Gemeinderat,
33. Sitzung vom 25.09.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 102
von "Freimachungen" gesprochen wird: Die Menschen werden "freigemacht". - "Freimachungen", na das ist "toll": Wenn jemand "freigemacht" ist und keine Wohnung mehr hat, dann ist nämlich der nächste Schritt oft der, dass er auch noch auf seinem Arbeitsplatz freigesetzt wird. Der ist dann vollkommen "frei", ein völlig "freier Mensch" - frei von Wohnung, frei von Arbeit. Das sind dann die Menschen, die auf der Straße sitzen und die wirklich arm sind und wirklich verelenden.
Es sind bei diesen 3 000 delogierten Menschen
auch Kinder dabei. Die Stadt Wien kann uns leider nicht sagen, wie viele
Kinder, weil es angeblich nicht erhoben wird, was ich nicht glaube. Ich glaube
es nicht, aber Sie sagen, es ist so. Wir schätzen, dass es 600 bis 800 Kinder
jährlich sind, die aus Gemeindewohnungen delogiert werden. Wenn der Herr
Bürgermeister das, was er anlässlich der Sozialcrash-Debatte gesagt hat, auch
nur andeutungsweise ernst nimmt, dann wird der Herr Bürgermeister das
Delogieren von Kindern und Jugendlichen mit Sicherheit sofort stoppen. - Das
heißt: Delogieren ist sozialpolitisch unsinnig.
Zweiter Punkt: Warum Delogieren auch wirtschaftlich
ein absoluter Unsinn ist. Das wurde in einer Studie von FAWOS nachgewiesen, und
im Jahr 2000 wurde diese Berechnung auch auf der Wirtschaftsuni nochmals
wiederholt. - FAWOS - ich sage es dazu, weil ja nicht alle auf diesem Gebiet
eingeschult sein können - ist die Fachstelle für Wohnungssicherung. Die haben
nachgerechnet: Was kostet die Stadt Wien die Delogierungsprävention einerseits,
und welche Kosten entstehen andererseits für die Stadt Wien, wenn delogiert
wird, wenn also Menschen delogiert werden, dann von der Stadt Wien wieder
untergebracht werden müssen und vielleicht sogar wieder in eine ganz normale
Wohnung reintegriert werden?
Die Rechnung ist ganz klar und hat ein ganz
eindeutiges Ergebnis - ich werde es jetzt nicht vorrechnen, aber jeder kann das
nachrechnen; die Unterlagen liegen ja vor -: Es ist eindeutig das Delogieren
samt allen Folgemaßnahmen um acht Mal teurer ist, als wenn man Delogieren mit
den Mitteln der Stadt verhindert und vermeidet.
Wenn man das einem Menschen auf der Straße erklärt,
dann ist die erste Frage, die einem jeder stellt - und das ist jetzt auch die
Frage, die ich an Herrn StR Faymann stelle -: Wenn Delogierungsprävention so
viel billiger ist als das Delogieren, warum delogiert dann die Stadt? - Aus Jux
und Tollerei? - Der Herr Stadtrat schüttelt natürlich berechtigterweise den
Kopf. Ich unterstelle Ihnen auch nicht Jux und Tollerei, Herr Stadtrat, aber es
muss doch einen Grund haben! Wollen Sie Leid verursachen? - Das wäre auch eine
böse Unterstellung. Sie werden ja sicher nicht Leid verursachen wollen. Wollen
Sie Sozialabbaumaßnahmen setzen? - Da werden Sie den Kopf schütteln und sagen:
Oh nein, das wollen wir auch nicht! – Gut.
Mir fällt dazu nichts mehr ein, was ich jemandem auf
der Straße dazu noch sagen könnte, und ich fordere Sie auf, das heute zu
erklären: Warum delogieren Sie lieber um viel Geld, wenn Sie genauso gut um
wenig Geld Delogieren vermeiden könnten? - Diese Frage ist offen.
Ich denke, nachgewiesen habe ich, dass die Maßnahme
des Delogierens sozialpolitisch ein Unfug ist. Ich denke auch, dass ich
nachgewiesen habe, dass diese Maßnahme unwirtschaftlich ist. Und ich denke, Sie
haben jetzt mir und der Wiener Bevölkerung gegenüber einen hohen
Erklärungsbedarf, was die Frage betrifft, warum Sie diese Maßnahme treffen, die
sozialpolitisch unsinnig und wirtschaftlich zum Nachteil der Stadt ist. - Danke
schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Für weitere Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung,
dass sich die Damen und Herren des Gemeinderats nur einmal zum Wort melden
dürfen und ihre Redezeit mit 5 Minuten begrenzt ist.
Als nächster Redner hat sich Herr GR Fuchs zum Wort
gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Georg Fuchs
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!
Es ist eigentlich bestürzend, was alles in den
letzten Tagen hervorgebracht worden ist, was nicht aufgeklärt ist. Noch
bestürzender aber ist es vor allem, wenn man einen Dialog nicht haben möchte.
Das ist etwas, was auch in anderen Bereichen, nicht nur im Bereich des
kommunalen Baus, des Gemeindebaus zu beobachten ist. Ich muss sagen, ich war
total bestürzt, denn das ist keine Kritikkultur, wenn man, wie Herr Kollege
Hundstorfer es getan hat, eine Einschaltung der Fraktion Christlicher
Gewerkschafter - wo es doch wirklich Probleme in dieser Stadt gibt! - einfach
zensuriert. Das ist ungeheuerlich, meine Damen und Herren! (Beifall bei der
ÖVP.)
Ich weiß schon, dass Sie die Probleme nicht wahrhaben
wollen, egal, in welchem Bereich das ist.
Meine Damen und Herren! Wenn es heute heißt,
3 000 Menschen werden aus dem kommunalen Wohnbau delogiert (GRin Mag
Sonja Wehsely: Sie wollen den kommunalen Wohnbau verkaufen!), so muss man
sich eigentlich fragen: Warum und wieso? Der kommunale Wohnbau ist für mich ein
Spiegelbild des Sozialabbaus in unserer Stadt, meine Damen und Herren!
Betroffen sind nämlich jene, die eine Sozialwohnung,
eine echte Sozialwohnung brauchen und darin wohnen und sich auf Grund der
Wiener sozialistischen Politik dieses Wohnen immer weniger leisten können! (GRin
Mag Sonja Wehsely: Sie wollen die Gemeindewohnungen verkaufen! – GR Dr Kurt
Stürzenbecher: Sie wollen sie verscheppern, billig, ...!) Frau Kollegin!
Das System, das sozialdemokratische System überrollt nämlich diese Mieter, weil
die Auswirkungen der absoluten SPÖ-Mehrheit auf das Wohnen dieses nicht mehr
leistbar machen, weil diese Wiener Alleinregierung in alter sozialdemokratischer
Manier in der letzten Zeit eine Belastungswelle (GRin Mag Sonja Wehsely: Sie
wollen die Wohnungen verkaufen!) – hören Sie zu – auf die Menschen
losgelassen und Gebühren- und Tariferhöhungen vorgenommen hat, sodass natürlich
das Wohnen nicht mehr leistbar wird! (Beifall bei der ÖVP.)
Die Nebenkosten der Wienerinnen und Wiener sind so stark
gestiegen, und die Ärmsten der Armen im
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