Gemeinderat,
30. Sitzung vom 25.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 68 von 76
ich, Holocaust-Leugner und alles mögliche, eine
undifferenzierte Darstellung, sonst gar nichts, die man nur dringendst und auf
das klarste zurückweisen kann als Diffamierung und Verleumdung von allen
möglichen Personen. Sie haben hier undifferenziert Namen heruntergebetet, ohne
nähere Details, bis auf ein, zwei Personen – die sind mir auch bekannt –, die
also durchaus belastet sind. Aber alles in allem haben Sie hier eine Pauschalverurteilung
vorgenommen.
Und wenn Sie jetzt kommen mit einer Person, Reisegger
heißt er, dann weiß ich zufälligerweise, dass das ein extremer
Globalisierungsgegner ist. Er ist ein Mann, der ein extremer
Globalisierungsgegner ist, der in Ihrem Boot sitzt, der eigentlich Ihr Verbündeter
sein müsste. Dass er kein Linker ist, hören wir jetzt gerade. Aber dessen
ungeachtet macht er mit Ihnen auf weiten Strecken offensichtlich gemeinsame
Sache, weil er gemeinsam mit Ihnen Projekte vertritt und Sachen bekämpft, die
Sie genauso wenig wollen wie er.
Sie haben eine einseitige Sichtweise, eine partielle
Wahrnehmung; wie es bei den GRÜNEN halt üblich ist. Sie übersehen völlig – das
hat der Kollege Prochaska schon gesagt –, in irgendeiner Form auch eine
Gleichgewichtung vorzunehmen in Bezug auf linksradikale Organisationen, denen
Ihr Schutz hier geboten wird.
Und nichts anderes zu machen als das zu benützen, um
die Diffamierung einer von großem Unglück getroffenen Volksgruppe zu betreiben,
die den Verlust der Heimat für sich zu beklagen hatte, das zu tun ist also
etwas, was einfach unanständig ist.
Und ich möchte schon feststellen, dass man halt den
Eindruck hat, dass immer dann, wenn von Vertreibungsopfern gesprochen wird, die
deutschsprachig sind, Ihre Solidarität nicht gegeben ist. Das möchte ich in
aller Deutlichkeit feststellen.
Und was den Herrn Kenesei betrifft, möchte ich noch
dazusagen, dass er hier den Versuch gemacht hat, mit Vorwürfen von
Holocaust-Leugnen und ähnlichem eine Generation zu treffen, die ein schweres
Schicksal getragen hat, eine Generation von Menschen, die nach der Vertreibung
hier in Österreich dieses Land aufgebaut hat und sich große Verdienste um
dieses Land erworben hat. Und dass jetzt diese Menschen von selbstgerechten
Nachgeborenen sozusagen schlicht und einfach niedergemacht werden, ist eine
Ungeheuerlichkeit. (Beifall bei der FPÖ
und des GR Rudolf Klucsarits.)
Wir Freiheitliche begrüßen selbstverständlich die
heutige Beschlussfassung über die Subvention an den VLÖ, also den "Verband
der Volksdeutschen Landsmannschaften Österreichs", aufs Nachdrücklichste.
Und nochmals: Zu den Angriffen der GRÜNEN, die ja zu
erwarten gewesen sind, möchte ich verweisen auf die Charta der Vertriebenen von
1950, eine Erklärung, die zur Versöhnung und zu Verzicht auf Rache aufgerufen
hat und die fünf Jahre nach der Vertreibung stattgefunden hat.
Es handelt sich wahrscheinlich um die weltweit
einzige Vertriebenen-Gruppe, wo kein Unruheherd entstanden ist, wo nicht ein
Weltproblem sich aus der Vertreibung ergeben hat, wie es ja wahrscheinlich
Stalin sich gewünscht hat, wie wir es heute haben in Palästina, in Osttimor
oder weiß Gott wo. Osttimor hat sich bereits, wie ich weiß, natürlich erledigt.
Und das ist geschehen, obwohl die Forderungen und
Wünsche dieser Heimatvertriebenen niemals in Europa, in Deutschland, in
Mitteleuropa Beachtung gefunden haben. Das muss man auch feststellen.
Aus der Charta der Vertriebenen vom
5. August 1950 möchte ich zumindest partiell ein bisschen hier
vorlesen, weil sie einfach unbekannt ist und Sie offensichtlich nicht wissen,
mit welchen Menschen Sie es zu tun haben. Sie haben damals, 1950, gesagt:
"Wir Heimatvertriebenen verzichten auf Rache und
Vergeltung. Dieser Entschluss ist uns ernst und heilig im Gedenken an das
unendliche Leid, welches im Besonderen das letzte Jahrzehnt über die Menschheit
gebracht hat. Wir werden jedes Beginnen mit allen Kräften unterstützen, das auf
die Schaffung eines geeinten Europas gerichtet ist, in dem die Völker ohne
Furcht und Zwang leben können." – Worte, die 1950 gefallen sind und die
wir und auch ihre Generation heute Gott sei Dank wirklich erleben können.
"Wir werden durch harte unermüdliche Arbeit teilnehmen am Wiederaufbau
Deutschlands und Europas. Wir haben unsere Heimat verloren. Heimatlose sind
Fremdlinge auf dieser Erde. Gott hat die Menschen in ihre Heimat
hineingestellt. Den Menschen mit Zwang von seiner Heimat zu trennen, bedeutet,
ihn im Geiste zu töten. Wir haben dieses Schicksal erlitten und erlebt. Daher
fühlen wir uns berufen, zu verlangen, dass das Recht auf Heimat als eines der
von Gott geschenkten Grundrechte der Menschheit anerkannt und verwirklicht
wird. Solange dieses Recht für uns nicht verwirklicht ist, wollen wir aber
nicht zur Untätigkeit verurteilt beiseite stehen, sondern in einer neuen, geläuterten
Form verständnisvollen und brüderlichen Zusammenlebens mit allen Gliedern
unseres Volkes schaffend wirken."
Dann erheben sie einige innerstaatliche Forderungen
der Gleichberechtigung mit der bereits dort wohnenden Bevölkerung und sagen
dann: "Die Völker der Welt sollen ihre Mitverantwortung am Schicksal der
Heimatvertriebenen als der vom Leid dieser Zeit am schwersten Betroffenen
finden. Die Völker sollen handeln, wie es ihren christlichen Pflichten und
ihrem Gewissen entspricht. Die Völker müssen erkennen, dass das Schicksal der
Heimatvertriebenen, wie aller Flüchtlinge, ein Weltproblem ist, dessen Lösung
höchste sittliche Verantwortung und Verpflichtung zu gewaltiger Leistung
fordert. Wir rufen Völker und Menschen auf, die guten Willens sind, Hand
anzulegen ans Werk, damit aus Schuld, Unglück, Leid, Armut und Elend für uns
alle der Weg in eine bessere Zukunft gefunden werden kann."
Und das 1950 von Menschen, die vor fünf Jahren
vertrieben wurden. Eine große Tat, würde ich meinen.
Dass die GRÜNEN dafür kein Verständnis haben, das
haben wir jetzt gerade gehört. Ich glaube, sie können auch mit dem Begriff
Heimat wenig anfangen. Für sie ist Heimat nur ein Wort.
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