Gemeinderat,
30. Sitzung vom 25.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 65 von 76
später ist dann auch hier in Österreich und in Wien diese
Entwicklung entstanden.
Ich darf mich selbst sozusagen als Zeugen nennen,
weil ich mit den Bewohnern der Seliger-Siedlung, die in unmittelbarer Nähe meines
Wohngebietes ist, wirklich viele, viele Diskussionen gehabt habe und habe. Als
Junger war ich natürlich interessiert, wie damals diese gesamt Entwicklung war.
Ich darf die Grünen
einladen, sich auch gewisse Publikationen anzuschauen, zum Beispiel "Die
Sudetendeutschen und die Tschechen", eine Broschüre, die vom
Zukunftsministerium herausgegeben wurde, aber auch eine Unterlage vom
Dokumentationsarchiv "Sudetenland – die Wiege der österreichischen
Sozialdemokratie". Ich empfehle Ihnen wirklich, diese Broschüre, diese
Unterlage zu lesen, und vielleicht wird der eine oder andere die Geschichte
dann etwas anders sehen, als sie jetzt manchmal hier dargestellt wird.
Der
Beschluss der Landeshauptleutekonferenz vom 6. März – ich habe ihn schon
erwähnt – hat das Land Wien – und daher natürlich unsere volle Unterstützung
dieses Antrages – verpflichtet, sich hier zu beteiligen. Die Summe ist ja schon
genannt worden, und man soll daher nicht so tun, als wenn wir nicht als Stadt
und Land Wien selbstverständlich dieser Verpflichtungen nachkommen müssten. Wir
können nicht als Wiener sagen, nein, wir machen da nicht mit, und die anderen
acht Bundesländer sollen sozusagen auch noch für den Beitrag Wiens aufkommen.
Faktum ist
also, dass, wenn man sich die Position der Sudetendeutschen anschaut, leider
nach 1945 aus unserer heutigen Sicht große Fehler gemacht worden sind. Etwa die
Sache mit dem Vermögen der Sudetendeutschen. Die Sudetendeutschen haben ja,
bevor sie flüchten mussten, ihr Vermögen noch teilweise hier auf Wiener
Bankkonten bei verschiedenen Instituten überwiesen, aber im Zuge der Flucht
haben sie dann einen Teil dieser Sparbücher, aber auch Wertanlagen verloren.
Offensichtlich hat sie aber damals niemand beraten, dass man eben nach den
gesetzlichen Bestimmungen ja durchaus eine Verlautbarung über Verluste machen
kann, über den Verlust der Sparbücher zum Beispiel.
Tatsache
ist, dass jahrzehntelang auf diesem Gebiet nichts gemacht wurde, dass aber
jetzt seit vielen Jahren immer wieder über die Forderungen der Sudetendeutschen
nach ihrem Vermögen diskutiert wurde, das, wie gesagt, letzten Endes in
Sparkassen der Republik Österreich gelegen ist, es wurde darüber diskutiert,
dass man diese Summen, diese Beträge wieder den unmittelbar Betroffenen
zurückgibt. Natürlich ist es schwer, heute Nachweise zu erbringen über die
einzelnen Summen. Man wird also, so ähnlich wie bei anderen Fonds, versuchen
müssen, bestimmte Beträge vorzusehen, um eine gewisse Gerechtigkeit
herbeizuführen. Aber selbst wenn das geschieht, würden sich alle jene
Sudetendeutschen, die schon in einem höheren Alter sind, beziehungsweise deren
Erben sicherlich auch über gewisse Beträge freuen, die sie letzten Endes von
der Republik Österreich und von den Bundesländern bekommen würden.
Zur Kollegein Ringler doch auch einige Punkte. Sie
haben – ich habe es schon erwähnt – immer wieder nur vom "Haus der
Heimat" gesprochen. Kollege Prochaska hat schon darauf hingewiesen, davon
steht im Akt kein Wort drinnen. Es geht jetzt ausschließlich um eine Subvention
für die Sudetendeutsche Landsmannschaft und ihre Mitgliederorganisationen und
nicht um das "Haus der Heimat".
Bezüglich der von Ihnen angesprochenen Neonazis, die
Sie uns da heute genannt haben, werden wir uns das selbstverständlich ansehen.
Sollte inhaltlich hier was drin sein, dann werden wir sicherlich – Kollege
Prochaska und ich werden das gerne übernehmen (ironische Heiterkeit bei den
GRÜNEN) – mit den verantwortlichen Sudetendeutschen darüber reden und es
uns selbstverständlich nicht nehmen lassen, wenn das so war, auch Aufklärung
drüber zu verlangen. (GR Günter Kenesei: Was heißt, wenn es so war? Es ist
so!)
Einem Antrag auf Absetzung des Geschäftsstückes
werden wir nicht folgen. (GR David
Ellensohn: Na geh!) Wir haben das Geschäftsstück schon einmal von der
Tagesordnung genommen, um einige Sachen zu klären, aber auch einige Änderungen
vorzunehmen. Die sind in den Akt eingeflossen, und so soll der Akt auch
beschlossen werden.
Im Übrigen ist ja auch schon darauf hingewiesen
worden, dass in dem Akt so genannte Klauseln enthalten sind, Auflagen, die uns
als Stadt Wien sehr wohl die Möglichkeit geben, wenn unsere Auflagen nicht
eingehalten werden, dementsprechende Schritte zu setzen.
Liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Wichtig ist es
mir, zum Schluss zu sagen, dass wir – und ich bin da mit meinem Kollegen
Prochaska bemüht – auch in diesem Punkt versuchen sollten, die Geschichte
aufzuarbeiten, Signale der Versöhnung zu setzen, mit der Deutschen
Landsmannschaft ins Gespräch zu kommen. Dort, wo wir der Ansicht sind, das
politische Aktionen mit Neonazis getätigt werden, werden wir gerne eingreifen
und darauf hinweisen, dass wir als Stadt das nicht wollen und natürlich auch
nicht seitens unserer Fraktionen.
Aber wichtig ist uns das Wort der Versöhnung und dass
wir versuchen, mit den Sudetendeutschen, also einer großen Volksgruppe, die
flüchten musste, weiterhin im Gespräch zu bleiben. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Gemeinderäten
der ÖVP und des GR Dr Herbert Madejski.)
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner:
Als nächster Redner hat sich Herr GR Kenesei gemeldet. Ich erteile ihm das
Wort.
GR Günter Kenesei (Grüner Klub im
Rathaus): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Herr Berichterstatter! Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Man kann einfach einiges nicht unwidersprochen
lassen, vor allem nicht diese mehr als merkwürdig einzustufende Wortmeldung des
Kollegen Prochaska.
Sie stellen sich da heraußen hin und erzählen irgendeinen
Sermon von irgendwelchen Dingen, die irgendwo passieren, die absolut nichts mit
der Realität zu tun haben, lieber Herr Prochaska. Sie verharmlosen hier
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