Gemeinderat,
33. Sitzung vom 25.09.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 54 von 102
Wien hat es damals in dieser Form ja auch nicht gegeben. Das ist sicher mit ein Grund, dass in der gesamten Zweiten Republik auch bei der Auflistung sämtlicher Ehrenzeichen alle jene Würdenträger des NS-Regimes bereits ausgespart sind und sich in diesen Listen nicht befinden.
Ich zitiere hier besonders das Handbuch der Stadt
Wien aus dem Jahre 1952/1953, wo die städtischen Ehrungen für
Repräsentanten dieses Regimes wie zum Beispiel Göring, Ley, Funk, Neubacher und
andere, wo sich diese Namen in dieser Auflistung bereits nicht mehr befinden.
Ein Zeichen dafür, dass sich die Stadt Wien bereits am Beginn der Zweiten
Republik ganz klar auf dieser gesetzlichen Grundlage befunden hat.
Ich halte das auch für richtig, denn die Basis und
die Wurzel der Zweiten Republik fußt auf einer massiven und starken Abgrenzung
zum NS-Regime. Deshalb sind die Gesetze, die in dieser Zeit getroffen worden
sind, die auch taxativ aufgelistet worden sind, in dem Überleitungsgesetz als
ungültig zu sehen und das gilt insbesondere auch für die entsprechenden
sichtbaren Auszeichnungen, die in dieser Zeit überreicht und übergeben worden
sind.
In diesem Zusammenhang möchte ich einen Beschluss-
und Resolutionsantrag einbringen, der da lautet:
„Der Wiener Gemeinderat ruft die Rechtsbestimmungen,
mit denen sämtliche Ehrungen des NS-Regimes aufgehoben wurden, in Erinnerung
und bekräftigt angesichts der zahlreichen Bemühungen um eine kritische
Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit die Tatsache, dass
Ehrungen aus dieser Zeit als obsolet zu gelten haben.
In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung
dieses Antrags von mir beantragt.“
Richtig ist aber auch, dass wir zusätzlich auch eine
Kommission beschlossen haben, die sich in Zukunft mit der Frage der Ehrengräber
beschäftigen wird. Das ist auch eine akkordierte Position, zu der wir stehen.
Ich bin überzeugt, dass das mit ein Punkt sein wird und mit eine Hilfe sein
wird, sich mit diesem Abschnitt der österreichischen Geschichte auseinander zu
setzen. Es wird nie einen Schlussstrich unter eine Geschichte geben können. Es
wird immer aber eine gegenwartsbezogene Auseinandersetzung mit der Geschichte
geben müssen. Das ist auch gut und richtig so. Aber ich denke, wir sollten das
doch entsprechend unserem demokratischen Grundverständnis auch in diesem
gemeinsamen auf demokratischen Basis wurzelnden Vorstellungen führen. - Danke. (Beifall
bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum
Wort gemeldet ist Herr GR Ellensohn.
GR David Ellensohn (Grüner Klub im
Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich spreche ausschließlich zum eben eingebrachten
Antrag vom Abg LUDWIG.
Wir freuen uns auch über das Rechtsgutachten des
Verfassungsdienstes, wie bereits vom Abg Salcher und vom Abg LUDWIG ausgeführt
wurde. Wir sind froh, dass der Verfassungsdienst dieses Rechtsgutachten abgeben
konnte. Das ist auch die Position, die wir schon lange gehabt haben. Kein
Wunder das wir uns darüber freuen.
Der Kulturausschuss hat Anfang September eine
Kommission unter der Leitung von Kurt Scholz eingesetzt, die sich in erster
Linie darum kümmern hätte sollen, die Ehrengräber aus der Zeit 1938 bis 1945 zu
überprüfen und weitere Schritte zu überlegen. Die Überprüfung, ob eines dieser
Ehrengräber nun aus heutiger Sicht rechtens ist oder nicht, erübrigt sich auf
Grund des Verfassungsdiensterkenntnisses. Trotzdem glauben wir, so wie auch
vorhin ausgeführt wurde, dass die Arbeit damit leider nicht erledigt ist.
Wir bringen einen zusätzlichen Beschluss- und
Resolutionsantrag ein, der sich im Wesentlichen mit den Aufgaben dieser bereits
eingesetzten Kommission beschäftigt. Das sind in dem Fall natürlich neue
Aufgaben, die sich mit den Folgen des Rechtsgutachtens beschäftigen und mit einer
Strategie betreffend Umgang mit den Ehrengräbern, die nun keine mehr sind.
Der Beschlussantrag lautet:
„Die vom Kulturausschuss des Wiener Gemeinderats
eingesetzte Expertenkommission zur Überprüfung der Ehrengräber der Stadt Wien
unter Leitung von Kurt Scholz, Bereichsleiter für Restitutionsangelegenheiten
der Stadt Wien, arbeitet einen Vorschlag aus, wie mit den nunmehrigen Folgen
des oben beschriebenen Rechtsgutachtens hinsichtlich aller Ehrungen aus der
Zeit zwischen 1938 und 1945 umgegangen werden soll. Insbesondere soll dieser
Vorschlag eine Strategie beinhalten, wie mit Ehrengräbern aus der Zeit der
nationalsozialistischen Diktatur umgegangen wird. Über die Ergebnisse der
Arbeit der Kommission ist dem Gemeinderat der Stadt Wien Bericht zu erstatten.
In formeller Hinsicht beantragen wir die Zuweisung
dieses Antrags an den Kulturausschuss und an den Herrn Bürgermeister.“
Ich hoffe, dass nicht nur der Antrag, der von GR
LUDWIG eingebracht wurde, sondern auch der Beschlussantrag der GRÜNEN eine breite
Mehrheit in diesem Haus finden wird und freue mich auf einen Bericht der
Kommission von Kurt Scholz. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr GR
STEFAN hat sich zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Mag Harald STEFAN (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Damen und Herren!
Auch für uns ist es wichtig, auf den Antrag, der
gerade vom Kollegen LUDWIG eingebracht wurde, einzugehen.
Vorweg: Die Vorgangsweise ist
ungewöhnlich und entgegen dem, was zwischen den Fraktionen üblicherweise
vereinbart ist, nämlich dass Resolutionsanträge einen Tag vorher bekanntgegeben
werden. Bei uns ist er gestern um 20.00 Uhr eingelangt. Ja ich weiß, das
ist formell gestern. Er ist gestern um 20.00 Uhr eingelangt und heute um
11.00 Uhr (GR Christian Oxonitsch: Ich habe von euch heute drei
bekommen!) ist das Rechtsgutachten dazu an uns ergangen. Da muss man schon
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