Gemeinderat,
31. Sitzung vom 23.09.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 57
entwickeln können, Probleme lösen können - und sich
nicht hier herausstellen, so wie Sie das heute wieder gemacht haben und wie Sie
es auch im Ausschuss immer wieder machen. Es ist ja bitte nicht so, dass das
jetzt nur unsere Fraktion feststellt, sondern auch alle anderen. Es kommt im
Ausschuss zu Situationen, wo Anträge gestellt und dort behandelt werden, wo
sich Gemeinderäte redlich Mühe geben, sachlich, inhaltlich ein Argumentarium
aufzubauen und das dort auch in die Diskussion einzubringen - und Sie sitzen
dann oftmals dort, wortlos, sind nicht einmal bereit, darauf zu replizieren,
geben nicht einmal irgendeine Antwort von sich, sitzen dort mit einer
Großnäsigkeit (VBgmin Grete Laska: Vorsicht in der Wortwahl!) und gehen einfach
zur Abstimmung über. - Das ist nicht die Art und Weise, wie man sich als
Stadträtin normalerweise verhalten sollte. (VBgmin Grete Laska: Gerade von
Ihnen hätte ich gerne ein paar Hinweise auf Verhalten...! Gerade von Ihnen!)
- Nein: Gerade von mir, glaube ich, kann man so etwas sehr wohl in Kauf nehmen,
denn ich bin jemand, der sicherlich nicht versucht, Antworten schuldig zu
bleiben, und ich bin sicherlich jemand, mit dem man reden kann und der auch mit
jedem redet, egal, welcher politischen Herkunft er ist. Und das ist auch
wichtig. (VBgmin Grete Laska: Für Sie!)
Sie aber sind nicht einmal bereit, auf sachliche
Vorschläge einzugehen, nicht einmal bereit, Ihre Gegenargumente einzubringen,
sondern wischen das einfach flapsig weg – man könnte das als "nicht einmal
ignorieren" bezeichnen. (GR Mag Thomas Reindl: Herr Kollege, ich
glaube, Sie sitzen in einem anderen Ausschuss!) Das ist im letzten
Ausschuss unserer GRin Heidemarie Unterreiner passiert, die nach dieser
Situation den Ausschuss dann verlassen hat und sich wirklich zutiefst nicht nur
gekränkt, sondern auch geärgert hat. (GR Mag Thomas Reindl: Wir haben sogar
einen Punkt für Sie vorgezogen im Ausschuss! Das ist ja unerhört, wie
Sie ...!) Das ist nicht die Art und Weise, wie man mit den Gemeinderäten
der Opposition umgehen sollte.
Ich glaube, dass die dunklen Flecken der
Sozialpolitik, die in Wien hausgemacht sind, auch nur hier in Ordnung zu
bringen sind. Sie müssen eben endlich damit aufhören, Verantwortungen
wegzuschieben, und sich eingestehen, dass diese Verantwortungen, von denen wir
heute reden, in Ihrem Bereich liegen, dass das nichts mit der Bundesregierung
zu tun hat und dass auch der Herr Bürgermeister hier nicht aus der
Verantwortung zu nehmen ist und endlich dafür Sorge tragen soll, dass sachlich
in all diesen Bereichen, ob Pflegebereich oder Sozialbereich, endlich
inhaltliche Verbesserungen umgesetzt werden. Nicht wieder nach dem Prinzip:
Zuerst alles wegreden, Verantwortlichkeiten wegschieben - und wenn ich dann
nicht mehr weiter weiß, dann gründe ich halt einen Arbeitskreis, der dann
wieder zwei Jahre tagen wird, ohne dass am Ende irgendetwas Konkretes dabei
herauskommt, und in drei, vier Jahren stehen wir wieder hier und müssen alle
diese Probleme, die wir heute und morgen besprechen werden, wieder erleben.
Das liegt jetzt an Ihnen - Sie sind jetzt gefordert,
das zu tun. Wenn Sie es nicht tun, dann wird sich der Bürger zwar vielleicht
eine Zeit lang von Ihren Kampagnen, die Sie jetzt unter dem Motto "Wien
will 's wissen" führen, in manchen Bereichen täuschen lassen; aber Wien
will es doch auch in diesen Bereichen wissen - und da bleiben Sie alle
Antworten schuldig!
Diese Antworten sind von Ihnen zu geben, sonst wird
der Bürger auch Ihnen gegenüber entsprechend zum Ausdruck bringen, dass Sie
Ihrer Verantwortung in Wien einfach nicht gerecht werden, und irgendwann einmal
wird auch die Rechnung präsentiert werden. (Beifall bei der FPÖ. - VBgmin
Grete Laska: Da warten wir darauf! Da warten wir darauf, ...!)
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner:
Als nächster Redner ist Herr Mag Reindl zum Wort gemeldet. Ich erteile ihm
das Wort.
GR Mag Thomas Reindl (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau
Vorsitzende! Frau Vizebürgermeister! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Würde man eine Manöverkritik des bisherigen
Sitzungsverlaufs anbringen, dann müsste man sagen: Die
Skandalisierungs-Seifenblase ist zerplatzt; es bleibt nichts übrig als warme
Luft.
Ich glaube, gerade als Abgeordnete dieser Stadt
müssen wir uns doch dessen bewusst sein und uns bewusst machen, dass wir hier
nicht auf einer Insel der Seligen leben, dass wir nicht sagen können: Na gut,
Wien ist Wien, und alles andere ist mir egal; was in Wien passiert, ist
wichtig, was außerhalb der Wiener Stadtgrenzen passiert, ist nicht wichtig!,
dass wir nicht so tun können, als ob es keine Länder, keinen Bund, kein Europa
gäbe, dass wir sozusagen nicht alles auf dieses Wien fokussieren können und die
Wiener Stadtregierung und die Wiener Verantwortlichen dafür immer in die
Pflicht nehmen können. Wir befinden uns in einem kommunizierenden Gefäß und uns
muss klar sein, meine Damen und Herren: Österreich war immer unter den Besten
in Europa, was Sozialkriterien anbelangt, was den Sozialstaat, das
wirtschaftliche Leben und die Beschäftigung betrifft. - Heute sind wir davon
leider sehr weit entfernt. Wir fallen im internationalen Wirtschaftsranking
immer mehr zurück. Konservative Zeitungen wie zum Beispiel die "Salzburger
Nachrichten" titeln: "Die Flaute ist hartnäckig", "In der
anhaltenden Wirtschaftskrise macht Schüssel eine schlechte Wirtschaftspolitik
und nützt den nationalen Handlungsspielraum nicht."
Meine Damen und Herren! Das ist die Wahrheit, und von
dieser Wahrheit kann sich Wien leider nicht abkoppeln. Wir haben die höchste
Steuer- und Abgabenquote, wir müssen damit rechnen, dass wir nächstes Jahr das
nächste Belastungspaket haben werden, wir haben die höchste Arbeitslosigkeit
seit Bestehen der Zweiten Republik. - Und daran, meine Damen und Herren, ist
bitte nicht Wien schuld, sondern es sind die Rahmenbedingungen insgesamt. – Wir
haben sinkende Reallöhne, wir sind Schlusslicht bei den öffentlichen
Investitionen, und Österreich fällt im internationalen Reichtumsranking immer
weiter ab. Das Wirtschaftswachstum bleibt ganz massiv, meine Damen und Herren,
hinter dem
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