Gemeinderat,
33. Sitzung vom 25.09.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 62 von 102
Situation", "Diagonale neu – zwei Schritte
zurück", "Filmfestival ohne Filme". So urteilt die in- und
ausländische Presse. Inzwischen haben preisgekrönte österreichische Regisseure
und Regisseurinnen – ich nenne nur ein paar Namen –, Barbara Albert, Ruth
Beckermann, Michael Haneke, Edgar Honetschläger, Goran Rebic, Ulrich Seidl,
Virgil Widrich – oskarnominiert – angekündigt, ihre Filme nicht zu dieser
Diagonale nach Graz zu schicken, sondern weiterhin nach Cannes, Venedig, Berlin
oder Toronto. Auch Viennale-Direktor Hans Hurch, Filmmuseumsleiter Alexander
Horwath und Mag Kieninger vom Filmarchiv Austria wünschen keine Zusammenarbeit
mit dieser undemokratisch bestellten neuen Führung unter Miroljub Vuckovic und
Tillmann Fuchs. Es boykottieren praktisch die gesamten, sonst meist uneinigen
Branchen und das ist beachtenswert, dass sich die vielen Branchen einig sind,
diese Veranstaltung, die noch immer kein Konzept hat – angeblich kommt es
neuesten Meldungen zur Folge morgen –, aber dafür gleich 16 neue Filmpreise
aufzuweisen hat, darunter einen mit 250 000 EUR sensationell hoch,
fast schon unmoralisch hoch, dotierten Sunrise-Award, denn man sagt
gleichzeitig, dass man auf Einnahmen aus dem Kartenverkauf, also auf Publikum,
verzichten kann und nicht angewiesen ist. - Zitat Geschäftsführer Tilmann
Fuchs.
Wer ermöglicht dann diesen Goldregen vor leeren
Reihen? Ich möchte nicht schon wieder die Schiller'schen Räuber zitieren. Franz
heißt sie, die das ermöglicht und die darauf schielt, dass der eine oder andere
arme kleine Filmproduzent umfallen wird und für die paar Netsch oder aber auch
einen ganz schönen Judaslohn, man hat 1 000 Louisdor geboten, seine
gesamte Branche und seine Kollegen verrät.
Ich möchte gerade Sie, meine Damen und Herren von der
ÖVP, an Ihre christlich-sozialen Wurzeln erinnern, so sie noch nicht vom
Fallbeil des Neoliberalismus weggekappt worden sind. Sie kennen den Satz:
"Wer einen von diesen kleinen, der mich glauben Anlass zu einer Sünde gibt,
für den wäre es besser ..." Ich möchte es nicht weiter ausführen. Ich
denke nur, dass Sie sich mitschuldig machen, wenn Sie angesichts dieser
zynischen Farce, die ein ehemaliger singender Schizopunker für den
österreichischen Film inszeniert, Ihre Hände in Unschuld waschen. Ich denke,
diese Personalunion aus Rosenkranz und Güldenstern, Franz Morak, wird nicht nur
als – das ist jetzt ein Zitat – "mittelmäßiger Schauspieler, der die Rolle
eines schlechten Staatssekretärs brillant spielt" in die Geschichte dieses
Landes eingehen, sondern vor allem als Totengräber des österreichischen Films! (Beifall bei der SPÖ. – GR Gerhard Pfeiffer:
Das war ein peinliches Kasperltheater! – GRin Dr Elisabeth Neck-Schaukowitsch:
Das war wieder ein würdiger Zwischenruf! – GR Gerhard Pfeifer: Das war wirklich
peinlich! – StR Dr Peter Marboe: Gibt es jetzt die Zusage oder nicht?)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Herr Dr Salcher. – Bitte.
GR Dr Andreas Salcher
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Frau Berichterstatterin! Sehr geehrte Damen
und Herren!
Ich möchte zunächst einmal, wie angekündigt, einen
Antrag von StR Marboe, den nur ein frei gewählter Gemeinderat, kein
amtsführender Stadtrat und auch kein nichtamtsführender Stadtrat einbringen
darf, einbringen, weil es uns einfach darum geht, sicherzustellen, dass diese
Mittel wirklich den Wiener Einzelkinos zur Verfügung gestellt werden und nicht
einfach am Ende des Jahres gekürzt werden. Ich möchte dazusagen, Frau Kollegin
Dr Vitouch, ich weiß nicht, wie Sie darauf kommen, dass sich die Kammer
zurückgezogen habe, denn die Kammer hat dort nie gezahlt, sondern personelle
Beiträge geleistet, was sie nach wie vor tut. Daher verstehe ich nicht, wie Sie
darauf kommen. Die Wiener Handelskammer hat – wie Sie übrigens wissen – ein
ausgezeichnetes Verhältnis zur Wiener Stadtpolitik. Woher diese Angriffe
kommen, kann ich überhaupt nicht verstehen! (Beifall
bei der ÖVP.)
Ich bringe jetzt meinen Antrag ein:
"Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny wird
angewiesen, die Mittel für die Erhaltung der Wiener Einzelkinolandschaft in
vollem, seinerzeit beschlossenen Umfang zur Verfügung zu stellen und eine
allfällige zweckentfremdete Verwendung erst im Ablauf des Jahres 2003 zu beantragen."
In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung
beantragt.
Was die Frau Kollegin Dr Vitouch versucht hat, sind
schwere persönliche Diffamierungen in einer eher halblustigen Art und Weise
gegen den Herrn Kulturstaatssekretär. Eines möchte ich Ihnen sagen: Gestern
ging es hier um die Frau StRin Pittermann, die glaube ich, ein bisschen mehr
Kritik verdient hat und in einem sensiblen Bereich tätig war, wo Sie sich
irrsinnig darüber aufgeregt haben, wie man mit ihr umgeht. Aber nicht einmal
annähernd hat irgendeine der drei Oppositionsparteien, die sich gestern hier im
Hause völlig einig in der Frage des völligen Scheiterns der Stadträtin gewesen
ist, eine ansatzweise persönliche Kritik an der Frau Pittermann, die für die
Zustände verantwortlich ist, wo Menschen wirklich leiden, einen Stil gewählt,
den Sie heute gewählt haben, um ein agierendes Regierungsmitglied zu
diffamieren! (GRin Dr Elisabeth
Neck-Schaukowitsch: Dann haben Sie nicht zugehört oder waren nicht anwesend!) Das
ist ein Stil, den Sie von uns auch weiterhin nicht hören werden! Aber das ist
offensichtlich Ihr Stil! Mehr möchte ich dazu nicht sagen! (Beifall bei der
ÖVP. – Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Gut so!)
Sie haben noch immer nicht genug,
Herr Stadtrat! (Amtsf StR Dr Andreas
Mailath-Pokorny: Ich habe gesagt, es ist gut so, wenn Sie nicht mehr dazu
sagen!) Wie kann sich eine Sprecherin Ihrer Partei trauen, das Wort
"demokratische Besetzungspolitik" auch nur in den Mund zu nehmen,
einer Partei, die in Wien für den Rabenhof und für das Museum der Stadt Wien
verantwortlich ist? Ich habe nichts gegen den dortigen Direktor. Wir haben dem
auch zugestimmt. Aber "demokratische Besetzungspolitik" war das, was
dort passiert ist, sicher nicht! (Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Das
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