Gemeinderat,
30. Sitzung vom 25.06.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 49 von 76
kommt man in dieser Evaluierung zu dem Ergebnis, dass
19 Prozent der Leute schummeln, was die Dauer betrifft, wenn sie einen
Parkschein benützen, und nur 15 Prozent, wenn sie das Handy benützen. Nun
ja: Wenn es gratis ist, dann schummeln klarerweise weniger Leute! Ich meine
daher, diese Evaluierung ist leider wirklich danebengegangen. Es ist schade.
Ich finde es auch schade, dass wir dieses enorm
wichtige Thema der Parkraumbewirtschaftung hier nur unter dem finanzrechtlichen
Gesichtspunkt diskutieren und nicht im eigentlich dazugehörigen Ausschuss, wo
wir darüber auch längst hätten reden müssen, denn so ohne ist das ja nicht. Es
geht hier nicht nur ums Geld, sondern es geht hier auch um eine möglicherweise
damit einhergehende Neuorientierung in der Wiener Parkraumbewirtschaftung.
Wenn wir uns das nämlich logistisch anschauen, dann
stellen wir fest, dass der Text in der jetzigen Verordnung schon ganz anders
ist, als er vorher war. Jetzt steht im § 4 einfach "180 Minuten"
drinnen: "Das bei Erwerb von elektronischen Parkscheinen zu zahlende Entgelt
beträgt pro elektronischem Parkschein" - unter "f)" - "für
eine Abstellzeit von 3 Stunden 2,40 EUR." - Diese
3 Stunden, beziehungsweise natürlich auch die 2 Stunden, waren vorher
nicht drinnen. Ich habe die Verordnung heute noch einmal ausgedruckt: Es war
bisher schlicht und einfach nicht drinnen.
Jetzt kam, als ich mir im Ausschuss darüber berichten
ließ, das Gegenargument, es gebe zwei Zonen, wo dies gelten soll, nämlich
Rustenschacherallee – ich verstehe zwar nicht ganz beziehungsweise will auch gar
nicht mutmaßen, wieso es gerade dort drei Stunden sein müssen - und noch
woanders, glaube ich. Aber bisher ist man doch auch damit durchgekommen!
Was wir also fürchten, ist, dass mit diesen
3 Stunden Schleusen geöffnet werden. Ich bin auch davon überzeugt, dass
das für findige Rechtsanwälte ein gefundenes Fressen werden wird, weil nämlich
– ich bin kein Jurist, aber ich stelle es mir einmal so vor – auch in den
Erläuterungen nichts davon drinnen steht, dass es sich bei den 3 Stunden
nur um eine Regelung für wenige Zonen handelt, meine Damen und Herren. In den
Erläuterungen steht: "Elektronische Parkscheine können für 30, 60, 90,
120, 150 und 180 Minuten aktiviert werden."
Meine Damen und Herren! Wie soll man denn das
verstehen, wenn drinnen steht, man kann es für 180 Minuten aktivieren? -
Das wird sicher noch eine spannende Angelegenheit für verschiedene juristische
Entscheidungen werden.
Wir haben also wirklich Sorge, dass hier eine
schleichende Neuorientierung kommt, die wir auf keinen Fall wollen, die für
ganz Wien und für einzelne Bezirke im Besonderen durchaus negative, um nicht zu
sagen katastrophale Auswirkungen hätte. Wenn ich mir etwa vorstelle, dass man
per Handy in Zukunft eben eine quasi Teuerparkgebühr – Entschuldigung:
Dauerparkgebühr abführen kann - teuer ist sie auch! -, dann wäre das etwa für
den 1. Bezirk mit seinen 100 000 Einpendlern, sehr vielen
Berufstätigen, die aus anderen Bezirken und dem Umland hineinkommen, eine wahre
Katastrophe.
Das große Problem in den Innenstadtbezirken sind ja
vor allem die Arbeitnehmer, die mit dem PKW kommen. Ich kenne das selbst aus
vielen Betrieben im 1. Bezirk, dass dann alle eineinhalb Stunden der
Wecker läutet und die Mitarbeiter aus dem Büro stürmen, um den Parkschein
wieder umzuschreiben. Bisher müssen sie wenigstens die Mühe auf sich nehmen,
einen Wecker zu stellen und dann hinunter zu laufen, aber mit dem Handy geht
das jetzt wesentlich leichter. Und sehr schnell werden findige Programmierer
dann wahrscheinlich auch noch ein Computerprogramm erfinden, damit man das
nicht einmal mehr am Handy eintippen muss, sondern in der Früh bereits für den
ganzen Tag einstellt - oder für die ganze Woche oder für den ganzen Monat -,
und das wird alles automatisch abgebucht.
Das wäre also eine völlige Unterminierung und
Unterlaufung der Parkraumbewirtschaftung, meine Damen und Herren, und dazu kann
man nur sagen: Wehret den Anfängen!
An sich ist die Idee mit dem Parkschein per Handy
zweifellos gut. Das Handy ist heute schick und modern, es ist Bestandteil des
Lebens, es vereinfacht das Leben und die Arbeitswelt - wie wir eben gerade
gemutmaßt haben -, ist also etwas durchaus Positives - wiewohl man aber sagen
muss, dass verschiedene Bevölkerungsgruppen natürlich wiederum von diesem
Benefit ausgeschlossen sind, etwa ältere Menschen, bedürftigere, die kein Handy
haben, und insbesondere auch Ausländer und Touristen.
Ich kenne das ja aus Eigenwahrnehmung und gestehe,
dass ich mitunter in anderen Ländern oder anderen Städten schon einmal
geflissentlich das Ausfüllen oder das Bezahlen von Parkgebühren
"vergessen" habe, aber nicht aus bösem Willen, nur um zu sparen,
sondern weil es mir einfach zu kompliziert war: weil ich nicht gewusst habe, wo
ich jetzt einen Parkschein herbekomme oder wie die entsprechende Regelung genau
aussieht. Das Einzige, was man immer kapiert - und dann tut man es auch in den
meisten Fällen -, ist, wenn dort in der näheren Umgebung ein Automat steht. Das
kapiert man als durchschnittlicher Autofahrer: Da geht man hin und kann am
Automaten bezahlen.
Ich denke also, wir sollten auch noch einmal darüber
nachdenken, ob es nicht sinnvoll wäre, gerade in Touristenzonen doch mit
Parkscheinautomaten und nicht nur mit elektronischen und manuellen Parkscheinen
zu arbeiten.
Ich glaube aber, dass das noch immer zu wenig ist. Wir
sollten sehr ernsthaft - und deshalb begrüße ich auch den Antrag von Chorherr,
und wir werden ihn unterstützen - über die Historie, die kürzere Historie der
Parkraumbewirtschaftung und ihre Auswirkungen nachdenken und vor allem auch
darüber, was wir verbessern können - und jetzt sage ich nur mehr Stichworte, um
es nicht in die Länge zu ziehen -: etwa in Bezug auf die Verwirrung um die
verschiedenen Überwachungsorgane - das ist ja immer noch eine durchaus nicht
gelöste Problematik - und vor allem im Hinblick auf eine
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