Gemeinderat,
32. Sitzung vom 24.09.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 63
klar auf den Tisch legen, und es wird bei der Untersuchungskommission wahrscheinlich notwendig sein, auch Vergleiche anzustellen, Vergleiche von Wien mit den Bundesländern, und zu schauen, was in den letzten zehn Jahren geschehen ist. Man könnte ja sagen, es sind jetzt zehn Jahre vergangen, seit wir das Programm "Hilfe im hohen Alter" verabschiedet haben.
Was mich bei all den Medienberichten am meisten und
so besonders geärgert hat, ist, dass einfach quer drüber eine Aussage gefahren
wird: In Wien ist in zehn Jahren nichts passiert - als ob wir am Mond leben!
Jeder, der die Szene kennt, der den Gesundheitsbereich kennt, weiß ganz genau,
dass das nicht stimmt. Vielleicht weiß es Herr Klubobmann Tschirf nicht so
genau; ich bin davon überzeugt, dass er die Einrichtungen, um die es hier geht
und über die wir heute reden, nicht von innen kennt - wahrscheinlich nur vom
Hörensagen. Ich lade ihn herzlich ein - und ich glaube, auch die Beschäftigten
der Geriatriezentren und Pflegezentren in Wien laden ihn herzlich ein -, sich
das vor Ort anzuschauen und vor allem in diesen Einrichtungen anzuschauen, was
alles in den letzten zehn Jahren passiert ist. (GR Johannes Prochaska: Ich
habe dort wen! Sie haben mich nicht eingeladen, sondern abgehalten!)
Wir wissen ... (GR Johannes Prochaska: So schaut
die Wahrheit aus!) Wir wissen ... (GR Johannes Prochaska: Ich habe dort
jemand zu Pflegenden! Mir erzählen Sie so was nicht! - Gegenrufe bei der SPÖ.)
Aber dann schauen Sie sich auch alles andere an, ja! (GR Johannes Prochaska:
Ja, mir genügt das!)
Wir wissen natürlich auch - das sagen alle Prognosen
und alle Wissenschafter, die sich mit dieser Materie beschäftigen -, dass auch
in Zukunft Versorgung, Betreuung und Pflege älterer Menschen nicht allein durch
öffentliche Mittel gewährleistet sein kann. Das wissen wir auch. Es ist sowohl
in Österreich als natürlich auch in Wien der Anteil der Angehörigen, die in
hervorragender Weise für ihre älteren Angehörigen sorgen, hoch. Er ist in Wien
nicht so hoch wie in den Bundesländern, aber Wien hat eben auch eine andere
Tradition und eine andere Bevölkerungsstruktur. Zusätzlich sind immer schon die
Angebote, die es hier in Wien gibt, breiter gefächert, breiter gestreut und
größer gewesen. Wir werden dann bei den Zahlen noch darauf zurückkommen.
Aber ich denke, für die Angehörigen ist es besonders
wichtig, dass sie, wenn sie für ihre zu pflegenden oder zu betreuenden Mütter,
Eltern, Großmütter et cetera tätig sind und wenn sie die - wohlweislich von
Ihrer Regierung einberufene - Pflegekarenz in Anspruch nehmen, das Problem
haben, dass sie dann in dieser Zeit nicht versichert sind. Das wurde groß in
der Öffentlichkeit und medial verbreitet. Was aber nicht passiert ist: Eine
Existenzgrundlage dafür, sie auch sozialversicherungsrechtlich abzusichern,
wurde nicht geschaffen. Ich denke, das ist auch der Grund, warum das in
Österreich nur 800 Personen in Anspruch nehmen, im Gegensatz zu der
Situation, dass wir wissen, dass in Wien zirka 57 Prozent und
österreichweit bis zu 80 Prozent von alten Menschen durch ihre Angehörigen
betreut werden.
Deshalb erlaube ich mir, einen Antrag zum Thema
Familienhospizkarenz einzubringen. Ich lese hier nur den Antrag und nicht die
Begründung vor. Der Antrag lautet:
"Der Wiener Gemeinderat fordert den
Bundesgesetzgeber auf, dass ArbeitnehmerInnen während der Pflegehospizkarenz
entweder eine Entgeltfortzahlung oder ein Pflegekarenzgeld bekommen, das den
Einkommensverlust zumindest teilweise oder so weit ersetzt, dass unter
Berücksichtigung des Pflegegeldes ein Einkommen zumindest in der Höhe der
Existenzgrundlage sichergestellt ist.
In formeller Hinsicht verlange ich die sofortige
Abstimmung." (StRin Karin Landauer: Dass sie sozialversichert sind, ist
aber schon ...!)
Alle, die schon mindestens zehn Jahre in diesem Haus
sitzen - es gibt ja einige, die seinerzeit an unserem Programm "Hilfe im
hohen Alter" mitgearbeitet haben -, wissen, dass Wien auch in den letzten
zehn Jahren nicht untätig war. Im Gegenteil, zusätzlich zu den damals gesetzten
Programmen und Maßnahmen wurde 1998 auch ein Bedarfs- und Entwicklungsplan
vorgelegt. Ich darf hier - und ich glaube, da sind wir alle einer Meinung - die
Inhalte dieser Planungen von damals zitieren, zu denen wir uns in den letzten
zehn Jahren bekannt haben und natürlich auch in Zukunft bekennen: Das ist der
Vorrang für eine Betreuung zu Hause vor einer Betreuung im stationären Bereich.
Auch in diesem Sinne ist mein vorhin abgegebener Antrag zu sehen: Vorrang von
Rehabilitation vor Pflege, Gesundheitsvorsorge ohne Altersgrenzen, aber auch
mehr Wohnqualität statt Bettenqualität in den Pflegeeinrichtungen. Ich werde
dann bei den detaillierten Maßnahmen noch darauf zurückkommen.
Welche Maßnahmen wurden auch umgesetzt? - Weil hier
immer wieder von Bettengrößen und von Strukturverbesserungen die Rede ist: Ich
denke an die Anstrengungen, die die Stadt Wien in den letzten zehn Jahren nicht
nur zur Verbesserung der Hotelqualität in den bestehenden Einrichtungen gemacht
hat, sondern auch durch Neubau und neue Einrichtungen, für die wir uns zum Teil
auch durch Ausschussreisen im Ausland sozusagen Ideen dafür geholt haben, wie
hier wesentliche Maßnahmen gesetzt werden können. Das konnten wir erst unlängst
durch die Eröffnung des Geriatriezentrums Süd - Geriatriezentrum Favoriten beim
Kaiser-Franz-Joseph-Spital - erleben, wo 120 Ein- und Zweibettzimmer
vorhanden sind. Aber die Umsetzung hat 36 Millionen EUR gekostet, das
muss man eben auch dazusagen.
Das Geriatriezentrum Nord ist in
Betrieb gegangen. Das Sophienspital wurde ausgebaut - weil hier auch das Thema
Rehabilitation angesprochen worden ist, und dass die Menschen nach
Oberschenkelhalsbrüchen in Großeinrichtungen und Pflegeheimen landen, was nicht
stimmt. Gerade die Rehabilitationsstation im Sophienspital hat große Erfolge,
nämlich dass 80 Prozent der Menschen, die dort nach einer Operation wegen
Oberschenkelhalsbruches rehabilitiert werden - natürlich, sage ich
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