Gemeinderat,
31. Sitzung vom 23.09.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 31 von 57
EU-Schnitt zurück. Ich rede da gar nicht über die Spitzenwachstumsländer, sondern ich spreche von den EU-Fünfzehn, mit denen wir uns vergleichen sollen.
Damit wir hier auch ein bisschen wissen, wovon wir
reden, habe ich einige Grafiken vorbereitet, damit sich auch die Damen und
Herren von der Opposition die wirtschaftlichen Kennzahlen ansehen können. Ich
möchte Ihnen auch sagen, dass das nicht meine Kennzahlen sind, die ich Ihnen
hier präsentiere, sondern sie sind von der Europäischen Kommission. Diese
Kennzahlen sind der "Economic Forecast, Spring 2003" der
EU-Kommission entnommen.
Meine Damen und Herren! Wenn wir uns die Reallöhne
ansehen - es ist ein sehr bedauerliches Thema, dass die Reallöhne in Österreich
im Vergleich zur EU seit dem Jahr 2000 ganz massiv zurückgehen -, dann
dürfen wir uns natürlich nicht wundern, dass, wenn die Menschen, die Männer und
Frauen, die arbeiten gehen, weniger Einkommen haben, dadurch auch immer mehr von
ihnen unter die Grenzen der sozialen Bedürftigkeit fallen. Was passiert? -
Immer mehr werden in Teilzeit abgedrängt, immer mehr müssen neue
Beschäftigungsformen annehmen, bei denen sie keine Sozialversicherung haben und
für den ganzen Sozialaufwand selbst aufkommen müssen. Das hat natürlich auch
Auswirkungen auf die Sozialtöpfe des Bundes, der Länder und natürlich auch auf
die Sozialtöpfe der Stadt Wien.
Ich darf das im Folgenden ein bisschen verdeutlichen:
Wir haben im Jahr 2001 zum Beispiel einen Reallohnverlust von
0,3 Prozent gehabt, während die EU-Länder beim Reallohn einen Anstieg um
1,4 Prozent verzeichnet haben. Für das Jahr 2002 betrug der
Unterschied 0,3 und 0,1 Prozent, und für das Jahr 2003 0,4 und
1,4 Prozent. Das heißt, meine Damen und Herren, real gesehen ist
Österreich im internationalen Vergleich um 3 Prozentpunkte - Sie müssen
sich überlegen, das sind mindestens zwei, wenn nicht drei Lohnerhöhungen, die
wir normalerweise verhandeln müssten! – zurückgefallen. Und dafür, meine Damen
und Herren, muss sich diese Bundesregierung an der Nase nehmen lassen und auch
genieren.
Was die Arbeitslosigkeit betrifft, so haben wir ja
heute schon gehört, dass die Arbeitslosigkeit auf einen Rekordstand seit 1945
angestiegen ist. Mit rund 290 000 Arbeitslosen müssen wir im
Jahresschnitt leider rechnen. Dass in Wien sehr viele Arbeitslose sind, hat
ganz klare Gründe: Der Bund baut vor allem in Wien bei den Beamten ab. Wir
brauchen ja nur bei der Polizeireform zu schauen, wie viele Beamte es da
weniger gibt. (GR Heinz Christian Strache: Dort wird keiner gekündigt! Das
ist ein Irrtum!) Der Bund besetzt frei werdende Stellen nicht nach. (GR
Heinz Christian Strache: Bei den Polizeibeamten sind keine gekündigt worden!)
Kollege
Strache, sagen Sie mir doch bitte: Wie viele Infrastrukturprojekte (GR Heinz
Christian Strache: Sagen Sie mir, wie viele Polizeibeamte gekündigt worden
sind!) hat der Bund in den letzten drei Jahren in Wien gestartet? - Ich
kann es Ihnen sagen: Kein einziges! (GR Heinz Christian Strache: Wie viele
Polizeibeamte sind gekündigt worden – weil Sie gesagt haben, bei der Polizei
werden welche gekündigt? – Dort wird keiner gekündigt!) Es ist doch ein
"Zufall", dass der Ausbau der West- und der Südautobahn vor den Toren
der Stadt aufhört - oder ist das kein Zufall? - oder dass die Errichtung des so
genannten Wildschweintunnels eingestellt wird. (GR Kurth-Bodo Blind: Wer
sagt das?) - Nun ja, ist das der Fall oder nicht? (GR Kurth-Bodo Blind:
Haben Sie das wo gelesen? Dann haben Sie das in der falschen Zeitung gelesen!) Sie
ist ein Jahr lang eingestellt worden auf Grund von Klagen. (GR Kurth-Bodo
Blind: Das ist ja ein Blödsinn!)
Die
Infrastrukturmaßnahmen sind auf alle Fälle massiv zurückgegangen. (GR
Kurth-Bodo Blind: Wo haben Sie das mit dem Wildschweintunnel her? Haben Sie das
phantasiert? Haben Sie das phantasiert, Herr Kollege Reindl?) In Wien wird
de facto vom Bund nichts in die Infrastruktur investiert. Damit Sie das
auch sehen, habe ich wieder eine Grafik vorbereitet. Sie können sich hier
ansehen (der Redner hält eine Grafik in die Höhe) - hier haben Sie die
EU-Länder, für alle sichtbar -, wie hoch die Investitionen des Bundes in
Prozent des Bruttoinlandsprodukts sind. Das ist die Kennzahl, über die wir
sprechen, und da liegt Österreich an letzter Stelle - es hat gerade noch auf
der Grafik Platz gefunden. Wir haben gegenüber den EU-Ländern einen Rückgang
von jährlich zwischen ein und zweieinhalb Prozent bei den
Infrastrukturmaßnahmen, und was das heißt, wissen Sie: Arbeitslosigkeit am Bau,
Arbeitslosigkeit im Nachrüstungsgewerbe und Arbeitslosigkeit auch bei vielen
Firmen.
Wir dürfen
uns daher nicht wundern, wenn auch private Firmen sagen: In der Wirtschaft muss
es schon ziemlich schlecht gehen, der Bund investiert nicht; da bin ich lieber
auch ein bisschen vorsichtig und investiere weniger! – Was ist die Folge davon?
- Die Konjunktur geht zurück. Übrigens hat auch die Entwicklung bei den
Reallöhnen dazu geführt, dass es einen ganz massiven Rückgang des Konsums gegeben
hat, wie den Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP ihre Freunde in der
Handelskammer ja bestätigen können.
Was den
wirtschaftlichen Reichtum betrifft, so wird der SPÖ von Ihnen oft der Vorwurf
gemacht, 30 Jahre lang gut für das Land gearbeitet zu haben. Dazu muss man
sagen: Wir haben dafür im Jahr 1998 auch die Quittung bekommen, denn
Österreich lag damals innerhalb der OECD - das ist die Organisation der
wirtschaftlich entwickelten Länder – am vierten Platz. Wir waren im
Jahr 1998 das viertreichste Land; auch 1999. Im Jahr 2000 sind wir
auf einmal auf den sechsten Platz zurückgefallen. Da könnte man jetzt sagen:
Nun gut, eine kleine statistische Änderung, da hat es irgendwelche
Kursschwankungen in den Fremdwährungen gegeben. – In den Jahren 2001 und 2002
liegen wir jedoch auf dem achten Platz und - ich habe mir heute am Morgen noch
die Statistik der OECD angeschaut - es besteht sogar die Gefahr, dass wir heuer
auf den elften Platz zurückfallen!
Das sind wirklich betrübliche
Fakten; diese Untersuchungen sind von einer unabhängigen Organisation
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular