Gemeinderat,
30. Sitzung vom 25.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 62 von 76
es schlicht für den politischen Bankrott der
Sozialdemokratie, diesen Akt heute zu beschließen.
Bürgermeister Häupl sagte in der letzten Debatte, er
werde sicherstellen, dass es keine rechtsextremen Untriebe im "Haus der
Heimat" mehr geben werde. Ich glaube, dass der Auftritt des Herrn Reisegger
vor drei Wochen deutlich genug zeigt, dass sich seit unserer letzten Diskussion
nichts, aber auch gar nichts im "Haus der Heimat" geändert hat.
Nichts hat sich im "Haus der Heimat" geändert. 650 000 EUR
werden bezahlt. Ein Gummiparagraph steht im Akt, der eine
Selbstverständlichkeit sein sollte, nämlich dass kein Geld ausgezahlt wird oder
das Geld zurückgezahlt werden muss, wenn sich das "Haus der Heimat"
beziehungsweise die Vereinigung, die das Geld bekommt, nicht an die
österreichische Rechtsordnung hält.
Sehr geehrte Damen und Herren! Das ist eine
Selbstverständlichkeit! Oder nicht? Ist das die Art und Weise, wie die
Sozialdemokratie mit Steuergeldern umgeht? Ich halte diese Vorgangsweise für
unwürdig, und ich halte sie wirklich und wahrhaftig für eine Aufgabe aller
politischen Ideale und Ziele, die die Sozialdemokratie irgendwann einmal für
sich selbst gesetzt haben mag.
Ich darf Sie daran erinnern: In den neunziger Jahren
haben Leute wie ich, die wir mit fortschrittlichen politischen Ansichten in der
Welt herumgegangen sind, gesagt: Die SPÖ, die wähle ich nicht wegen Karl
Schlögl und Franz Löschnak. Ich würde mal sagen, die Wiener SPÖ hat diesen
jungen Leuten ein neues Feindsbild gegeben und einen neuen Grund, die SPÖ nicht
mehr zu wählen, und dieser heißt "Haus der Heimat". (Beifall bei
den GRÜNEN.)
Aber Sie haben noch eine Chance. Sie haben noch eine
Chance, diesen Akt jetzt nicht mitzubeschließen. Sie haben noch eine Chance,
die Subvention für das "Haus der Heimat" heute nicht zu vergeben. Und
um es Ihnen leichter zu machen, beantrage ich hiermit die Absetzung dieses
Geschäftsstückes gemäß § 17 Abs. 6 der Geschäftsordnung des
Gemeinderates und hoffe auf Ihre Zustimmung zur Absetzung und damit hoffentlich
zu einem Ende dieses wirklich grauslichen Kapitels in der Geschichte der
Sozialdemokratie dieser Stadt. – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächster Redner ist Herr GR Prochaska zu
Wort gemeldet. Ich erteil es ihm.
GR Johannes Prochaska
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrter Frau Vorsitzende! Herr Berichterstatter! Meine sehr geehrten
Damen und Herren!
Diese heutige Debatte ist die Reprise zu einer
Dringlichen Anfrage vom 12.12., die ich selbst hier im Saal nicht miterlebt habe,
weil ich damals in Spitalspflege war. Umso genauer habe ich mir die Protokolle
angesehen, habe sie studiert, den zwar leicht durchschaubaren, aber schwer
tendenziellen Text der Anfrage, die bemerkenswert kluge und ausgewogene
Beantwortung von Seiten des Bürgermeisters und eine – und da unterscheiden wir
uns auch gleich wieder – über weite Teile für mich sehr unerfreulich
unsachliche Debatte dazu.
Im Übrigen empfehle ich diese Vorgangsweise, sich
über hitzige Debatten, sine ira et studio – Übersetz es für die Lateingegner
nicht, – also ungetrübt vom jeweilig aufgeheizten Klima im Saal, frei von Stil
und Tonfall diverser Wortmeldungen sowie persönlichen Animositäten, aus der
Mitschrift über das Gesagte zu informieren. Das hilft enorm, die Hohlheit so mancher
Phrase, die Scheinheiligkeit so manchen Arguments und die fundamentalistisch
fundierte Ereiferung klar und transparent zu erkennen.
Worum ging es damals, und worum geht es auch heute
wieder? Um einen Beitrag des Landes Wien, genauso wie der Republik und jedes
anderen Bundeslandes zu einem Fonds zugunsten des "Verbandes der
Volksdeutschen Landsmannschaften". Die Höhe des Beitrages ist nicht
willkürlich festgesetzt, sondern auf Grund einer Übereinkunft in der
Landeshauptleutekonferenz nach einem bestimmten Schlüssel aufgeteilt.
Wenn Sie so wollen, wurde im neuen, heute
vorliegenden Antrag eine Sicherungsklausel insofern eingebaut, als der Wiener
Beitrag nicht einer Lokalität zukommt, sondern einer Vereinigung, deren
demokratischer Charakter auch dadurch, dass ihr Vertreter aller drei
bedeutenden hier vertretenen politischen Partein angehören, damit ausreichend
dokumentiert ist.
Dessen hätte es aber gar nicht extra bedurft, meine
Damen und Herren, steht doch in dem dem heutigen Beschluss zugrunde liegenden
entsprechenden Bundesgesetz unter § 4 eindeutig, dass ein Zuwiderhandeln
gegen gesetzliche Vorschriften die Zurückerstattung zwingend bewirkt. Die
Verletzung gesetzlicher Vorschriften, die Einhaltung der Rechtsordnung ist das
einzige für uns Akzeptable und Respektierungswürdige in diesem Zusammenhang (Beifall
bei der ÖVP), nie Ihre
höchstpersönliche Befindlichkeit, meine Damen und Herren von den
Grünalternativen, nie die Formen ihrer Sondergerichtsbarkeit, die sich auf ein
scheinbar unfehlbares Werk stützen, dass Sie sich genauer anschauen sollten.
Denn in diesem Handbuch finden sich auch die Namen sozialistischer
Innenminister, von Helmer begonnen, über österreichische Bundeskanzler bis zu
international anerkannten Autoritäten wie Felix Ermacora, der auch für die UNO
gearbeitet hat. Die finden sich alle da drinnen, also lesen Sie’s auch mit der
gehörigen Distanz und Abstand. (GR Günter
Kenesei: Aber die, die dort aufgetreten sind, sind schon eindeutig!) Und
dann - langsam, langsam - und dann lohnt es sich schon, auch einen kritischen
Blick auf ihr Argumentarium zu werfen, dem man jedenfalls den Vorwurf der
Zimperlichkeit nicht machen kann. In der Erstattacke, meine Damen und Herren,
vom 12.12., mit inszenierter medialer Begleitmusik in ganz bestimmten Organen,
war noch von Peinlichkeit die Rede, von Bankrotterklärung, das Ganze steigerte
sich in der Folge zur Unterstellung, der Bürgermeister würde rechtsextreme
Aktionen unterstützen und wüsste nicht, was er täte.
Übrigens eine wortgleiche Anfrage, nahezu wortgleiche
Anfrage, hat auch der Herr Konečny in dem Fall aber nicht gegen den
Bürgermeister, sondern gegen den
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