Gemeinderat,
32. Sitzung vom 24.09.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 63
überprüft." – Frau Stadträtin, das ist Ihr Büro, das
ist der 4.9. und das ist in "wien.at", auf der Homepage der Stadt
Wien, erschienen.
Frau Stadträtin, es wäre mir recht, wenn Sie zuhören
würden! (Beifall bei GRÜNEN, ÖVP und FPÖ.)
Am 5.9., Frau Stadträtin, ist beim Pressedienst der
Stadt Wien der Krankenanstaltenverbund am Wort und sagt Folgendes: "Pilz hat
behauptet, dass Pittermann entgegen den Tatsachen die Neubesetzung der
Pflegedirektion als disziplinäre Konsequenz anlässlich der Vorwürfe gegen eine
Station im GZW angekündigt hätte. Er, Hauke, hätte lediglich gesagt, dass mit
der Versetzung des bisherigen Pflegedirektors eine disziplinäre Konsequenz
gezogen werden sollte. Die Umbesetzung war seit längerem vorgesehen, da der
Vertrag mit Stichtag ausgelaufen war." – So ist es in der Tat, Frau
Stadträtin! Man hat eine Maßnahme, die sowieso geplant war, als disziplinäre
Maßnahme hingestellt und Herr GenDior Hauke hat mir dann ungeheuerliche
Unterstellungen vorgeworfen. Frau Stadträtin, Ihre eigene Pressesprecherin
sagt, als Konsequenz aus dem Prüfbericht wurde der Pflegedirektor versetzt! So
stehen Sie hinter Ihrem Personal, Frau Stadträtin! (Beifall bei GRÜNEN und
ÖVP.)
Frau Stadträtin, Sie sagen, es werden Potemkinsche
Dörfer vor Ihnen errichtet. Seit ich ein bisschen Einblick in Ihre Gebarung
habe, glaube ich, Sie haben Recht. Frau Stadträtin, Sie haben heute ein
Potemkinsches Dorf vor uns, vor dem Gemeinderat, errichtet, denn Sie haben mit
keinem Wort auf die Strukturmängel Bezug genommen, die zu diesem, wie Sie es
bezeichnen, Fehlverhalten führen. Sie haben nicht davon gesprochen, welche
miserablen Arbeitsbedingungen die Leute, die in Ihren Pflegeheimen arbeiten,
vorfinden. Sie haben nichts davon gesagt, dass es eigentlich fast unmöglich
ist, dass man einen Menschen, der gehbehindert ist, 25 Meter weit zur
Toilette begleiten muss, die dann selbst in miserablem Zustand ist.
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik
(unterbrechend): Entschuldigung, Frau Gemeinderätin, darf ich Sie
kurz unterbrechen?
Ich darf darum bitten, dass die Damen und Herren, die
hinter den Bänken stehen, sich so unterhalten, dass alle verstehen, was die
Rednerin sagt. - Danke.
GRin Dr Sigrid Pilz (fortsetzend):
Herzlichen Dank für die Unterstützung. Dann muss ich nicht so schreien.
Frau Stadträtin, Sie haben nicht davon gesprochen,
dass Ihr Personal unter Arbeitsbedingungen leidet, wo zum Beispiel, wenn es
darum geht, dass man die nötige Antidekubitusmatratze bekommt, um Patienten
lagern zu können, 240 Patienten heiße 6 Stück teilen müssen. Weil man
zu wenig hat, muss das Pflegepersonal rennen und die Umlagerungen machen. Frau Stadträtin,
Sie machen Ihrem Personal Arbeitsbedingungen, die einer modernen, einer sozial
orientierten Stadt nicht würdig sind und das sollen die Leute, die hier sitzen,
auch wissen! (Beifall bei GRÜNEN und GR
Heinz-Christian Strache.)
Bevor ich weiter darauf eingehe, was der
Pflegeheimskandal hier an Missständen zu Tage gefördert hat – was Sie leider
nicht getan haben –, möchte ich auf einen aktuellen Fall eingehen, Frau
Stadträtin. Am Wochenende hat mir jemand eine Unterlage zur Kenntnis gebracht,
die Verhältnisse in der Pflege in Wien beschreibt, die uns betroffen machen
müssen und die uns eigentlich glauben lassen müssen, dass wir in Tirana in
Albanien sind und nicht etwa im AKH in Wien, im Flaggschiff der
Gesundheitsversorgung dieser Stadt. Sie wissen schon davon. Ich möchte den
anwesenden Gemeinderäten und Gemeinderätinnen jetzt schildern, worum es geht.
Es gibt ein Gutachten einer gerichtlich beeideten
Diplompflegeperson, die von der Wiener Städtischen beauftragt wurde, zwei Fälle
zu untersuchen, wo eine Person im AKH durch gefährliche Pflege zu Schaden
gekommen ist. Die Damen und Herren auf der Galerie wissen, was gefährliche
Pflege ist. Gefährliche Pflege ist ungefähr der schlimmste Vorwurf, den man
Pflegepersonen machen kann, denn das heißt, dass die Pflege so schlecht
durchgeführt wurde, dass die Person, die gepflegt wurde, zu Schaden gekommen
ist. Das ist ein absolut schlimmer, vernichtender Vorwurf gegenüber dem
Pflegepersonal.
Dieses Gutachten, meine Damen und Herren, beschreibt zwei
solche Fälle. Es beschreibt, dass nicht etwa die Damen und Herren, die pflegen,
die sich bemühen, unter schwierigen Verhältnissen gut zu pflegen, schuld an
diesen Mängeln sind, sondern, Frau Stadträtin, der Spitalserhalter, die Stadt
Wien. Es ist darin davon die Rede, dass durch die chronische Unterbesetzung der
bettenführenden Station der Unfallchirurgie, Station 19E und 19B, die über
Monate und Jahre unterbesetzt war, in Station E immer zwei Pflegepersonen unter
dem Mindestsollstand, in der anderen Station sogar vier Personen unter dem
Mindestsollstand, die Menschen dort nicht ausreichend gepflegt werden konnten.
Frau Stadträtin, dabei geht es einmal nicht um alte
Menschen, so sehr wir uns heute dem Thema "Versorgung alter Menschen und
hochbetagter Menschen" widmen müssen, sondern es geht um zwei junge
Männer. Der eine liegt nach einem Unfall mit Querschnittslähmung auf der
Unfallchirurgie und wurde von der Intensivstation in die Bettenabteilung
überstellt. Er hätte Intensivpflege gebraucht. Diese Intensivpflege wurde – so
der Gutachter – nicht geleistet. Diese Intensivpflege wurde nicht geleistet,
weil zu wenig Personal da war. Es gab lückenhafte Aufzeichnungen, was überhaupt
gemacht wurde. Eine Einstufung dessen, was er brauchte, fand nicht statt.
Diese mangelnde Pflege hat zu
Wundliegegeschwüren geführt. Ich habe die Fotos dabei, Frau Stadträtin, und
würde Sie bitten, da Sie Ärztin sind und das bewerten können, sie sich nachher
anzuschauen. Jeder der Kollegen hier im Gemeinderat ist auch eingeladen, sie
anzuschauen. Ich veröffentliche sie nicht, denn das ist man dem Personenschutz
schuldig. Aber alle hier im Saal sollen wissen, dass ein junger Mann
Wundgeschwüre bekommen hat, die im konkreten Fall im Gesäß- und Rückenbereich
bis auf die Wirbelsäule durchgegangen sind. Stellen Sie sich das vor! Im AKH in
Wien! Man
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