Gemeinderat,
33. Sitzung vom 25.09.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 23 von 102
festzustellen, dass die Entwicklung eine sehr, sehr schlechte ist. Während vor zwei Jahren die Anzahl der für eine Wohnung im Gemeindebau Vorgemerkten noch bei rund 9 000 gelegen ist - das war unser Tiefststand -, gibt es heute wieder etwa 22 000 Vorgemerkte, die Wohnungen suchen; inklusive der Jungfamilien, Herr Stadtrat. All inclusive sind es laut der neuesten Meldung, laut neuestem Stand von vor wenigen Tagen bereits 22 000. Das heißt, der Stand, den Sie im Quartalsbericht für das zweite Quartal 2003 veröffentlicht haben, ist bereits hinfällig. Er ist in den vergangenen Monaten wieder angestiegen.
Das zeigt, dass Leute, die aus sozialen Gründen
Wohnungen suchen, nicht dazu kommen, diese Wohnungen zu finden, obwohl wir jene
Stadt der Welt sind, die neben Berlin die meisten Gemeindewohnungen hat. Da
denkt man: Es kann doch nicht sein, dass es sozial Bedürftige gibt, die keine
Sozialwohnung bekommen!
Wenn es in Wien, wie wir wissen, rund 80 000
Menschen gibt, die wirklich in Armut leben, aber gleichzeitig 220 000
Gemeindewohnungen - also fast dreimal so viele -, dann müssten diese Menschen eigentlich
alle in den sozialen Wohnungen Platz haben! - Aber das ist nicht der Fall.
Viele von denen sind noch immer auf der Straße, viele von denen haben keine
Wohnungsversorgung.
Wir haben in Wien noch immer einen äußerst hohen
Anteil an D-Kategorie-Wohnungen - zwar nicht bei Wiener Wohnen, aber insgesamt.
Auch da haben Sie Ihr Ziel der Versorgung der Ärmsten der Armen nicht
geschafft. 45 Prozent der Arbeiter - und das ist klassische Klientel der
Sozialdemokratie - sind diejenigen, die in D-Kategorie-Wohnungen leben. Das ist
einmal eine Klientel von Ihnen gewesen, um die Sie sich besonders gekümmert
haben; aber bis heute sind das diejenigen, die noch immer kein WC oder kein
Wasser in der Wohnung haben. Das ist eigentlich eine Schande in dieser Stadt, bei
diesem Wohlstand, dass noch so viele Menschen in Substandardwohnungen leben
müssen! (Beifall bei der ÖVP.)
In Zahlen ausgedrückt heißt das: 73 000 Bewohner
in Substandardwohnungen in dieser Stadt. (Amtsf StR Werner Faymann: Sie
wissen doch, dass das nur die Mietvertragskategorie ist und dass die längst mit
unserer Förderung aufkategorisiert haben!) Aber wir haben noch immer
D-Kategorie-Wohnungen! Das sagt Ihr statistisches Jahrbuch! Dann sprechen Sie
mit Ihrer Statistikabteilung hier im Rathaus, die das noch immer so ausweist,
meine Damen und Herren! (Amtsf StR Werner Faymann: Verstehen Sie den
Unterschied zwischen einem Mietvertrag und einer tatsächlichen ...? Sie
verstehen es nur falsch!)
Wenn wir darüber sprechen, wer in diesen Wohnungen noch
Platz hat, dann müssen wir feststellen, dass es nicht diejenigen sind, die
sozial bedürftig sind, sondern dass viele aus der sozialen Bedürftigkeit
herausgefallen sind. Es ist das System, das es schwierig macht. Es wird einmal
die soziale Bedürftigkeit beim Eintritt in Gemeindewohnungen geprüft und dann
nie mehr. Sie haben dieses System in den vergangenen Jahren noch verschärft,
nachdem Sie es vor wenigen Jahren ermöglicht haben, dass Leute Wohnungen
"erben" können – unter Anführungszeichen -, bei denen die soziale
Bedürftigkeit nicht mehr geprüft wird. Nun haben Sie den Bankfachmann, den
Bankdirektor in den Gemeindewohnungen, der sich in Niederösterreich schon lange
sein Zweithaus gebaut hat, und die Wohnung in Wien, die er als Gemeindewohnung
hat, lässt er leer stehen. - Damit haben Sie ein Problem, weil Sie die leeren
Wohnungen nicht voll bringen, weil Sie diejenigen, die nicht sozial bedürftig
sind, in den Gemeindewohnungen haben! (Beifall bei der ÖVP. – GR Franz
Ekkamp: Erklären Sie einmal eure Privatisierung! Die können Sie einmal
erklären!)
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ!
Schauen Sie sich einmal in Ihren eigenen Reihen um! Wenn meine Aufstellung
stimmt - Sie können es dementieren, und dann sagen Sie es bitte konkret! -,
haben 20 Prozent Ihrer Mandatare noch immer eine Gemeindewohnung. Sind die
wirklich sozial bedürftig? Oder gibt es da nicht andere Menschen, die so sozial
bedürftig sind, dass sie einer Gemeindewohnung bedürften? - Das wäre besser.
Das wäre doch notwendig! (Beifall bei der ÖVP. – GR Godwin Schuster: Woher
haben Sie die 20 Prozent?)
Weil Sie auch immer groß über
Integration sprechen: Schauen Sie sich auch da an, wie die Zahlen ausschauen!
Sie haben in sieben Bezirken, das heißt in weniger als einem Drittel, mehr als
51 Prozent aller Zuwanderer in dieser Stadt. Sie wissen, zu welchen
Problemen das führt. Wir hatten diese immer, und an der Ghettoisierung hat sich
nichts geändert.
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik (unterbrechend): Herr Mag Gerstl, bitte kommen Sie zum Schluss!
GR Mag Wolfgang Gerstl (fortsetzend): Das ist, glaube ich, ein
Punkt, für den Sie vorsorgen müssen. Und schauen Sie, dass in Zukunft
Jungfamilien nicht schlechter gestellt sind, wenn sie in Gemeindewohnungen
kommen, als Besserverdienende! Es ist notwendig, denen zu helfen, auch in der
Zukunft. (Beifall bei der ÖVP. – GR Franz
Ekkamp: Ich habe keine Gemeindewohnung!)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Als
nächste Rednerin zum Wort gemeldet ist Frau StRin Landauer. Ich erteile es ihr.
StRin Karin Landauer (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Schade, dass Frau StRin Laska soeben den Raum
verlassen hat, aber es geht ja auch um den Sozialabbau in Wien.
Ich glaube, dass ein Grund, warum
es zu Delogierungen kommt, auch darin liegt, dass hier zum Beispiel die
Sozialhilfe seit 1995 nicht mehr valorisiert wurde. Wir sind der Meinung, dass
die Delogierungsprävention, Fachstelle für Wohnungssicherung ausgebaut gehört
und zwar deswegen, weil es, Gott sei Dank, nicht mehr die geschlossene
Psychiatrie gibt. Das heißt , es sind sehr viele Menschen, die psychisch krank
sind, Gott sei Dank nicht mehr in Einrichtungen untergebracht, sondern sie
wohnen selbständig, aber es kommt sehr oft zu
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