Gemeinderat,
31. Sitzung vom 23.09.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 57
gemacht
worden. Ich finde es wirklich arg, dass Sie dann hier sagen, Wien sei schuld
daran, dass es uns in Österreich so schlecht geht. Das ist ja wirklich gemein.
Und wenn wir uns das Wirtschaftswachstum anschauen -
das ist jetzt meine letzte Grafik (der Redner hält wieder eine Grafik in die
Höhe) -, dann werden Sie sehen, ... (StRin Dipl Ing Dr
Herlinde Rothauer: Kommen Sie dann auf Wien zu sprechen?) - Ja, ich komme
auch auf Ihre Wortmeldung zu sprechen. Aber man muss die Rahmenbedingungen
kennen (StRin Dipl Ing Dr Herlinde Rothauer: Ja, ja, wir kennen sie
alle!), man muss wissen, dass wir in Wien nicht die Kraft haben (StRin
Dipl Ing Dr Herlinde Rothauer: Ja, ja, die haben wir!), um alles, was
da an Rahmenbedingungen vorhanden ist, abfedern zu können. Das müssen Sie doch
verstehen! - Heute hören wir, was wir gemacht haben, um im Sozialbereich hier
eventuelle Verschlechterungen hinanzuhalten. Aber Sie müssen doch sehen, dass
wir uns von diesen Rahmenbedingungen nicht abkoppeln können, oder? Sie sind
doch eine Frau aus der Wirtschaft! Kennen Sie diese Zahlen nicht? - Ich glaube,
schon.
Auch was das Wirtschaftswachstum betrifft, bleiben
wir weit hinter dem EU-Schnitt zurück. Wir haben seit 2001 ungefähr
4 Prozentpunkte weniger Wirtschaftswachstum.
Was die Beschäftigung betrifft, so muss man sagen,
dass die Regierung da mit dem Kindergeld einen ganz raffinierten Schachzug
gemacht hat, weil die Kindergeldbezieher als Beschäftigte gelten und daher in
keiner Arbeitslosenstatistik aufscheinen. Auch Teilzeit- und geringfügig
Beschäftigte werden voll eingerechnet. Wenn wir vom tatsächlichen
Beschäftigungsvolumen sprechen, so muss uns klar sein, dass wir hier vor ganz
massiven Problemen stehen. - Diese Auswirkungen spüren wir im täglichen Leben.
Es spüren sie vor allem die Österreicherinnen und Österreicher und auch die
Wienerinnen und Wiener in ihrem Geldtascherl.
Als ich am Mittwoch voriger Woche im
"Kurier" bezüglich Jugendarbeitslosigkeit von einem
"Spitzenplatz" für Österreich in der OECD-Studie gelesen habe, habe
ich mir zunächst gedacht: Super, die Jugendarbeitslosigkeit ist also ohnedies
nicht so hoch. – Nun ja, leider liegen wir auf dem dritten Platz - aber von
hinten gesehen! Bis auf die Türkei und die Slowakei gibt es innerhalb der OECD
kein Land, das mehr jugendliche Arbeitslose hat, also Menschen, die zwischen
dem 15. und 19. Lebensjahr weder in Ausbildung sind noch eine Arbeit
haben. Da muss ich ehrlich sagen: Ich wundere mich, dass das von der
Bundesregierung so hingenommen wird! Die Jugendlichen sind unsere Zukunft, sie
sollen die Säule unseres Landes werden, und wenn investiert wird, dann sollten
vor allem auch in diesem Bereich Akzente gesetzt werden.
