Gemeinderat,
33. Sitzung vom 25.09.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 55 von 102
dazu sagen: Es ist sehr problematisch, das noch nachzuvollziehen, denn es geht um ein sehr heikles Thema und mit einer sehr weitreichenden Aussage.
Ich werde Ihnen auch jetzt nahe legen, warum wir das
für so problematisch erachten, denn soweit es uns noch möglich war in der
kurzen Zeit darauf einzugehen und uns das anzuschauen, haben wir derartige
Mängel festgestellt, dass zumindest eine weitere Überprüfung doch wirklich anstünde.
Wenn das stimmt, was in dem Gutachten steht und was
in dem Beschluss steht, dann ist es unverständlich, dass der Gemeinderat die
Wiener Stadtverwaltung unter einer sozialdemokratischen Führung an die
Einhaltung von Gesetzen erinnern muss. Eigenartig. Jeder kann sich jetzt seinen
Reim darauf machen, ob da vielleicht gewisse Bürgermeister oder
Stadtregierungen nicht daran gedacht und daher entgegen diesen
Rechtsvorschriften gearbeitet haben.
Ich nehme an, das ist ein kleiner Hinweis an die
bisherigen Bürgermeister: Hoppla, ihr habt da eigentlich rechtswidrig
gehandelt. Immerhin hat jene Partei, die dazu aufruft, bisher, nämlich seit
Bestehen dieses Gesetzes im Jahre 1945, ununterbrochen den Bürgermeister
in diesem Haus gestellt. Also doch etwas eigenartig von der Vorgangsweise.
Zudem könnte man jetzt annehmen, dass wir uns künftig
immer wieder selbst auffordern und selbst erinnern, dass bereits bestehende
Gesetze von uns eingehalten werden. Das könnte Tür und Tor für diverse neue
Anträge und Beschlüsse öffnen. Das ist doch sehr eigenartig und wie gesagt ein
bischen komisch, dass von den später dann sozialdemokratischen Führungen dieser
Stadt entgegen dem Gesetz gearbeitet wurde.
Jetzt aber doch auch zum Rechtsgutachten und zum
Antrag.
Das Rechtsüberleitungsgesetz, wie auch anfangs
richtig ausgeführt, bezieht sich auf Gesetze und Verordnungen, nicht aber auf
individuelle Rechtsakte, und genau um die geht es hier. Das wird in diesem
Gutachten, abgesehen von der etwas schlampigen Formulierung, die darauf
hinweisen lässt, dass es entweder sehr schnell gemacht wurde oder von jemandem,
der nicht wirklich kompetent ist, wurde... (GR
Dr Michael LUDWIG: Es ist klar!) Naja, es wird also hier von
Außer-Kraft-getreten von Gesetzen gesprochen wo es eigentlich um eine Rezeption
geht und so weiter. Also es ist eindeutig eine falsche Diktion verwendet
worden, was auch darauf hinweist, dass hier eben die Kompetenz fehlt. Und es
wird als Säulenheiliger der UnivProf Walther angerufen und aus seinem Werk
zitiert, wobei ein Zitat auch eine Seite anführt, die hier fehlt. Aber ich
interpretiere das jetzt so, dass hier die fortfolgende Seite 30 aus dem
besagten Buch gemeint ist, nämlich Österreichisches
Bundesverfassungsrecht 1971. Aus dem geht eindeutig hervor, wenn man es
liest und ich weiß, dass es die Nichtjuristen noch weniger interessiert als die
anderen, aber wenn wir schon so ein heikles Thema behandeln und es hier um
etwas geht, was eben sehr viele Menschen betrifft und nicht umsonst ja auch
hier in dieser Form eingebracht wird, dann sollte man es auch ordentlich
machen.
Hier steht also eindeutig drinnen, dass die Übernahme
von individuellen Rechtsakten in gleicher Weise anzunehmen ist wie bei Gesetzen
und Verordnungen und dann steht hier ausdrücklich: „Für diese Auslegung bieten
vor allem jene Gesetze Anhalt, die eine Aufhebung somit als bestehend
vorausgesetzte deutsche Rechtsakte vorsehen, vergleiche zum Beispiel
Veranstaltungsbetriebsgesetz. Auch andere Gesetze gehen davon aus, dass
individuelle Staatsakte weiter gelten und nehmen nur bestimmte, etwa solche,
die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt den österreichischen Behörden nicht
zugekommen sind, aus.“ Und so weiter, und so weiter. Also es ist ganz
eindeutig, dass individuelle Rechtsakte natürlich weiter gegolten haben, denn
sonst hätte man ja ein Rechtsüberleitungsgesetz machen müssen, dass jeder
Führerschein weiter gilt, dass jede Baubewilligung weiter gilt, dass sonst
jeder Bescheid weiter gilt oder dass jedes Scheidungsurteil weiter gilt und so
weiter. Das ist ja klar. Der individuelle Rechtsakt muss weiter gelten sofern
er nicht ausdrücklich aufgehoben wurde, und das ist hier nicht der Fall. Also
man sollte dieses Gutachten doch wirklich noch etwas genauer prüfen bevor man
uns das so hinlegt und daraus eine Schlussfolgerung zieht, die, wie gesagt,
auch die Sozialdemokraten ins eigene Fleisch schneidet, wie ich vorhin schon
ausgeführt habe und daher rückwirkend ja wirklich ganz eigenartige Folgen
hätte. In dem Gutachten steht „die Ehrung eines selbstständigen Bundeslandes“.
Das war nicht die Ehrung eines selbstständigen Bundeslandes, ja das stimmt.
Wien war seit 1934 kein selbstständiges Bundesland mehr und von 1940 bis 45 gab
es überhaupt keine Bundesländer in der Form und schon gar keine selbstständigen.
Also das Gutachten ist an sich von seinem Gehalt her
wirklich sehr, sehr problematisch und es gipfelt eben dann auch in dem Antrag
und der Begründung, in der hier eben schlicht und einfach eine falsche Aussage
steht.
Daher stellen wir den Antrag, dass dieser Antrag dem
zuständigen Ausschuss zugewiesen wird, um eine Möglichkeit zu bieten, das noch
zu prüfen, allenfalls zu verbessern.
Ich gebe nur noch einen Seitenhinweis. Auch die
Formulierung der Ehrungen ist sehr weitreichend. Es wird also hier in dem
Antrag nicht auf Ehrungen Bezug genommen, die sich auf ein bestimmtes Gesetz
begründen. Es wäre denkbar, dass eine Frau drei Kinder aus einem brennenden
Haus gerettet hat und dafür geehrt wurde. Auch diese Ehrung, wenn sie zufällig
in der falschen Zeit passiert wäre, wäre damit aufgehoben. Also das ist
unausgegoren. Das muss man einfach sehen. Das ist so nicht in Ordnung und kann
so nicht akzeptiert werden.
Man sollte also über das genauer
nachdenken. Wenn man so einen Antrag stellt und wenn man damit etwas erreichen
will, dann sollte man ihn auch konkret begründen und sich auf etwas beziehen,
was nicht nur vielleicht
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