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Gemeinderat, 32. Sitzung vom 24.09.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 56 von 63

 

Ich bin der Meinung, durch einfache bauliche Änderungen könnte man diese Missstände beseitigen. Es kann nicht hinter jedem und speziell hinter jedem dementen Patienten ein Pfleger stehen. Da muss man auch baulich vorsorgen. Man sagt zwar Pflegeleitung, aber es ist den Pflegern natürlich auch nicht zuzumuten, hinter jedem dementen Patienten zu stehen und zu schauen, welche Fehlleistungen er macht. Das heißt, hier haben Sie die Verpflichtung, bauliche Änderungen vorzunehmen! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Kotgeruch, Windelwechsel. Der bauliche Zustand in Baumgarten eröffnet zwei Möglichkeiten: Entweder man geht auf das weit entfernte WC, selbstverständlich Männer und Frauen und auch das Pflegepersonal auf das selbe dreckige WC - ersteres ist für Behinderte ab einem gewissen Grad nicht zumutbar - oder man kann vor den fünf anderen Zimmerbewohnern aufs Klo gehen. Während der eine isst, muss der andere aufs Klo gehen oder umgekehrt. Das ist doch nicht zumutbar! Diese katastrophalen Zustände haben nichts damit zu tun, dass wir zu wenig Personal haben, sondern Sie haben in den letzten 60 Jahren die Pflegeheime baulich versumpern lassen und das ist Ihre Schuld! (Beifall bei der FPÖ. – Amtsf StRin Dr Elisabeth Pittermann: Und ich bin verantwortlich?) Na selbstverständlich sind Sie verantwortlich oder glauben Sie, das ist nicht Verantwortung?

 

Personelle Mängel gibt es auch. Ganz, ganz selten werden dort die Leute um 15.00 Uhr niedergelegt. Sie essen aber doch um 17.00 Uhr, ab 18.00 Uhr sind nur jene Patienten am Gang - dieser ist zugleich Aufenthaltsraum -, die sich entschieden dagegen wehren. Wenn man weiß, dass dieser Gang Fernsehraum und Aufenthaltsraum ist und diese Leute nur dort fernsehen können, ist das, wenn sie ab 18.00 Uhr, 19.00 Uhr ins Bett gelegt werden, eine Qual. Alte Leute würden ganz gerne am Abend fernsehen, lesen - das ist bisweilen sehr, sehr schwierig für die Leute -, aber nicht fernsehen lassen ist Quälerei!

 

Eine über 80-jährige Person wurde bisweilen von nur einer Pflegekraft ins Bett gebracht und hat sich dabei mehrmals Prellungen, ein blaues Auge und einen Rippenbruch zugefügt. Ich habe das der diensthabenden Ärztin gemeldet. Kurz gefasst, die Oberärztin hat gesagt, der Patient hätte unerwartet einen Schritt getan und wäre an diesem Rippenbruch selber schuld.

 

Die Windeln. In den Medien steht, die Leute bekommen bisweilen zuviel Windeln. Ich kann Ihnen aus eigener Anschauung berichten, die Leute bekommen sehr oft nur turnusmäßig die Windeln gewechselt und müssen bisweilen angemacht, groß oder klein, eine halbe Stunde bis eine Stunde warten, bis der Pfleger diese Windel wechselt. Das heißt, sie bekommen nicht nur in manchen Fällen, wo sie die nicht benötigen, Windel verpasst, sondern sie bekommen dort, wo sie eine frische Windel bekommen sollten, keine, ja schon, nach einer halben Stunde bis zu einer Stunde. Wer von Ihnen, meine Herrschaften, möchte in so einem Pflegeheim einen Verwandten haben oder sogar selber drinnen sein?

 

Das Abziehen der Klingel wurde ebenfalls gemeldet. Es hat beim Herrn W. ein Pfleger eine Klingel abgezogen, das habe ich dokumentiert. Es wurde dieses dem Pfleger gesagt. Er hat dann zwar die Klingel wieder angesteckt, hat aber die Klingel so hoch auf diesem Dreiecksgalgen aufgehängt, dass der Patient W. diese Klingel nicht erreichen konnte. Ich muss leider etwas abkürzen. Ich würde Ihnen den Fall des Patienten W. im Detail schildern und bin gerne bereit, dies im Detail zu tun, wenn dann die Zeit noch da ist.

 

Hygiene. Es fehlt nicht nur immer an Personal, sondern die Ausbildung des vorhandenen Personals muss auch verbessert werden. Der Pfleger leert mit dem Gummihandschuh den Topf im WC aus. Alles dokumentiert. Beim Zurückgehen streichelt er eine der kontaktsuchenden Patientinnen liebevoll über die Wange - so weit so gut -, leider mit dem WC-Gummihandschuh. Weiters greift er die Türklinke zum Medikamentenraum mit eben diesem Handschuh an, holt ein Medikament, gießt es auf einen Löffel und verabreicht es einer Patientin. Der Angehörige der Patientin spricht die Oberärztin nach Durchfall bei mehreren Patienten, auch bei seiner Angehörigen, an, ob diese Vorgehensweise nicht die Ursache des Durchfalls sein könnte. Diese verneint und meint, dies sei nicht der Grund, sondern die Unverträglichkeit des Essens. Bitte hier kommt es nicht darauf an, dass man mehr Leute hat, sondern dass die vorhandenen Leute, nämlich jene, geschult gehören!

 

Materialmangel, Mangel an Psychotherapeuten und Physiotherapeuten ist im Pflegeheim Baumgarten bekannt, aber wird seit Jahren nicht behoben. Die Leute sind gut, sind engagiert, aber bei der Masse der Patienten, die diese Betreuung benötigen, sind die paar Psychotherapeuten und Physiotherapeuten machtlos und können nicht helfen. Das heißt, dort ist wirklich ein eklatanter Mangel feststellbar.

 

Ich möchte es deswegen so genau aufzeigen, weil die Frau Pittermann sagt: Ja, das ist in Lainz auf einer Abteilung irgendwelchen einzelnen Personen passiert. - Nein, dieser Pflegemissstand hat in Wien System!

 

Sie, meine Herrschaften von der Sozialdemokratie, haben herrliche Ausreden. Die Bundesregierung soll jetzt das Geld zuschießen. Wir haben 9,6 Milliarden EUR Budget. Wir müssen halt nicht jeden Tag ein Rathausfestl haben, es muss der Herr Bürgermeister nicht jeden Tag ein Bandel zerschneiden, es müssen nicht hohe Repräsentanten mit dem Glasl in der Hand von einem Event zum anderen durch Wien wandern, sondern es wäre besser, wir schauen, dass wir zuerst einmal etwas für unsere Alten, für unsere Kranken und für unsere Aufbaugeneration machen und dann, wenn Geld übrig bleibt, können hohe Repräsentanten der Bevölkerung ein Festl nach dem anderen, ein Event nach dem anderen bieten.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle werden älter und alle kann es treffen, in so einem städtischen Pflegeheim landen zu müssen. Wer von uns will unter solchen von mir vom Pflegeheim Baumgarten geschilderten Zustände seinen Lebensabend verbringen?

 

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