Nun kurz zu meinen Vorrednern. Weil hier vom Kollegen
Margulies der Vorwurf erhoben wurde beziehungsweise auch ein Antrag eingebracht
wurde, was den Stabilitätspakt betrifft, darf ich dazu Folgendes sagen – ist
Kollege Margulies im Saal? – nein? (GR Franz Ekkamp: Die Debatte
interessiert ihn nicht!) – okay, dann sagen Sie es ihm, bitte! -: Wir
werden diesen Antrag ablehnen, und wir haben dafür mehrere Gründe. Der erste
Grund ist der, dass die Stadt Wien prinzipiell vertragstreu ist. Das heißt,
wenn die Stadt Wien einen Vertrag abschließt, dann wollen nicht wir diejenigen
sein, die diesen Vertrag brechen. Es geht da auch um die Glaubwürdigkeit der
Stadt. Man kann nicht einfach einen Vertrag abschließen und dann sagen: Naja,
jetzt schaut es anders aus, verzichten wir darauf! - Aber wir haben uns hier an
den Bund angepasst. Der Bund legt ja den Stabilitätspakt seit neuestem, seitdem
es mit dem Nulldefizit nicht mehr funktioniert, so aus, dass er sich auf den
Konjunkturzyklus bezieht. Das werden wir in Wien auch machen. Es ist nur fair,
dass alle Länder, die diesen Vertrag eingegangen sind, dann, wenn von
Bundesseite hier eine Änderung erfolgt, sagen: Okay, wir sind mit dieser
Änderung einverstanden, aber wenn sie für den Bund gilt, muss sie natürlich im
selben Atemzug auch für die Länder und für die Gemeinden gelten. - Für eine
solche Änderung des Vertrages kann man, glaube ich, durchaus eintreten, weil
dabei jeder unter den gleichen Rahmenbedingungen beziehungsweise unter den
gleichen Spielregeln eine Veränderung macht.
Wir treten für die Erhaltung und Sicherung des Sozialsystems
in Wien ein. Wir haben heute von der Frau Vizebürgermeister und von meiner
Kollegin Wehsely schon gehört, welche Maßnahmen wir setzen, damit das
Sozialsystem in Wien gesichert bleibt und auch erhalten bleibt. Zu diesem
Papier, das heute hier zitiert wurde, möchte ich sagen: Es muss doch wohl auch
gestattet sein, dass man sich einmal überlegt: Was wäre der worst case? - Wenn
alles zusammenbricht und wenn das wirklich nicht mehr funktioniert, dass man
die Löcher stopft. - Diese Überlegung hat stattgefunden; sie kommt nicht zur
Anwendung. Aber in einem bin ich mir sicher: Würde Wien von einer konservativen
Regierung regiert, dann wären all diese Maßnahmen seit dem Amtsantritt dieser
Regierung schon umgesetzt worden und wir stünden heute vor einer viel, viel
schlimmeren Situation!
Zur Sozialhilfe wurde bereits gesagt, dass der
Vollzug der Sozialhilfe beim Land bleibt, so wie bisher. Und wer mit der
Sozialhilfe beauftragt ist, das, glaube ich, sollte nicht unser Thema sein.
Dass vielleicht die Opposition die eine oder andere Dame oder den einen oder
anderen Herrn lieber oder weniger gern hätte, ist nicht unser Thema. Hier sind
ganz klare Kenntnisse Voraussetzung, und diese Voraussetzung wurde auch
erfüllt.
Zum Kollegen Strache möchte ich sagen: Die Frau
Vizebürgermeisterin hat kein Haupt-Syndrom! Der Herr Vizekanzler sagt heute so,
morgen so und übermorgen so (GR Franz Ekkamp: Ein Turbo ist langsam!) – ein
Turbo ist langsam, ja -, aber bei unserer Vizebürgermeisterin können Sie eine
ganz klare, durchgehende Linie verfolgen. Wenn in irgendwelchen
Zeitungsartikeln irgendwelche Zahlen herumschwirren und Sie glauben diese
Zahlen, dann ist das Ihr Problem. Wir haben hier, glaube ich, auf alle Fälle
eine sehr gute Argumentationskette und auch gute Papiere geliefert.
Was den Ausdruck
"sozialpolitische Schweinereien"
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