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Gemeinderat, 32. Sitzung vom 24.09.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 63

 

ausfällt, sie aber ein Kind aufzuziehen hat? Wie soll sie sich um die Schulaufgaben kümmern? Wie um die Erziehung? Wie sieht es mit den Ferienzeiten aus? Haben die Akutspitäler noch die Möglichkeit, dass im Sommer weniger vorhergesehene Aufnahmen sind, weil auch die Menschen auf Urlaub sind, so ist es gerade im geriatrischen Bereich zu einem Zeitpunkt, wo auch diese Menschen zum Teil ihren Urlaub anstreben, weil sie Familien haben, so, dass die Patienten, die Bewohner, niemals von dort weggehen und noch solche von Angehörigen dazukommen, die mit Recht auch ihren Urlaub nehmen wollen. Also dort kommt es nicht zu einer Reduzierung der Menschen, die betreut werden müssen, zum Unterschied von allen Akutbereichen, wo selbstverständlich Betten und Stationen sperrbar sind.

 

Der Personalmangel im Pflegebereich, aber besonders im Geriatriebereich, ist eines unserer vordringlichsten Probleme. Er ist aber kein ureigenes Problem des Krankenanstaltenverbunds oder der Stadt Wien, sondern es ist ein Problem von ganz Österreich und noch mehr von Europa. Der Arbeitsmarkt an qualifizierten Pflegeangeboten, Pflegepersonal, weist bereits heute ein riesiges Überangebot an offenen Stellen auf. Es gibt immer weniger BewerberInnen für diese Ausbildung. Das Interesse der Jugend am Pflegeberuf sinkt. Wir brauchen die Unterstützung der ausländischen PflegerInnen, die wir seit Beginn der Siebzigerjahre nach Österreich geholt haben und die längst eins mit dem Land geworden sind. Wir haben über 60 Prozent Pflegepersonen in Wien, die nicht in Österreich geboren sind. Wir könnten unsere Einrichtungen ohne sie überhaupt nicht führen. Caritas-Direktor Landau schätzt im ORF-"Report", dass über 10 000 PflegerInnen aus benachbarten EU-Beitrittsländern hier illegal und sozialrechtlich unabgesichert arbeiten. Ich muss betonen, gerade hier behindert die restriktive Zuwanderungspolitik der Bundesregierung, Menschen aus dem Ausland regulär und sozial abgesichert im Pflegebereich arbeiten zu lassen. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Diese Bundesregierung lässt keine Pflegekräfte herein, weil sie nur Schlüsselarbeitskräfte wie Topmanager oder IT-Experten wünscht. PflegerInnen sind keine Schlüsselarbeitskräfte. Da frage ich Sie: Wie ist das mit der Definition von Schlüsselarbeitskräften? Warum verwehren wir den Pflegekräften diese Anerkennung, die Topmanager und IT-Experten haben? (GRin Ingrid Korosec: Das stimmt einfach nicht!) Die Definition, wer als Schlüsselarbeitskraft arbeiten darf, impliziert den gesellschaftlichen Wert des Berufsstands. (GR Kurth-Bodo Blind: Dann zahlen Sie ihnen etwas! Sie zahlen ihnen ja nichts!)

 

Die Arbeiten am Wiener Pflegeheimgesetz treiben wir weiter voran. Es ging nur mehr um das Vorliegen des Verfassungsgerichtshofsentscheids bezüglich Vorarlberg. Es ist in der Begutachtungsphase. Das Wiener Pflegeheimgesetz wird einen Katalog von PatientInnenrechten sowie Informationspflicht beinhalten. Es wird gesetzlich festgelegt, was jeder Heimpfleger zur Wahrung dieser Rechte vorzunehmen hat. Es ist uns bewusst, dass wir die Anerkennung der Pflege weiter verstärken und einen Imagewandel des Pflegeberufs dringend herbeiführen müssen. Das darf aber niemals über Zugangsbarrieren zur Ausbildung stattfinden. Die Kritik vom Rechnungshof an Wien, österreichweit die höchsten Ausbildungs- und Qualifikationskosten aufzuweisen, ist Hinweis darauf, wie viel uns alte Menschen und Kranke in Wien wert sind. Wenn Herr Minister Bartenstein vorschlägt, alte Menschen jemandem anzuvertrauen, der in einem Schnellsiedeverfahren zur Altenpflegequalifikation gelangt, dann entspricht dies nicht unserem Anspruch von Qualität. Ich erinnere mich noch an eine Diskussion im Sozialausschuss des Parlaments, als ich dort noch Abgeordnete war, wo überlegt wurde, Arbeitslose in die Pflege zu zwingen. Das ist ein absolut gefährliches Unterfangen, denn entscheidendes Kriterium der Berufswahl muss sein, dass man die Arbeit mit Patienten und mit alten Menschen schätzt. Wer sehr alte Menschen nicht schätzt und keine Neigung zu diesem Beruf hat, sondern ihn nur zur eigenen Existenzabsicherung ausübt, wird keine Pflegeleistung in unserem Sinn erfüllen.

 

Allein für die Aus- und Fortbildung im Pflegebereich werden in Wien jährlich zirka 36 Millionen EUR - das entspricht einer halben Milliarde Schilling - ausgegeben. Diese Kosten beinhalten die Grundausbildung in den Gesundheits- und Krankenpflegeschulen des Krankenanstaltenverbunds sowie die Fortbildung des Pflegepersonals. Im Rahmen der Führungskräfteausbildung wird die Praxis in einer geriatrischen Einrichtung ein verpflichtendes Element werden. Viele Jugendliche aus den Bundesländern strömen nach Wien zur Ausbildung und kehren dann wieder in ihr Heimatbundesland zurück, welches aus Kostengründen die Ausbildung viel restriktiver betreibt. Auch hier nimmt Wien, dass sich immer seine hohen Gesundheitskosten vorwerfen lassen muss, eine Vorreiterrolle ein. Ohne die zahlreiche Ausbildung in Wien hätten viele Bundesländer nicht annähernd die Pflegeschlüssel, die sie erreichen wollen. Mit einer Ausbildungsoffensive bis 2005 investiert die Stadt Wien 3,5 Millionen EUR und ermöglicht so 160 Heimhelferinnen, sich zu Pflegehelferinnen weiterzubilden und 140 Pflegehelferinnen, sich zur diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegefachkraft ausbilden zu lassen. Wir haben im Frühjahr 2002 eine groß angelegte Werbekampagne für den Pflegeberuf durchgeführt und wiederholen diese im Frühjahr 2004. Es werden allen Interessenten Schnuppertage sowie Schnupperpraktika angeboten, um vor allem motivierte Mitarbeiter für den Bereich der Altenpflege gewinnen zu können.

 

Im Rahmen der krankenanstaltenverbundeigenen Personalentwicklung werden verstärkt Ausbildungslehrgänge im Rahmen des zweiten Bildungswegs sowie der Pflegehelferausbildung geschürt. Fort- und Weiterbildung im Bereich der geriatrischen Pflege sowie in der Pflege Schwerstkranker und Sterbender gehört zum obligaten Fortbildungsprogramm der Mitarbeiter. Die Durchführung von Nostrifikationslehrgängen ermöglicht auch ausländischen Mitarbeitern, sich zu qualifizieren. Allerdings sind die Bestimmungen des

 

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