Gemeinderat,
30. Sitzung vom 25.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 63 von 76
Bundeskanzler eingebracht. In beiden Fällen sind Sie
abgeblitzt.
Nunmehr, je schwächer die Argumente werden - und
außer zwei Namen und einem besonders inkriminierten - haben Sie ja heute der
alten Liste nichts hinzugefügt – je schwächer die Argumente und je hinfälliger
die Bedenken werden, greifen Sie tiefer in die Schublade der Semantik. Sauerei,
schlichter Wahnsinn und Schande, lautet die Steigerungsstufe. Ein Stil Frau
Kollegin Ringler, der nicht zu Ihnen passt und den Sie auch gar nicht nötig
haben.
Auch nicht die durchsichtige Vorgangsweise, sich im
Vorfeld medial zu inszenieren und dann durch Zitieren der eigenen Polemik ein
scheinbares Medienecho hier aufzubereiten und einen objektiven Eindruck
vorzutäuschen. Erwischt, liebe Frau Kollegin Ringler (Ironische Heiterkeit bei den GRÜNEN.), daher nehmen wir Ihnen auch ihre treuherzige Versicherung vom
letzten Mal, Sie hätten ja gar nichts gegen die Vertriebenen, ja Sie stellten
deren Leid ja gar nicht in Frage, keineswegs ab. Abgesehen dass Sie die einzige
in Ihrer Fraktion waren, die sich jemals zu so einer Äußerung hat hinreißen
lassen. Vielmehr versuchen Sie, die durchaus berechtigte Kritik am neuen Klub –
und um den geht es – beziehungsweise dessen Vorliebe für einschlägig bekannte
Referenten auf Grund der Zufälligkeit des Domizils oder der Lokation "Haus
der Heimat" auf die gesamten Sudetendeutschen Landsmannschaften zu
überwälzen. Das ist unseriös und das ist unredlich, meine Damen und Herren. (Beifall
bei der ÖVP.)
Auch umso mehr, als sich Ihre Sensibilität als höchst
einäugige Betroffenheit herausstellt, wenn man Ihre gnadenüberströmende
Toleranz gegenüber Extremerscheinungen auf der anderen Seite des politischen
Spektrums, auf der Linken, sich ansieht. Ist jemals ein linksalternatives
Begegnungszentrum bei Ihnen in Ungnade gefallen, nur weil man dort Aufrufe zu
latent gewaltbereiten Demos aufgelegt hatte? (GR David Ellensohn: Latent gewaltbereit?) Wenn Vorträge zum
Kennenlernen von RAF Aktionen zur Destabilisierung der staatlichen Ordnung
angeboten wurden, wenn Anleitungen zum fachgerechten Herstellen von
Molotowcocktails vorgelegt wurden. Oder hat Ihr Bannstrahl je Ihr eigenes
Parteilokal in der Favoritner Pernerstorfergasse getroffen, das im engen Konnex
zum Umkreis der Ebergassing Attentäter gestanden ist? (GR Günter Kenesei: Wo leben Sie eigentlich?) Mitnichten, meine
Damen und Herren! Sollten Sie jemals Ihr Sichtpotential ausweiten können, dann
würden wir Sie und Ihresgleichen ernster nehmen, als das, was Sie heute bieten
können. (Beifall bei der ÖVP.)
Aber ganz abgesehen davon scheinen Sie die
Problematik der Vertreibung, des Verlustes von Hab und Gut, von vielen
Lebenswerken, vor allem aber der Heimat, überhaupt nicht zu begreifen. Von den
Langzeitfolgen schwerster Menschenrechtsverstöße will ich hier gar nicht hier
reden.
Sie sind laut Ihren Debattenbeiträgen vom 12.12. im
Vorjahr komplett ahnungslos, dass die Sudetendeutschen – ich nenne sie
persönlich lieber Altösterreicher, dazu stehe ich auch – lang vor der
Tschechischen Republik die Versöhnung angestrebt haben und schon in den
fünfziger Jahren, als die Wunden der ihnen angetanen Gewalt kaum noch vernarbt
waren, in einer sehr feierlichen und verbindlichen Erklärung festgehalten
haben, dass Hass, Rache und Vergeltung eine Absage zu erteilen ist.
Sie wissen auch gar nichts über die vielen, vielen
Kontakte auf der Ebene lokaler Gemeinschaften, wo die ehemaligen Bewohner so
viel für ihre früheren Dörfer und Städte tun, wertvolle Baudenkmäler dem
Verfall entreißen, Kirchen und Bildstöcke renovieren, ja auch verwüstete und
geschändete Grabstätten und Friedhöfe ihrer Vorfahren gemeinsam mit der
heutigen tschechischen Bevölkerung wieder herstellen und mit zweisprachigen
Tafeln versehen. Aber bezüglich Friedhöfen und Totenruhe haben Sie ja Ihre
spezielle Sicht der Dinge, meine Damen und Herren. (Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)
Dies alles wird auf tschechischer Seite nur von den
Republikanern und Kommunisten angefeindet. Frau Kollegin Ringler, Sie sollten
sich überlegen, in welcher Gesellschaft Sie sich hier befinden. Bei den
eventuellen Nachrednern möchte ich meine Phantasie weniger strapazieren.
Zu all diesen Aufeinanderzugehen leistet auch die
Begegnungsstätte "Haus der Heimat" eine ansehnlichen Beitrag. Sie
eifert dazu an, sie stellt Kontakte her. Es wurden, man höre und staune, auch
schon ehemalige deutschsprachige Bewohner heute tschechischer Ortschaften und
Städte, dort zu Ehrenbürgern ernannt. Wieder gegen die Republikaner und gegen
die Kommunisten.
Es wird ein also ansehnlicher Beitrag geleistet, ohne
auf die Mahnung zu vergessen, dass mehr als ein "Schwamm drüber" von
tschechischer Seite erwartet werden darf.
Ebenso gab es dort die ersten Treffen von
Donauschwaben mit Serben, meine Damen und Herren, wer dieses Schicksal kennt,
muss wirklich hoch erfreut sein, - von Donauschwaben mit Serben! Wurde
organisiert zum Abbau der gegenseitigen Kollektivschuldvorwürfe. Ebenso
Schülereinladungen und Sprachkurse der Ungarn-Deutschen nach Wien.
Auf all das verstellt Ihnen Ihr hartnäckig tradiertes
Vorurteil gegen die Sudetendeutschen den Blick. Mit Hilfe eines zu Recht von
Ihnen als fragwürdig bezeichneten Mieters, des "Neuen Klubs", von dem
man an die Landsmannschaften nur mit aller Heftigkeit appellieren muss, keine
weiteren, nicht einmal geschäftliche Verbindungen mit denen einzugehen -
versteigen Sie sich zu der eklatanten Fehlhaltung, meine Damen und Herren, dass
Leistungen an Verfolgte, selbst wenn sie einen historisch moralischen Anspruch
darauf haben – aber das wird einer meiner Nachredner dann noch sagen –, selbst
wenn sie einen historisch moralischen Anspruch darauf haben, dass Leistungen an
Verfolgte von deren beziehungsweise Ihrer politischen Einstellung abhängig
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