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Gemeinderat, 32. Sitzung vom 24.09.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 10 von 63

 

Aufgaben ein Nichtgenügend ausfassen? Geben Sie ihm eine Nachhilfestunde, Frau Stadträtin! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Das Rad ist erfunden. Die Grünen haben auf die Missstände hingewiesen: Schani Margulies, Alessandra Kunz. Für Letztere wäre es wahrscheinlich eine späte Genugtuung, wenn sie erlebt hätte, dass das Thema endlich auf der politischen Agenda ist. Sie kam selbst aus dem Pflegebereich und hat sich – das war ihr Herzensthema – dafür eingesetzt, die Verhältnisse für die Menschen und für das Personal in den Pflegeheimen zu verbessern.

 

Ich fange bei Schani Margulies an. Er hat im Jahre Schnee, also 1993, festgestellt, dass die Menschen in den Geriatriezentren nie an die Luft kommen, niemand sie hinausbringt. Diesen Herbst haben wir in der Debatte um die Geriatriezentren gehört, fünf bis acht Stunden im Jahr. Im Jahr, meine geschätzten Damen und Herren! Das sind Verhältnisse, die seit zehn Jahren gleich sind! (GRin Dr Elisabeth Neck-Schaukowitsch: Dann waren Sie noch nie im Geriatriezentrum Baumgarten!) Ich war im Geriatriezentrum Baumgarten, Frau Neck-Schaukowitsch! Ich war im Sommer und auch im Herbst dort! Der Park ist schön, allein die Leute sind nicht draußen (GRin Dr Elisabeth Neck-Schaukowitsch: Das ist ja nicht wahr!), weil die Damen und Herren, die hier auf der Galerie sitzen, so überarbeitet sind, dass sie leider keine Zeit haben, die Leute hinauszuführen! (GRin Dr Elisabeth Neck-Schaukowitsch: Das stimmt nicht!) In Ihrem Potemkinschen Dorf sind die Leute natürlich draußen!

 

Im Jahr 1995, Schani Margulies: "Der Pflegedienst leidet unter gravierendem Mangel an Personal. PflegehelferInnen müssen Stationen mit 32 Bewohnern im Nachtdienst allein betreuen." - 1995 wusste man es. Ihr Vorgänger wusste es. Niemand hat etwas getan! (GRin Dr Elisabeth Neck-Schaukowitsch: Das stimmt nicht!

 

Im Herbst 1994 Entwurf eines Pflegeheimgesetzes. Frau Stadträtin, das ist geradezu ein Treppenwitz, dieses Pflegeheimgesetz! Oft erfunden, nie erlassen, das ist Ihre Politik!

 

Alessandra Kunz: "Ungenügende Personalausstattung, zu wenig qualitatives Personal, zu wenig zur Rehabilitation und Mobilisation." – Sie haben es gewusst. Wir haben es gewusst. Aber es braucht ein öffentliches Mediengewitter, damit Sie endlich sehen, es gibt Missstände, auch wenn Sie meinen, es nur als Fehlverhalten abzuqualifizieren und Ihre eigene Mitarbeiterschaft hinausstellen statt sie zu unterstützen!

 

Was ist passiert, nachdem der Pflegeheimskandal bekannt wurde? Für mich war das auch ein Lernprozess. Vielleicht hat der eine oder andere von Ihnen meinen Kommentar dazu gelesen. Offensichtlich hat sich die politische Ebene gedacht, wenn sie die Augen fest zumacht, gar nicht hinschaut, den "Standard" zusammenknüllt und in den Müll schmeißt, wird das niemand gelesen haben und sie muss nichts tun. Denn es herrschte Schweigen im Walde. Niemand hat reagiert. Keiner hat gesagt: "Unfassbar, die MA 47 hat hier Mängel, Vernachlässigung, gravierende Missstände konstatiert!" Erst als es andere Medien aufgegriffen haben, als Headlines in allen Zeitungen waren, Frau Stadträtin, haben Sie sich bequemen müssen, Stellung zu nehmen.

 

Das, was passiert ist, wirft ein Sittenbild auf die Art und Weise, wie mit dem Personal umgegangen wird, das hier betroffen ist und das sich mit Recht dagegen wehrt, dass es diffamiert wird. Es gibt ein Resümeeprotokoll des GenDiors Hauke mit der kollegialen Führung des Geriatriezentrums Wienerwald vom 13.8.2003. Das sollten Sie kennen. In diesem Resümeeprotokoll sieht man, dass der Generaldirektor den strengen Herrn herauskehrt. Er stellt fest, womit wir mit ihm ganz eins sind, dass solche Missstände nicht geduldet werden können und er erlässt Anordnungen. Er verpflichtet die kollegiale Führung, ihrer Aufgabe intensiver nachzukommen, gegen Mitarbeiter, falls es nötig ist, disziplinäre Maßnahmen einzuleiten, Regelungen hinsichtlich der Bettruhezeiten der Pfleglinge zu treffen – das Wort "Pfleglinge" halte ich in dem Zusammenhang für eine absolut entlarvende Ausdrucksweise, Pflegling, Häftling, Schübling; wir reden von Bewohnern und Bewohnerinnen –, die Bettruhezeiten einzuhalten, Angehörige intervenieren zu lassen, ausreichende Körperpflege des Pfleglings zu gewährleisten, Flüssigkeitszufuhr, die Gewährleistung der Möglichkeit zur Verrichtung der Notdurft auf Toilettenanlagen für jene, die dazu in der Lage sind, Wahrung einer ausreichenden Intimsphäre, ständige Inbetriebhaltung des Schwesternrufs und eine ordentliche Führung der Pflegedokumentation. All das sind Dinge, die normal sein sollten, die klar sein sollten, Frau Stadträtin! Darunter steht martialisch: "Die Anordnungen wurden von der kollegialen Führung des GZW zur Kenntnis genommen und deren Befolgung zugesagt."

 

Diesen scharfen Anordnungskatalog hat Herr GenDior Hauke auf seine Mitarbeiter hinuntergelassen. Ich habe ein paar Fragen dazu. Wie kann man denn von den Damen und Herren, die im GZW arbeiten, erwarten, dass sie eine Intimsphäre herstellen? Eine Intimsphäre, die darin besteht, dass einem der Leibstuhl mitten ins Achtbettzimmer gestellt und man höflich gebeten wird, darauf Platz zu nehmen, weil es für das Klo zu weit ist. Eine Intimsphäre, die im Bettkasterl besteht. Wie kann man denn von den Mitarbeitern erwarten, dass sie hier Privatheit herstellen. Man verlangt die Quadratur des Kreises, weil man selber die Ressourcen nicht herstellt, damit die Herrschaften das auch wirklich leisten können. Sie delegieren die Dinge, die Sie erledigen sollten, nach unten, auf das Personal, Frau Stadträtin! Sie delegieren das nach unten, auf das Personal, obwohl sie längst wissen müssten, nicht nur aus den grünen Anfragen, sondern auch aus den Erkenntnissen Ihrer eigenen Behörde, dass es ganz anders sein sollte!

 

Frau StRin Pittermann, das Österreichische Bundesinstitut für Gesundheitswesen hat einen Wiener Pflegeheimplan erstellt, der nie das Licht der Öffentlichkeit erblickt hat. Im Jahr 2000 wurde er in Auftrag gegeben, völlig klar von wem, vom Magistrat der Stadt Wien, Bereichsleitung für Gesundheitsplanung und Finanzmanagement und dem Wiener Krankenanstaltenverbund.

 

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