Gemeinderat,
31. Sitzung vom 23.09.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 48 von 57
Sozialhilfe zu bekommen. Aber gegen diesen Skandal macht die Bundesregierung nichts. Es ist schon gesagt worden: 30 000 Personen sind betroffen.
Eine Sache wollte ich auch noch ansprechen, weil es
da tatsächlich einen Sozialabbau gibt, allerdings nicht in Wien, sondern in dem
Sinn beim Bund, nämlich betreffend die Asylbetreuung, wo ja Mitte September der
Oberste Gerichtshof festgestellt hat, dass diese umstrittene Richtlinie des
Innenministers über die Betreuung von Asylsuchenden nicht gesetzeskonform ist.
Wien hat während dieser Zeit, wo es diese Diskussion gibt,
800 000 EUR für 600 Menschen, die wir zusätzlich aufgenommen
haben, schon bezahlt. Wir haben es bezahlt aus guten humanitären Gründen. Ich
bin mir sicher, wir werden es in dem Sinn nicht bekommen, weil die Diskussion
ist, wie in Zukunft die Regelung sein wird. Der Bund wäre eigentlich
verpflichtet, die Betroffenen unterzubringen. Er versucht nur jetzt das wieder
auf die Länder und Gemeinden abzuschieben. Die ExpertInnen kritisieren den
Entwurf, denn auch hier ist wieder vorgesehen eine so genannte Erstabklärung
innerhalb von ein, zwei Tagen, dann bist du weg, du kannst ins Ausland gebracht
werden, währenddessen du versuchst, dagegen zu berufen. Das sind alles Dinge,
die eigentlich eines Rechtsstaates nicht würdig sind.
Wir bringen daher einen Beschluss- und
Resolutionsantrag ein, wo wir folgende Forderungen aufstellen:
"Der Wiener Gemeinderat fordert die
Bundesregierung auf, sicherzustellen, dass Österreich ein Land bleibt, wo
Asylsuchende ein wohl beschleunigtes, aber dennoch ausreichend gründliches und
faires Verfahren bekommen, in dem die Umstände ihrer Flucht und ihrer
Schutzwürdigkeit geprüft werden, die für die Betreuung Asylsuchender
notwendigen Betreuungsplätze entsprechend ihrer gesetzlichen Verpflichtung und
auch in einer bestimmten gesetzlichen Mindestqualität bereitzustellen, die
nicht die Menschenwürde und Menschenrechte verletzen", und als letzten
Punkt, "ihre Verantwortung für asylsuchende Menschen nicht auf andere
Institutionen, die Länder, die Gemeinden sowie humanitäre Hilfsorganisationen
abzuschieben."
In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt.
Zur Schule sage ich jetzt nichts mehr, sonst wird es
zu lange, aber zwei Punkte möchte ich nur ganz kurz erwähnen.
Bei der MA 12, weil auch da immer wieder der
Vollzug angesprochen wurde, wurden ja neue Beamte aufgenommen. Das ist bekannt.
Wir haben darauf reagiert. (GR Dipl Ing Martin Margulies: Eineinhalb!) Wir
haben jetzt im September begonnen, und seitdem geht es auch besser.
Bei den Lehrlingen wird viel investiert. Wir machen
da sehr viel als Gemeinde Wien, und es hat daher mit einem Abbau nichts zu tun,
wenn die Lehrlingsbüchereien jetzt in anderer Form fortgeführt werden. Es war
eine rein organisatorische Maßnahme, denn für die Büchereien selbst – das kann
man gut oder schlecht finden – wurde ja mehr Geld bereitgestellt. Es gibt eben ein
anderes Konzept. Ich verstehe, dass man das anbringen wollte, weil ich weiß,
dass das manchen nicht gefällt und dass es diese Diskussion gibt. Wenn ich bei
einer Oppositionspartei wäre, würde ich vielleicht auch nach jedem Strohhalm
greifen, ihn an mich raffen und damit herumwacheln. Man kann es ja ablehnen
meinetwegen, aber es ist einfach kein Beleg für das, was heute in Diskussion
steht.
Also alle ehrlich Aufgeregten bitte ich, sich an die
richtige Adresse zu wenden, nämlich für eine neue oder andere Wirtschaftspolitik
im Bund zu kämpfen. Jenen, die ein politisches Spektakel abziehen zu den
gesetzlichen und vertraglichen Sozialhilfeleistungen und Transfers, sei
versichert: Allem Oppositionsdonner zum Trotz, Wien ist und bleibt sozial. (Beifall
bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort
gemeldet ist Herr GR Kenesei. Ich erteile es ihm.
GR Günter Kenesei (Grüner Klub im
Rathaus): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr
Bürgermeister! Frau Stadträtin!
Also, Herr Bürgermeister, mit dem angedrohten
Liebesentzug, der da gesagt wurde (Bgm Dr Michael Häupl: Ich drohe nicht!),
oder mit dem ausgesprochenen Liebesentzug, der durchaus verschmerzbar ist,
und mit dieser Reaktion zeigt sich
offensichtlich, dass die Sozialdemokratie in Wien bei etwas ertappt
wurde, was ihr selbst zutiefst unangenehm ist. Ich kann mir schon vorstellen,
das ich es als Sozialdemokratie in Wien durchaus als unangenehm empfinde,
gerade im Sozialressort Kürzungen diskutieren zu müssen, angedachte Kürzungen
zu diskutieren, bereits teilweise das auch Vereinen und Organisationen
mitzuteilen und denen zu sagen: Ja, es tut uns Leid vielleicht, aber es ist so.
Und ich glaube, es nützt nichts, sich jetzt einfach
hinzustellen und zu schreien „Haltet den Dieb“ und damit den Bund zu meinen.
Man begibt sich aber selbst in eine sehr verdächtige Position, nämlich in eine
Position, wo man selbst zu einem Täter wird, um das jetzt nicht
misszuverstehen, der im Sozialbereich eben massive Einschnitte vornehmen muss,
um den gesamten Haushalt halbwegs ordnungsgemäß über die Bühne zu bringen.
Und jetzt hat es halt das Pech gegeben, Frau Kollegin
Wehsely, dass ein paar Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Haus nicht nach der
Pfeife der Sozialdemokratie getanzt haben, sondern couragiert genug gewesen
sind, diese Unterlagen sowohl an die Medien als auch unter anderem an uns
weiterzureichen und uns zu sagen und zu zeigen: "Hallo, da passiert etwas
unter Ausschluss der Öffentlichkeit, mit dem können wir nicht mehr mit. Es
bedroht massiv einzelne Einrichtungen in dieser Stadt, die im sozialen Gefüge
einen wichtigen Beitrag leisten."
Und bei dem sind Sie erwischt
worden, bei dem Versuch, hinter verschlossenen Türen vorzugehen, wie es im
Sozialressort halt leider üblich ist. Es gibt ein paar andere Ressorts, wo
durchaus über Themen, die heikel sind, diskutiert wird. Das ist bei der Frau
StRin Laska nicht der Fall. Jeder hat halt seine eigene Ressortführung. Aber es
ist einmal das ans Licht der Öffentlichkeit
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