Wien zu diskutieren. Unser Dringlicher Antrag soll
auch dazu dienen, dass diese Diskussion verstärkt geführt wird und der
Stillstand, der in der Weiterentwicklung des Wiener Gesundheitssystems
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